Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_271.001 [Beginn Spaltensatz] 5 Hieß ich das schlanke, p3b_271.002 p3b_271.006Zauberhafte Mädchen p3b_271.003 Ferne gehen von mir. p3b_271.004 Ach, ihre hohe Stirn, p3b_271.005 Drin ein schöner, sündhafter Wahnsinn 10 Aus dem dunkelen Auge blickte, p3b_271.007 p3b_271.011War gesenkt, denn sie liebte mich. p3b_271.008 Aber sie zog mit Schweigen p3b_271.009 Fort in die graue p3b_271.010 Stille Welt hinaus. 15 Von der Zeit an p3b_271.012 p3b_271.017Kamen mir Träume voll schöner Trübe. p3b_271.013 Wie gesponnen auf Nebelgrund, p3b_271.014 Wußte nimmer, wie mir geschah; p3b_271.015 War nur schmachtend, seliger Krankheit p3b_271.016 voll. 20 Oft in den Träumen zog sich ein p3b_271.018 p3b_271.024Vorhang p3b_271.019 Finster und groß ins Unendliche, p3b_271.020 Zwischen mich und die dunkle Welt. p3b_271.021 Hinter ihm ahnt' ich ein Heideland, p3b_271.022 Hinter ihm hört' ich's wie Nachtwind p3b_271.023 sausen; 25 Auch die Falten des Vorhangs p3b_271.025 p3b_271.032Fingen bald an, sich im Sturm zu p3b_271.026 regen, p3b_271.027 Gleich einer Ahnung strich er dahinten, p3b_271.028 p3b_271.029 Ruhig blieb ich und bange doch, p3b_271.030 Jmmer leiser wurde der Heidesturm p3b_271.031 - 30 Siehe, da kam's! p3b_271.033 p3b_271.040Aus einer Spalte des Vorhangs p3b_271.034 guckte p3b_271.035 Plötzlich der Kopf des Zaubermädchens, p3b_271.036 p3b_271.037 Lieblich war er und doch so beängstend. p3b_271.038 p3b_271.039 Sollt' ich die Hand ihr nicht geben 35 Jn ihre liebe Hand? p3b_271.041 [Spaltenumbruch]
p3b_271.101Bat denn ihr Auge nicht, p3b_271.042 Sagend: da bin ich wieder p3b_271.043 Hergekommen aus weiter Welt! Zauberhafte Mädchen p3b_271.102 [Ende Spaltensatz]
Ferne gehen von mir. p3b_271.103 Ach, ihre hohe Stirn, p3b_271.104 War gesenkt, denn sie liebte mich; p3b_271.105 Aber sie zog mit Schweigen p3b_271.106 Fort in die graue p3b_271.107 Welt hinaus. p3b_271.108 Krank seitdem, p3b_271.109 Wund ist und wehe mein Herz. p3b_271.110 Nimmer wird es genesen! p3b_271.111 Als ginge, luftgesponnen, ein Zauberfaden p3b_271.112 p3b_271.113 Von ihr zu mir, ein ängstig Band, p3b_271.114 So zieht es, zieht mich schmachtend ihr p3b_271.115 nach! p3b_271.116 - Wie? wenn ich eines Tags auf p3b_271.117 meiner Schwelle p3b_271.118 Sie sitzen fände, wie einst, im Morgen= p3b_271.119 Zwielicht, p3b_271.120 Das Wanderbündel neben ihr, p3b_271.121 Und ihr Auge, treuherzig zu mir aufschauend, p3b_271.122 p3b_271.123 Sagte, da bin ich wieder p3b_271.124 Hergekommen aus weiter Welt! p3b_271.001 [Beginn Spaltensatz] 5 Hieß ich das schlanke, p3b_271.002 p3b_271.006Zauberhafte Mädchen p3b_271.003 Ferne gehen von mir. p3b_271.004 Ach, ihre hohe Stirn, p3b_271.005 Drin ein schöner, sündhafter Wahnsinn 10 Aus dem dunkelen Auge blickte, p3b_271.007 p3b_271.011War gesenkt, denn sie liebte mich. p3b_271.008 Aber sie zog mit Schweigen p3b_271.009 Fort in die graue p3b_271.010 Stille Welt hinaus. 15 Von der Zeit an p3b_271.012 p3b_271.017Kamen mir Träume voll schöner Trübe. p3b_271.013 Wie gesponnen auf Nebelgrund, p3b_271.014 Wußte nimmer, wie mir geschah; p3b_271.015 War nur schmachtend, seliger Krankheit p3b_271.016 voll. 20 Oft in den Träumen zog sich ein p3b_271.018 p3b_271.024Vorhang p3b_271.019 Finster und groß ins Unendliche, p3b_271.020 Zwischen mich und die dunkle Welt. p3b_271.021 Hinter ihm ahnt' ich ein Heideland, p3b_271.022 Hinter ihm hört' ich's wie Nachtwind p3b_271.023 sausen; 25 Auch die Falten des Vorhangs p3b_271.025 p3b_271.032Fingen bald an, sich im Sturm zu p3b_271.026 regen, p3b_271.027 Gleich einer Ahnung strich er dahinten, p3b_271.028 p3b_271.029 Ruhig blieb ich und bange doch, p3b_271.030 Jmmer leiser wurde der Heidesturm p3b_271.031 ─ 30 Siehe, da kam's! p3b_271.033 p3b_271.040Aus einer Spalte des Vorhangs p3b_271.034 guckte p3b_271.035 Plötzlich der Kopf des Zaubermädchens, p3b_271.036 p3b_271.037 Lieblich war er und doch so beängstend. p3b_271.038 p3b_271.039 Sollt' ich die Hand ihr nicht geben 35 Jn ihre liebe Hand? p3b_271.041 [Spaltenumbruch]
p3b_271.101Bat denn ihr Auge nicht, p3b_271.042 Sagend: da bin ich wieder p3b_271.043 Hergekommen aus weiter Welt! Zauberhafte Mädchen p3b_271.102 [Ende Spaltensatz]
Ferne gehen von mir. p3b_271.103 Ach, ihre hohe Stirn, p3b_271.104 War gesenkt, denn sie liebte mich; p3b_271.105 Aber sie zog mit Schweigen p3b_271.106 Fort in die graue p3b_271.107 Welt hinaus. p3b_271.108 Krank seitdem, p3b_271.109 Wund ist und wehe mein Herz. p3b_271.110 Nimmer wird es genesen! p3b_271.111 Als ginge, luftgesponnen, ein Zauberfaden p3b_271.112 p3b_271.113 Von ihr zu mir, ein ängstig Band, p3b_271.114 So zieht es, zieht mich schmachtend ihr p3b_271.115 nach! p3b_271.116 ─ Wie? wenn ich eines Tags auf p3b_271.117 meiner Schwelle p3b_271.118 Sie sitzen fände, wie einst, im Morgen= p3b_271.119 Zwielicht, p3b_271.120 Das Wanderbündel neben ihr, p3b_271.121 Und ihr Auge, treuherzig zu mir aufschauend, p3b_271.122 p3b_271.123 Sagte, da bin ich wieder p3b_271.124 Hergekommen aus weiter Welt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0297" n="271"/> <lb n="p3b_271.001"/> <cb type="start"/> <p>5</p> <lg> <l>Hieß ich das schlanke,</l> <lb n="p3b_271.002"/> <l>Zauberhafte Mädchen</l> <lb n="p3b_271.003"/> <l>Ferne gehen von mir.</l> <lb n="p3b_271.004"/> <l>Ach, ihre hohe Stirn,</l> <lb n="p3b_271.005"/> <l>Drin ein schöner, sündhafter Wahnsinn</l> </lg> <lb n="p3b_271.006"/> <p>10</p> <lg> <l>Aus dem dunkelen Auge blickte,</l> <lb n="p3b_271.007"/> <l>War gesenkt, denn sie liebte mich.</l> <lb n="p3b_271.008"/> <l>Aber sie zog mit Schweigen</l> <lb n="p3b_271.009"/> <l>Fort in die graue</l> <lb n="p3b_271.010"/> <l>Stille Welt hinaus.</l> </lg> <lb n="p3b_271.011"/> <p>15</p> <lg> <l>Von der Zeit an</l> <lb n="p3b_271.012"/> <l>Kamen mir Träume voll schöner Trübe.</l> <lb n="p3b_271.013"/> <l>Wie gesponnen auf Nebelgrund,</l> <lb n="p3b_271.014"/> <l>Wußte nimmer, wie mir geschah;</l> <lb n="p3b_271.015"/> <l>War nur schmachtend, seliger Krankheit</l> <lb n="p3b_271.016"/> <l> <hi rendition="#right">voll.</hi> </l> </lg> <lb n="p3b_271.017"/> <p>20</p> <lg> <l>Oft in den Träumen zog sich ein</l> <lb n="p3b_271.018"/> <l> <hi rendition="#et">Vorhang</hi> </l> <lb n="p3b_271.019"/> <l>Finster und groß ins Unendliche,</l> <lb n="p3b_271.020"/> <l>Zwischen mich und die dunkle Welt.</l> <lb n="p3b_271.021"/> <l>Hinter ihm ahnt' ich ein Heideland,</l> <lb n="p3b_271.022"/> <l>Hinter ihm hört' ich's wie Nachtwind</l> <lb n="p3b_271.023"/> <l> <hi rendition="#right">sausen;</hi> </l> </lg> <lb n="p3b_271.024"/> <p>25</p> <lg> <l>Auch die Falten des Vorhangs</l> <lb n="p3b_271.025"/> <l>Fingen bald an, sich im Sturm zu</l> <lb n="p3b_271.026"/> <l> <hi rendition="#et">regen,</hi> </l> <lb n="p3b_271.027"/> <l>Gleich einer Ahnung strich er dahinten,</l> <lb n="p3b_271.028"/> <lb n="p3b_271.029"/> <l>Ruhig blieb ich und bange doch,</l> <lb n="p3b_271.030"/> <l>Jmmer leiser wurde der Heidesturm</l> <lb n="p3b_271.031"/> <l> <hi rendition="#right">─</hi> </l> </lg> <lb n="p3b_271.032"/> <p>30</p> <lg> <l> Siehe, da kam's!</l> <lb n="p3b_271.033"/> <l>Aus einer Spalte des Vorhangs</l> <lb n="p3b_271.034"/> <l> <hi rendition="#et">guckte</hi> </l> <lb n="p3b_271.035"/> <l>Plötzlich der Kopf des Zaubermädchens,</l> <lb n="p3b_271.036"/> <lb n="p3b_271.037"/> <l>Lieblich war er und doch so beängstend.</l> <lb n="p3b_271.038"/> <lb n="p3b_271.039"/> <l>Sollt' ich die Hand ihr nicht geben</l> </lg> <lb n="p3b_271.040"/> <p>35</p> <lg> <l>Jn ihre liebe Hand?</l> <lb n="p3b_271.041"/> <l>Bat denn ihr Auge nicht,</l> <lb n="p3b_271.042"/> <l>Sagend: da bin ich wieder</l> <lb n="p3b_271.043"/> <l>Hergekommen aus weiter Welt!</l> </lg> <cb/> <lb n="p3b_271.101"/> <lg> <l>Zauberhafte Mädchen</l> <lb n="p3b_271.102"/> <l>Ferne gehen von mir.</l> <lb n="p3b_271.103"/> <l>Ach, ihre hohe Stirn,</l> <lb n="p3b_271.104"/> <l>War gesenkt, denn sie liebte mich;</l> <lb n="p3b_271.105"/> <l>Aber sie zog mit Schweigen</l> <lb n="p3b_271.106"/> <l>Fort in die graue</l> <lb n="p3b_271.107"/> <l>Welt hinaus.</l> <lb n="p3b_271.108"/> <l>Krank seitdem,</l> <lb n="p3b_271.109"/> <l>Wund ist und wehe mein Herz.</l> <lb n="p3b_271.110"/> <l>Nimmer wird es genesen!</l> <lb n="p3b_271.111"/> <l>Als ginge, luftgesponnen, ein Zauberfaden</l> <lb n="p3b_271.112"/> <lb n="p3b_271.113"/> <l>Von ihr zu mir, ein ängstig Band,</l> <lb n="p3b_271.114"/> <l>So zieht es, zieht mich schmachtend ihr</l> <lb n="p3b_271.115"/> <l> <hi rendition="#et">nach!</hi> </l> <lb n="p3b_271.116"/> <l>─ Wie? wenn ich eines Tags auf</l> <lb n="p3b_271.117"/> <l> <hi rendition="#et">meiner Schwelle</hi> </l> <lb n="p3b_271.118"/> <l>Sie sitzen fände, wie einst, im Morgen=</l> <lb n="p3b_271.119"/> <l> <hi rendition="#et">Zwielicht,</hi> </l> <lb n="p3b_271.120"/> <l>Das Wanderbündel neben ihr,</l> <lb n="p3b_271.121"/> <l>Und ihr Auge, treuherzig zu mir aufschauend,</l> <lb n="p3b_271.122"/> <lb n="p3b_271.123"/> <l>Sagte, da bin ich wieder</l> <lb n="p3b_271.124"/> <l>Hergekommen aus weiter Welt!</l> </lg> <cb type="end"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0297]
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Von der Zeit an p3b_271.012
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voll.
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Oft in den Träumen zog sich ein p3b_271.018
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sausen;
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Auch die Falten des Vorhangs p3b_271.025
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Jmmer leiser wurde der Heidesturm p3b_271.031
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Siehe, da kam's! p3b_271.033
Aus einer Spalte des Vorhangs p3b_271.034
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Plötzlich der Kopf des Zaubermädchens, p3b_271.036
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Lieblich war er und doch so beängstend. p3b_271.038
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Sollt' ich die Hand ihr nicht geben
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Jn ihre liebe Hand? p3b_271.041
Bat denn ihr Auge nicht, p3b_271.042
Sagend: da bin ich wieder p3b_271.043
Hergekommen aus weiter Welt!
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Zauberhafte Mädchen p3b_271.102
Ferne gehen von mir. p3b_271.103
Ach, ihre hohe Stirn, p3b_271.104
War gesenkt, denn sie liebte mich; p3b_271.105
Aber sie zog mit Schweigen p3b_271.106
Fort in die graue p3b_271.107
Welt hinaus. p3b_271.108
Krank seitdem, p3b_271.109
Wund ist und wehe mein Herz. p3b_271.110
Nimmer wird es genesen! p3b_271.111
Als ginge, luftgesponnen, ein Zauberfaden p3b_271.112
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Von ihr zu mir, ein ängstig Band, p3b_271.114
So zieht es, zieht mich schmachtend ihr p3b_271.115
nach! p3b_271.116
─ Wie? wenn ich eines Tags auf p3b_271.117
meiner Schwelle p3b_271.118
Sie sitzen fände, wie einst, im Morgen= p3b_271.119
Zwielicht, p3b_271.120
Das Wanderbündel neben ihr, p3b_271.121
Und ihr Auge, treuherzig zu mir aufschauend, p3b_271.122
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Sagte, da bin ich wieder p3b_271.124
Hergekommen aus weiter Welt!
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/297>, abgerufen am 16.07.2024. |