Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_268.001 p3b_268.003 c. Lessing. p3b_268.004Die Küsse. p3b_268.005[Beginn Spaltensatz] Nach dem Druck von 1751. p3b_268.0061. Ein Küßchen, das ein Kind mir schenket, p3b_268.007 p3b_268.010Das mit dem Küssen nur noch spielt, p3b_268.008 Das bei dem Küssen noch nichts denket, p3b_268.009 Jst nun so was, das man nicht fühlt. 2. Ein Kuß, den mir ein Freund verehret, p3b_268.011 p3b_268.014Jst nun so was, das eigentlich, p3b_268.012 Zum wahren Küssen nicht gehöret: p3b_268.013 Hier heißt es nur, so schickt es sich. 3. Ein Kuß, den mir mein Vater giebet, p3b_268.015 p3b_268.018Ein wohlgemeinter Segenskuß, p3b_268.016 Wenn er mich lobt und lobend liebet, p3b_268.017 Jst was, das ich verehren muß. 4. Ein Kuß von meiner Schwester Liebe p3b_268.019 p3b_268.022Geht in so ferne wohl noch an, p3b_268.020 Als ich dabei mit reinem Triebe p3b_268.021 An andre Mädchen denken kann. 5. Ein Kuß, den mir die Phyllis reichet, p3b_268.023 [Spaltenumbruch]
p3b_268.101Aus meiner Klagen Überdruß, p3b_268.024 Und dann beschämt zurücke weichet, p3b_268.025 Ja - so ein Kuß, das ist ein Kuß. Verbesserungen von 1753. p3b_268.102Und p3b_268.103 p3b_268.104Das ist ein Kuß, den man nicht fühlt. Das ist ein Gruß, der eigentlich p3b_268.105Aus kalter Mode küßt er mich. p3b_268.106Wenn er sein Söhnchen lobt und liebet, p3b_268.107 p3b_268.108Jst etwas, das ich ehren muß. Steht mir als Kuß nur so weit an, p3b_268.109 p3b_268.110heißerm Triebe Ein Kuß, den Lesbia mir reichet, p3b_268.111 [Ende Spaltensatz]
Den kein Verräther sehen muß, p3b_268.112 Und der dem Kuß der Tauben gleichet, p3b_268.113 p3b_268.114 p3b_268.122 p3b_268.124 p3b_268.001 p3b_268.003 c. Lessing. p3b_268.004Die Küsse. p3b_268.005[Beginn Spaltensatz] Nach dem Druck von 1751. p3b_268.0061. Ein Küßchen, das ein Kind mir schenket, p3b_268.007 p3b_268.010Das mit dem Küssen nur noch spielt, p3b_268.008 Das bei dem Küssen noch nichts denket, p3b_268.009 Jst nun so was, das man nicht fühlt. 2. Ein Kuß, den mir ein Freund verehret, p3b_268.011 p3b_268.014Jst nun so was, das eigentlich, p3b_268.012 Zum wahren Küssen nicht gehöret: p3b_268.013 Hier heißt es nur, so schickt es sich. 3. Ein Kuß, den mir mein Vater giebet, p3b_268.015 p3b_268.018Ein wohlgemeinter Segenskuß, p3b_268.016 Wenn er mich lobt und lobend liebet, p3b_268.017 Jst was, das ich verehren muß. 4. Ein Kuß von meiner Schwester Liebe p3b_268.019 p3b_268.022Geht in so ferne wohl noch an, p3b_268.020 Als ich dabei mit reinem Triebe p3b_268.021 An andre Mädchen denken kann. 5. Ein Kuß, den mir die Phyllis reichet, p3b_268.023 [Spaltenumbruch]
p3b_268.101Aus meiner Klagen Überdruß, p3b_268.024 Und dann beschämt zurücke weichet, p3b_268.025 Ja ─ so ein Kuß, das ist ein Kuß. Verbesserungen von 1753. p3b_268.102Und p3b_268.103 p3b_268.104Das ist ein Kuß, den man nicht fühlt. Das ist ein Gruß, der eigentlich p3b_268.105Aus kalter Mode küßt er mich. p3b_268.106Wenn er sein Söhnchen lobt und liebet, p3b_268.107 p3b_268.108Jst etwas, das ich ehren muß. Steht mir als Kuß nur so weit an, p3b_268.109 p3b_268.110heißerm Triebe Ein Kuß, den Lesbia mir reichet, p3b_268.111 [Ende Spaltensatz]
Den kein Verräther sehen muß, p3b_268.112 Und der dem Kuß der Tauben gleichet, p3b_268.113 p3b_268.114 p3b_268.122 p3b_268.124 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0294" n="268"/> <p><lb n="p3b_268.001"/> Man erkennt, daß Wieland zwischen ar und an denselben Unterschied <lb n="p3b_268.002"/> macht, wie er in Wirklichkeit z. B. im schwäbischen Dialekt besteht &c.</p> </div> <div n="3"> <lb n="p3b_268.003"/> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">c</hi>. Lessing.</hi> </head> <lb n="p3b_268.004"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Die Küsse.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_268.005"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Nach dem Druck von</hi> 1751.</hi> </p> <lb n="p3b_268.006"/> <p>1.</p> <lg> <l>Ein Küßchen, das ein Kind mir schenket,</l> <lb n="p3b_268.007"/> <l>Das mit dem Küssen nur noch spielt,</l> <lb n="p3b_268.008"/> <l>Das bei dem Küssen noch nichts denket,</l> <lb n="p3b_268.009"/> <l>Jst nun so was, das man nicht fühlt. </l> </lg> <lb n="p3b_268.010"/> <p>2.</p> <lg> <l>Ein Kuß, den mir ein Freund verehret,</l> <lb n="p3b_268.011"/> <l>Jst nun so was, das eigentlich,</l> <lb n="p3b_268.012"/> <l>Zum wahren Küssen nicht gehöret:</l> <lb n="p3b_268.013"/> <l>Hier heißt es nur, so schickt es sich. </l> </lg> <lb n="p3b_268.014"/> <p>3.</p> <lg> <l>Ein Kuß, den mir mein Vater giebet,</l> <lb n="p3b_268.015"/> <l>Ein wohlgemeinter Segenskuß,</l> <lb n="p3b_268.016"/> <l>Wenn er mich lobt und lobend liebet,</l> <lb n="p3b_268.017"/> <l>Jst was, das ich verehren muß. </l> </lg> <lb n="p3b_268.018"/> <p>4.</p> <lg> <l>Ein Kuß von meiner Schwester Liebe</l> <lb n="p3b_268.019"/> <l>Geht in so ferne wohl noch an,</l> <lb n="p3b_268.020"/> <l>Als ich dabei mit reinem Triebe</l> <lb n="p3b_268.021"/> <l>An andre Mädchen denken kann. </l> </lg> <lb n="p3b_268.022"/> <p>5.</p> <lg> <l>Ein Kuß, den mir die Phyllis reichet,</l> <lb n="p3b_268.023"/> <l>Aus meiner Klagen Überdruß,</l> <lb n="p3b_268.024"/> <l>Und dann beschämt zurücke weichet,</l> <lb n="p3b_268.025"/> <l>Ja ─ so ein Kuß, das ist ein Kuß.</l> </lg> <cb/> <lb n="p3b_268.101"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Verbesserungen von</hi> 1753.</hi> </p> <lb n="p3b_268.102"/> <lg> <l>Und</l> <lb n="p3b_268.103"/> <l>Das ist ein Kuß, den man nicht fühlt. </l> </lg> <lb n="p3b_268.104"/> <lg> <l>Das ist ein Gruß, der eigentlich </l> </lg> <lb n="p3b_268.105"/> <lg> <l>Aus kalter Mode küßt er mich. </l> </lg> <lb n="p3b_268.106"/> <lg> <l>Wenn er sein Söhnchen lobt und liebet,</l> <lb n="p3b_268.107"/> <l>Jst etwas, das ich ehren muß. </l> </lg> <lb n="p3b_268.108"/> <lg> <l>Steht mir als Kuß nur so weit an,</l> <lb n="p3b_268.109"/> <l> <hi rendition="#et">heißerm Triebe</hi> </l> </lg> <lb n="p3b_268.110"/> <lg> <l>Ein Kuß, den Lesbia mir reichet,</l> <lb n="p3b_268.111"/> <l>Den kein Verräther sehen muß,</l> <lb n="p3b_268.112"/> <l>Und der dem Kuß der Tauben gleichet,</l> </lg> <cb type="end"/> <p><lb n="p3b_268.113"/> Beleuchtung einzelner Momente der Feile.</p> <p><lb n="p3b_268.114"/> Man beachte, wie die wenig belangreichen Änderungen Lessings durchweg <lb n="p3b_268.115"/> nur die Bestimmung haben, tonlose Wörter durch gefällige zu ersetzen, oder <lb n="p3b_268.116"/> prosaischen Wendungen eine bessere Form zu geben. Uns erscheint „lobt und <lb n="p3b_268.117"/> lobend liebet“ besser als die Änderung: ein deutliches Beispiel, daß man bei <lb n="p3b_268.118"/> der Feile auch verschlechtern kann. „Lobt und liebet“ sagt nichts; zum mindesten <lb n="p3b_268.119"/> ist es matt. „Lobend liebet“ hat eine Zärtlichkeit, die dem andern <lb n="p3b_268.120"/> Ausdruck fehlt. Die Form <hi rendition="#g">giebet</hi> ist heutzutage fehlerhaft. (Sie war in der <lb n="p3b_268.121"/> damaligen Zeit gebräuchlich und kommt bei Lessing auch in der Prosa vor.)</p> <p><lb n="p3b_268.122"/> Jn der 3. Strophe schiebt der Dichter zur Vermeidung des zweimaligen <lb n="p3b_268.123"/> Wortes <hi rendition="#g">loben</hi> („lobt und lobend &c.“) die Worte „sein Söhnchen“ ein.</p> <p><lb n="p3b_268.124"/> Jn der 5. Strophe ist insbesondere die Änderung des Namens auffallend. <lb n="p3b_268.125"/> Lessing hatte im ersten Entwurf von 1747 „Doris“ stehen; 1751 änderte <lb n="p3b_268.126"/> er dies ab und schrieb „Phyllis“; 1753 endlich finden wir „Lesbia“. Die </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [268/0294]
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Man erkennt, daß Wieland zwischen ar und an denselben Unterschied p3b_268.002
macht, wie er in Wirklichkeit z. B. im schwäbischen Dialekt besteht &c.
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c. Lessing. p3b_268.004
Die Küsse.
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Nach dem Druck von 1751.
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Ein Küßchen, das ein Kind mir schenket, p3b_268.007
Das mit dem Küssen nur noch spielt, p3b_268.008
Das bei dem Küssen noch nichts denket, p3b_268.009
Jst nun so was, das man nicht fühlt.
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Ein Kuß, den mir ein Freund verehret, p3b_268.011
Jst nun so was, das eigentlich, p3b_268.012
Zum wahren Küssen nicht gehöret: p3b_268.013
Hier heißt es nur, so schickt es sich.
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Ein Kuß, den mir mein Vater giebet, p3b_268.015
Ein wohlgemeinter Segenskuß, p3b_268.016
Wenn er mich lobt und lobend liebet, p3b_268.017
Jst was, das ich verehren muß.
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Geht in so ferne wohl noch an, p3b_268.020
Als ich dabei mit reinem Triebe p3b_268.021
An andre Mädchen denken kann.
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Ein Kuß, den mir die Phyllis reichet, p3b_268.023
Aus meiner Klagen Überdruß, p3b_268.024
Und dann beschämt zurücke weichet, p3b_268.025
Ja ─ so ein Kuß, das ist ein Kuß.
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Verbesserungen von 1753.
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Das ist ein Kuß, den man nicht fühlt.
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Das ist ein Gruß, der eigentlich
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Aus kalter Mode küßt er mich.
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Jst etwas, das ich ehren muß.
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Ein Kuß, den Lesbia mir reichet, p3b_268.111
Den kein Verräther sehen muß, p3b_268.112
Und der dem Kuß der Tauben gleichet,
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Beleuchtung einzelner Momente der Feile.
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Man beachte, wie die wenig belangreichen Änderungen Lessings durchweg p3b_268.115
nur die Bestimmung haben, tonlose Wörter durch gefällige zu ersetzen, oder p3b_268.116
prosaischen Wendungen eine bessere Form zu geben. Uns erscheint „lobt und p3b_268.117
lobend liebet“ besser als die Änderung: ein deutliches Beispiel, daß man bei p3b_268.118
der Feile auch verschlechtern kann. „Lobt und liebet“ sagt nichts; zum mindesten p3b_268.119
ist es matt. „Lobend liebet“ hat eine Zärtlichkeit, die dem andern p3b_268.120
Ausdruck fehlt. Die Form giebet ist heutzutage fehlerhaft. (Sie war in der p3b_268.121
damaligen Zeit gebräuchlich und kommt bei Lessing auch in der Prosa vor.)
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Wortes loben („lobt und lobend &c.“) die Worte „sein Söhnchen“ ein.
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er dies ab und schrieb „Phyllis“; 1753 endlich finden wir „Lesbia“. Die
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/294>, abgerufen am 16.02.2025. |