Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_007.001 p3b_007.004 Wo sind sie? Blieb von ihnen ich allein p3b_007.011 p3b_007.013Nicht übrig? ich der menschlichste, den Vor | sicht p3b_007.012 Allein nur rettete? (Herder, Der entfesselte Prometheus.) p3b_007.014 Vorrat zu haben, der Vulkan ist furchtbar. p3b_007.019(Oehlenschlägers Correggio.) p3b_007.020Mänchtig | genug, der Menschheit Reich zu trennen, p3b_007.021 p3b_007.022Ohne | Gefünhl, Verstand und Gliedermaß. (Herder, Der entfesselte Prometheus.) p3b_007.023 p3b_007.025 p3b_007.027 Des schönsten Boten Unglüncksbotschaft. (Goethes Faust.) p3b_007.029 Verzeih uns edle Base - Himmel und Erde! (Lindners Brutus u. C.) p3b_007.031 p3b_007.037 p3b_007.001 p3b_007.004 Wo sind sie? Blieb von ihnen ich allein p3b_007.011 p3b_007.013Nicht übrig? ich der menschlichste, den Vōr │ sīcht p3b_007.012 Allein nur rettete? (Herder, Der entfesselte Prometheus.) p3b_007.014 Vṓrrāt zu haben, der Vulkan ist furchtbar. p3b_007.019(Oehlenschlägers Correggio.) p3b_007.020Mǟchtĭg │ gĕnūg, der Menschheit Reich zu trennen, p3b_007.021 p3b_007.022Ōhnĕ │ Gĕfǖhl, Verstand und Gliedermaß. (Herder, Der entfesselte Prometheus.) p3b_007.023 p3b_007.025 p3b_007.027 Des schönsten Boten Ū́nglǖcksbṓtschāft. (Goethes Faust.) p3b_007.029 Verzeih uns edle Base ─ Himmĕl ŭnd Ērde! (Lindners Brutus u. C.) p3b_007.031 p3b_007.037 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0033" n="7"/> <p><lb n="p3b_007.001"/> 3. Es dient zur Wahrung des Verscharakters, die syntaktischen <lb n="p3b_007.002"/> Pausen und Ruhepunkte (Satzende, Satzeinschnitt, Vordersatzschluß, <lb n="p3b_007.003"/> Nachsatzende) häufig ans Ende der Quinare zu verlegen.</p> <p><lb n="p3b_007.004"/> 4. Hohe markierende Bedeutung hat der Einschnitt, wenn die <lb n="p3b_007.005"/> überzählige Silbe den Charakter einer schweren Silbe erhält. Doch <lb n="p3b_007.006"/> muß diese hemmende Wirkung mit dem Satzende zusammenfallen. Wo <lb n="p3b_007.007"/> dies nicht der Fall ist, wie in folgendem Beispiel, ist sie wegen ihrer <lb n="p3b_007.008"/> hemmenden Gewalt störend und fehlerhaft, selbst da wo das Fehlerhafte <lb n="p3b_007.009"/> durch Recitation gemildert werden kann:</p> <lb n="p3b_007.010"/> <lg> <l>Wo sind sie? Blieb von ihnen ich allein</l> <lb n="p3b_007.011"/> <l>Nicht übrig? ich der menschlichste, den Vōr │ sīcht</l> <lb n="p3b_007.012"/> <l>Allein nur rettete?</l> </lg> <lb n="p3b_007.013"/> <p> <hi rendition="#right">(Herder, Der entfesselte Prometheus.)</hi> </p> <p><lb n="p3b_007.014"/> 5. Zur Unterbrechung der Monotonie, wie zur Markierung der <lb n="p3b_007.015"/> Jncision und zur Steigerung der malerischen Kraft beginnt man zuweilen <lb n="p3b_007.016"/> die frische Verszeile mit einem Spondeus (– –) oder einem <lb n="p3b_007.017"/> Trochäus (– ⏑), z. B.:</p> <lb n="p3b_007.018"/> <lg> <l>Vṓrrāt zu haben, der Vulkan ist furchtbar.</l> </lg> <lb n="p3b_007.019"/> <p> <hi rendition="#right">(Oehlenschlägers Correggio.)</hi> </p> <lb n="p3b_007.020"/> <lg> <l>Mǟchtĭg │ gĕnūg, der Menschheit Reich zu trennen,</l> <lb n="p3b_007.021"/> <l>Ōhnĕ │ Gĕfǖhl, Verstand und Gliedermaß.</l> </lg> <lb n="p3b_007.022"/> <p> <hi rendition="#right">(Herder, Der entfesselte Prometheus.)</hi> </p> <p><lb n="p3b_007.023"/> Diese Versanfänge verlangen Berechnung, wenn sie den Rhythmus <lb n="p3b_007.024"/> nicht stören sollen.</p> <p><lb n="p3b_007.025"/> 6. Zur Vermeidung der Eintönigkeit darf auch innerhalb der <lb n="p3b_007.026"/> Zeile zuweilen ein Spondeus oder ein Anapäst stehen.</p> <p><lb n="p3b_007.027"/> Z. B. ein Spondeus:</p> <lb n="p3b_007.028"/> <lg> <l>Des schönsten Boten Ū́nglǖcksbṓtschāft.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Goethes Faust.)</hi> </p> <p><lb n="p3b_007.029"/> oder ein Anapäst:</p> <lb n="p3b_007.030"/> <lg> <l>Verzeih uns edle Base ─ Himmĕl ŭnd Ērde!</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Lindners Brutus u. C.)</hi> </p> <p><lb n="p3b_007.031"/> 7. Eine Feinheit ist es, den Spondeus (– –) nur hie und da an <lb n="p3b_007.032"/> ungeraden Stellen (also im 1., 3., weniger im 5. Takt) eintreten zu <lb n="p3b_007.033"/> lassen, um nicht den Verscharakter zu schädigen. Bei den, nach Dipodien <lb n="p3b_007.034"/> (zwei Takten) gemessenen Versen der Alten mußte die Dipodie <lb n="p3b_007.035"/> mit einem Jambus schließen, weshalb eben nur in ungeraden Takten <lb n="p3b_007.036"/> Spondeen sein konnten.</p> <p><lb n="p3b_007.037"/> 8. Empfehlenswert ist es, Cäsuren mit Diäresen abwechseln zu <lb n="p3b_007.038"/> lassen. Bei weiblichem Versschluß wirken die Diäresen freundlicher, <lb n="p3b_007.039"/> bei männlichem die Cäsuren. Man sollte die Cäsur im 5. Takt des </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0033]
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3. Es dient zur Wahrung des Verscharakters, die syntaktischen p3b_007.002
Pausen und Ruhepunkte (Satzende, Satzeinschnitt, Vordersatzschluß, p3b_007.003
Nachsatzende) häufig ans Ende der Quinare zu verlegen.
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4. Hohe markierende Bedeutung hat der Einschnitt, wenn die p3b_007.005
überzählige Silbe den Charakter einer schweren Silbe erhält. Doch p3b_007.006
muß diese hemmende Wirkung mit dem Satzende zusammenfallen. Wo p3b_007.007
dies nicht der Fall ist, wie in folgendem Beispiel, ist sie wegen ihrer p3b_007.008
hemmenden Gewalt störend und fehlerhaft, selbst da wo das Fehlerhafte p3b_007.009
durch Recitation gemildert werden kann:
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Wo sind sie? Blieb von ihnen ich allein p3b_007.011
Nicht übrig? ich der menschlichste, den Vōr │ sīcht p3b_007.012
Allein nur rettete?
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(Herder, Der entfesselte Prometheus.)
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5. Zur Unterbrechung der Monotonie, wie zur Markierung der p3b_007.015
Jncision und zur Steigerung der malerischen Kraft beginnt man zuweilen p3b_007.016
die frische Verszeile mit einem Spondeus (– –) oder einem p3b_007.017
Trochäus (– ⏑), z. B.:
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Vṓrrāt zu haben, der Vulkan ist furchtbar.
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(Oehlenschlägers Correggio.)
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Mǟchtĭg │ gĕnūg, der Menschheit Reich zu trennen, p3b_007.021
Ōhnĕ │ Gĕfǖhl, Verstand und Gliedermaß.
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(Herder, Der entfesselte Prometheus.)
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Diese Versanfänge verlangen Berechnung, wenn sie den Rhythmus p3b_007.024
nicht stören sollen.
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6. Zur Vermeidung der Eintönigkeit darf auch innerhalb der p3b_007.026
Zeile zuweilen ein Spondeus oder ein Anapäst stehen.
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Z. B. ein Spondeus:
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Des schönsten Boten Ū́nglǖcksbṓtschāft.
(Goethes Faust.)
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oder ein Anapäst:
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Verzeih uns edle Base ─ Himmĕl ŭnd Ērde!
(Lindners Brutus u. C.)
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7. Eine Feinheit ist es, den Spondeus (– –) nur hie und da an p3b_007.032
ungeraden Stellen (also im 1., 3., weniger im 5. Takt) eintreten zu p3b_007.033
lassen, um nicht den Verscharakter zu schädigen. Bei den, nach Dipodien p3b_007.034
(zwei Takten) gemessenen Versen der Alten mußte die Dipodie p3b_007.035
mit einem Jambus schließen, weshalb eben nur in ungeraden Takten p3b_007.036
Spondeen sein konnten.
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8. Empfehlenswert ist es, Cäsuren mit Diäresen abwechseln zu p3b_007.038
lassen. Bei weiblichem Versschluß wirken die Diäresen freundlicher, p3b_007.039
bei männlichem die Cäsuren. Man sollte die Cäsur im 5. Takt des
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