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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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Karl!" | rief die Frau laut, | so daß p3b_006.005
die andern Beter alle erschrocken | umschauten p3b_006.006
| und meinten, der Frau | sei p3b_006.007
etwas zugestoßen. | Die Frau aber p3b_006.008
fühlte eine wunderbare | Freude in der p3b_006.009
Brust | und ging himmlischen Trostes p3b_006.010
voll | aus der Kirche. | Da sah sie p3b_006.011
draußen die Jungen | zusammen laufen, p3b_006.012
| schmucke Reiter trabten | unter p3b_006.013
Trompetenblasen daher, | und - bald p3b_006.014
wäre die Frau vor Freuden | gestorben, p3b_006.015
denn all den Reitern | voran stolzierte p3b_006.016
als Oberst | ihr Franz Karl | und suchte p3b_006.017
seiner Mutter Haus auf. |

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Er schmückte mit dem Lorbeerkranz p3b_006.102
Nur einen Krieger, schön und jung. p3b_006.103
"O Gott, das ist ja Franz, mein Sohn!" p3b_006.104
Dies rief entzückt die Frau so laut, p3b_006.105
Daß alle Beter drob erschreckt p3b_006.106
Nach ihr die Blicke wandten. - p3b_006.107
Sie meinten, daß der armen Frau p3b_006.108
Ein Unfall zugestoßen sei. p3b_006.109
Doch diese fühlte - (wunderbar! -) p3b_006.110
Die reinste Freude in der Brust. p3b_006.111
Voll Himmelstrost verließ sie dann p3b_006.112
Die Kirche mit der Beter Schar. p3b_006.113
Und draußen sah viel Kinder sie p3b_006.114
Zusammenlaufen, gaffen, schrei'n. p3b_006.115
Viel schmucke Reiter trabten an, p3b_006.116
Trompeten blasend nahten sie. p3b_006.117
Vor Freude wäre fast die Frau p3b_006.118
Gestorben, denn den Reitern all' p3b_006.119
Ritt stolz voran als Oberst - wer? p3b_006.120
Jhr teurer Sohn, der sehnsuchtsvoll p3b_006.121
Aufsuchte seiner Mutter Haus.
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(NB. Weiteres Material zu Übungen im jambischen Viertakter bieten p3b_006.123
Märchen und kleine, freundliche Erzählungen.)

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§ 3. Bildung jambischer Quinare (Blankverse).

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1. Satzende und Ende des Blankverses (Breve - Breve - Breve - Breve - Breve -) brauchen p3b_006.126
nicht unbedingt zusammen zu fallen, vielmehr darf der Satz zuweilen p3b_006.127
in die neue Verszeile hinüberragen. Zu oft soll dies freilich nicht p3b_006.128
geschehen, weil dies zwar jambischen Rhythmus, nicht aber jambische p3b_006.129
Quinare ergeben würde. Das Enjambement (Überschreiten) sollte in p3b_006.130
der Lyrik nie, im epischen Gedicht nur selten vorkommen.

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2. Der Miltonsche jambische Quinar hat stets männlichen Schluß, p3b_006.132
der Shakespearesche gestattet bald weibliche, bald männliche Endung. p3b_006.133
Um nicht in Zweifel über die Versgliederung zu geraten und das p3b_006.134
Ende der Blankverse zu markieren, haben bessere Dichter (seit Lessing) p3b_006.135
den Shakespeareschen Quinar angewandt, also den letzten Takt zuweilen p3b_006.136
hyperkatalektisch (überzählig) gebildet, z. B. Vers 2 und 3 der folgenden p3b_006.137
Probe:

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Was je | der Blu | me Du | gewänh | rest, gonn' | p3b_006.139
Auch mei | nen Blu | men, mei | nen E | pheme | ren p3b_006.140
Zur Rei | fe Zeit, | in lang' | und kur | zem Da | sein.
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(Herder.)

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[Beginn Spaltensatz] der einem schönen, jungen Soldaten p3b_006.002
einen Kranz │ auf den Kopf setzte. │ p3b_006.003
„O Gott, das ist ja mein Franz p3b_006.004
Karl!“ │ rief die Frau laut, │ so daß p3b_006.005
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als Oberst │ ihr Franz Karl │ und suchte p3b_006.017
seiner Mutter Haus auf. │

[Spaltenumbruch] p3b_006.101
Er schmückte mit dem Lorbeerkranz p3b_006.102
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Jhr teurer Sohn, der sehnsuchtsvoll p3b_006.121
Aufsuchte seiner Mutter Haus.
[Ende Spaltensatz]

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(NB. Weiteres Material zu Übungen im jambischen Viertakter bieten p3b_006.123
Märchen und kleine, freundliche Erzählungen.)

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§ 3. Bildung jambischer Quinare (Blankverse).

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Quinare ergeben würde. Das Enjambement (Überschreiten) sollte in p3b_006.130
der Lyrik nie, im epischen Gedicht nur selten vorkommen.

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2. Der Miltonsche jambische Quinar hat stets männlichen Schluß, p3b_006.132
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Probe:

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Wăs je │ dĕr Blū │ mĕ Dū │ gĕwǟh │ rĕst, gȫnn' │ p3b_006.139
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(Herder.)

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Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/32>, abgerufen am 27.11.2024.