Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_246.001 O schrecklich, daß mit dir ich eines Ursprungs bin! p3b_246.004 Daß du mein Bruder seist, ich will's nicht länger leiden, p3b_246.005 Drum such' ich schamerglüht dein Angesicht zu meiden. p3b_246.006 "Jst's möglich, daß mit dir ich Eines Blutes bin? p3b_246.008 Es kränkt mich bis zu Tod, mich gleichen Stamms zu sehen, p3b_246.009 Und ganz verwirrt von Scham treibt's mich hinwegzugehen." p3b_246.010 p3b_246.016 a. Stoff. (Von Beaumarchais.) p3b_246.020
[Beginn Spaltensatz] Erste Lösung. (Von W. Baudissin p3b_246.027 Die Faulheit zankte mit dem Weine p3b_246.029 [Spaltenumbruch]
p3b_246.101Sich um mein Herz .. - - - - - - - - - p3b_246.030 Der Faulheit halb, und halb dem Weine p3b_246.031 Schenkt' ich mein Herz, und so war's recht! p3b_246.032 Jst meine Herrin doch die eine, p3b_246.033 Der andre mein ergebner Knecht. Zweite Lösung. (Von E. Geibel p3b_246.102 Es streitet mit dem Weine p3b_246.104 [Ende Spaltensatz]
p3b_246.109Die Trägheit um mein Herz .. - - - - - - - - p3b_246.105 Mein Herz ist, wie dem Weine p3b_246.106 Der Trägheit zugethan. p3b_246.107 Mein Liebchen sei die eine, p3b_246.108 Der andre mein Kumpan. b. Stoff. (Von Malherbe.) p3b_246.110
p3b_246.001 O schrecklich, daß mit dir ich eines Ursprungs bin! p3b_246.004 Daß du mein Bruder seist, ich will's nicht länger leiden, p3b_246.005 Drum such' ich schamerglüht dein Angesicht zu meiden. p3b_246.006 „Jst's möglich, daß mit dir ich Eines Blutes bin? p3b_246.008 Es kränkt mich bis zu Tod, mich gleichen Stamms zu sehen, p3b_246.009 Und ganz verwirrt von Scham treibt's mich hinwegzugehen.“ p3b_246.010 p3b_246.016 a. Stoff. (Von Beaumarchais.) p3b_246.020
[Beginn Spaltensatz] Erste Lösung. (Von W. Baudissin p3b_246.027 Die Faulheit zankte mit dem Weine p3b_246.029 [Spaltenumbruch]
p3b_246.101Sich um mein Herz .. ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ p3b_246.030 Der Faulheit halb, und halb dem Weine p3b_246.031 Schenkt' ich mein Herz, und so war's recht! p3b_246.032 Jst meine Herrin doch die eine, p3b_246.033 Der andre mein ergebner Knecht. Zweite Lösung. (Von E. Geibel p3b_246.102 Es streitet mit dem Weine p3b_246.104 [Ende Spaltensatz]
p3b_246.109Die Trägheit um mein Herz .. ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ p3b_246.105 Mein Herz ist, wie dem Weine p3b_246.106 Der Trägheit zugethan. p3b_246.107 Mein Liebchen sei die eine, p3b_246.108 Der andre mein Kumpan. b. Stoff. (Von Malherbe.) p3b_246.110
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und umgekehrt. Er hat auch vieles nichts weniger als treu wiedergegeben. p3b_246.002
So übersetzt er den Schluß des 7. Auftritts vom 2. Akt also:
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O schrecklich, daß mit dir ich eines Ursprungs bin! p3b_246.004
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Drum such' ich schamerglüht dein Angesicht zu meiden.
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während der Sinn etwa so wiederzugeben gewesen wäre:
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„Jst's möglich, daß mit dir ich Eines Blutes bin? p3b_246.008
Es kränkt mich bis zu Tod, mich gleichen Stamms zu sehen, p3b_246.009
Und ganz verwirrt von Scham treibt's mich hinwegzugehen.“
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11. Zur Übung in den Reimstrophen dürfte nicht ungeeignet sein: »Recueil p3b_246.011
de Poésies fugitives et d'Essais ─ traductions en vers libres et p3b_246.012
métriques par G. Bernard. Hamburg 1853.« Das Retrovertieren von p3b_246.013
Übersetzungen unserer hervorragendsten Dichter zeigt dem Lernenden am besten p3b_246.014
die Handgriffe, deren sich der Übersetzer bediente und die umgekehrt (bei p3b_246.015
Übersetzungen aus dem Französischen) von Wert sind.
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12. Jnstruktiv wirkt es, ein und dasselbe Reimgedicht in verschiedene p3b_246.017
Formen zu übertragen. Wir bieten zwei Proben, die der Lernende mehrfach p3b_246.018
übersetzen möge, bevor er die Lösungen vergleicht:
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a. Stoff. (Von Beaumarchais.)
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Le vin et la paresse p3b_246.021
Se disputent mon coeur. ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ p3b_246.022
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L'autre est mon serviteur.
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p3b_246.028
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Zweite Lösung. (Von E. Geibel p3b_246.102
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Mein Herz ist, wie dem Weine p3b_246.106
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Mein Liebchen sei die eine, p3b_246.108
Der andre mein Kumpan.
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b. Stoff. (Von Malherbe.)
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Elle était du monde où les plus belles choses p3b_246.111
Ont le pire destin; p3b_246.112
Et, rose, elle a vécu ce que vivent les roses, p3b_246.113
L'espace d'un matin.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/272>, abgerufen am 18.07.2024. |