Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_114.001 p3b_114.005 p3b_114.007 Du ahnest es nicht, a p3b_114.011 Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe, b p3b_114.012 Wie gern ich's dir sagte, wie gern ich's dir schriebe. b p3b_114.013 Du ahnest es nicht. a p3b_114.014 Ach, wenn du es wüßtest und Hoffnung mir bliebe b p3b_114.015 Nach diesem Gedicht! a p3b_114.016 Du ahnst es ja nicht, a p3b_114.017 Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe. b p3b_114.018 p3b_114.020 p3b_114.024 p3b_114.032 Das Schönste mag dein Aug' und Ohr entzücken, p3b_114.036 Viel edler ist, o Mensch, das geistig Schöne. p3b_114.037 p3b_114.001 p3b_114.005 p3b_114.007 Du ahnest es nicht, a p3b_114.011 Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe, b p3b_114.012 Wie gern ich's dir sagte, wie gern ich's dir schriebe. b p3b_114.013 Du ahnest es nicht. a p3b_114.014 Ach, wenn du es wüßtest und Hoffnung mir bliebe b p3b_114.015 Nach diesem Gedicht! a p3b_114.016 Du ahnst es ja nicht, a p3b_114.017 Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe. b p3b_114.018 p3b_114.020 p3b_114.024 p3b_114.032 Das Schönste mag dein Aug' und Ohr entzücken, p3b_114.036 Viel edler ist, o Mensch, das geistig Schöne. p3b_114.037 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0140" n="114"/> <p><lb n="p3b_114.001"/> 3. Nachdem die erste Zeile als vierte Zeile wiedergekehrt ist und <lb n="p3b_114.002"/> zwei weitere Zeilen den Jnhalt fortgesponnen haben, schließen die beiden <lb n="p3b_114.003"/> ersten Zeilen das Ganze wie ein Refrain ab. Somit kehrt im Triolett <lb n="p3b_114.004"/> der gleiche Gedanke dreimal in gleicher oder verwandter Weise wieder.</p> <p><lb n="p3b_114.005"/> 4. Es ist eine Schönheit, wenn die wiederholten (oder nur kaum <lb n="p3b_114.006"/> veränderten) Verse eine neue Wendung im Gedankengang erzielen.</p> <p><lb n="p3b_114.007"/> 5. Die Verse brauchen nicht von gleicher Länge zu sein, wie schon <lb n="p3b_114.008"/> der Meister dieser Form, <hi rendition="#aq">Charles d'Orléans</hi>, beweist. Jch setze zum <lb n="p3b_114.009"/> Beleg ein improvisiertes Triolett von Faust Pachler her:</p> <lb n="p3b_114.010"/> <lg> <l>Du ahnest es nicht,<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">a</hi></l> <lb n="p3b_114.011"/> <l>Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe,<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">b</hi></l> <lb n="p3b_114.012"/> <l>Wie gern ich's dir sagte, wie gern ich's dir schriebe.<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">b</hi></l> <lb n="p3b_114.013"/> <l>Du ahnest es nicht.<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">a</hi></l> <lb n="p3b_114.014"/> <l>Ach, wenn du es wüßtest und Hoffnung mir bliebe<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">b</hi></l> <lb n="p3b_114.015"/> <l>Nach diesem Gedicht!<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">a</hi></l> <lb n="p3b_114.016"/> <l>Du ahnst es ja nicht,<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">a</hi></l> <lb n="p3b_114.017"/> <l>Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe.<space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">b</hi></l> </lg> <p><lb n="p3b_114.018"/> Es versteht sich von selbst, daß die <hi rendition="#aq">a</hi>=Zeilen unter sich gleich lang <lb n="p3b_114.019"/> sind und ebenso die <hi rendition="#aq">b</hi>=Zeilen unter sich.</p> <p><lb n="p3b_114.020"/> 6. Von Abarten sind hier erwähnenswert die von Tandler in <lb n="p3b_114.021"/> 9 Versen, wo die erste <hi rendition="#aq">a</hi>=Wiederholung nicht den 4., sondern den <lb n="p3b_114.022"/> 5. Vers bildet, sowie die von Klamer-Schmidt ebenfalls in 9 Versen, <lb n="p3b_114.023"/> wo die <hi rendition="#aq">a</hi>=Wiederholung bereits auf der 3. Zeile eintritt.</p> <p><lb n="p3b_114.024"/> 7. Andere Abarten, deren wir im ganzen 14 verzeichnen könnten, <lb n="p3b_114.025"/> gehören nicht hierher. Die wichtigsten derselben, welche in der deutschen <lb n="p3b_114.026"/> Poesie zur Anwendung gelangt sind (nämlich: <hi rendition="#aq">a</hi>. das zweistrophige <lb n="p3b_114.027"/> Triolett, <hi rendition="#aq">b</hi>. das Rondel oder dreistrophige Triolett, <hi rendition="#aq">c</hi>. das eigentliche <lb n="p3b_114.028"/> Rondeau oder Ringelgedicht, welches aus 13 jambischen oder trochäischen <lb n="p3b_114.029"/> Versen besteht und in 2 ungleiche Strophen von 8 und 5 Zeilen zerfällt <lb n="p3b_114.030"/> &c.) haben wir Bd. <hi rendition="#aq">I</hi> S. 579─583 dieser Poetik ausführlich <lb n="p3b_114.031"/> abgehandelt.</p> <p><lb n="p3b_114.032"/><hi rendition="#g">Aufgabe. Ein Triolett ist zu bilden, dessen Grundgedanke <lb n="p3b_114.033"/> ist: Das geistig Schöne steht doch höher als das sinnlich Schöne.</hi><lb n="p3b_114.034"/> Dieser Gedanke durchleuchtet das bestimmende Reimpaar:</p> <lb n="p3b_114.035"/> <lg> <l>Das Schönste mag dein Aug' und Ohr entzücken,</l> <lb n="p3b_114.036"/> <l>Viel edler ist, o Mensch, das geistig Schöne.</l> </lg> <p><lb n="p3b_114.037"/><hi rendition="#g">Jm weiteren Verlauf kann angeführt werden:</hi> Zwar nenne ich <lb n="p3b_114.038"/> dich nicht geschmacklos, wenn du nur Geschmack für jenes Schöne hast, das <lb n="p3b_114.039"/> du sehen oder hören kannst (also für bildende Kunst und Musik). Aber die <lb n="p3b_114.040"/> Poesie wirkt nicht auf die Sinne, sondern auf den Geist, und darum steht sie <lb n="p3b_114.041"/> und der Geschmack dafür höher und ist edler, wie der Geist edler ist als der <lb n="p3b_114.042"/> Körper.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0140]
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3. Nachdem die erste Zeile als vierte Zeile wiedergekehrt ist und p3b_114.002
zwei weitere Zeilen den Jnhalt fortgesponnen haben, schließen die beiden p3b_114.003
ersten Zeilen das Ganze wie ein Refrain ab. Somit kehrt im Triolett p3b_114.004
der gleiche Gedanke dreimal in gleicher oder verwandter Weise wieder.
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4. Es ist eine Schönheit, wenn die wiederholten (oder nur kaum p3b_114.006
veränderten) Verse eine neue Wendung im Gedankengang erzielen.
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5. Die Verse brauchen nicht von gleicher Länge zu sein, wie schon p3b_114.008
der Meister dieser Form, Charles d'Orléans, beweist. Jch setze zum p3b_114.009
Beleg ein improvisiertes Triolett von Faust Pachler her:
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Du ahnest es nicht, a p3b_114.011
Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe, b p3b_114.012
Wie gern ich's dir sagte, wie gern ich's dir schriebe. b p3b_114.013
Du ahnest es nicht. a p3b_114.014
Ach, wenn du es wüßtest und Hoffnung mir bliebe b p3b_114.015
Nach diesem Gedicht! a p3b_114.016
Du ahnst es ja nicht, a p3b_114.017
Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe. b
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Es versteht sich von selbst, daß die a=Zeilen unter sich gleich lang p3b_114.019
sind und ebenso die b=Zeilen unter sich.
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6. Von Abarten sind hier erwähnenswert die von Tandler in p3b_114.021
9 Versen, wo die erste a=Wiederholung nicht den 4., sondern den p3b_114.022
5. Vers bildet, sowie die von Klamer-Schmidt ebenfalls in 9 Versen, p3b_114.023
wo die a=Wiederholung bereits auf der 3. Zeile eintritt.
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7. Andere Abarten, deren wir im ganzen 14 verzeichnen könnten, p3b_114.025
gehören nicht hierher. Die wichtigsten derselben, welche in der deutschen p3b_114.026
Poesie zur Anwendung gelangt sind (nämlich: a. das zweistrophige p3b_114.027
Triolett, b. das Rondel oder dreistrophige Triolett, c. das eigentliche p3b_114.028
Rondeau oder Ringelgedicht, welches aus 13 jambischen oder trochäischen p3b_114.029
Versen besteht und in 2 ungleiche Strophen von 8 und 5 Zeilen zerfällt p3b_114.030
&c.) haben wir Bd. I S. 579─583 dieser Poetik ausführlich p3b_114.031
abgehandelt.
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Aufgabe. Ein Triolett ist zu bilden, dessen Grundgedanke p3b_114.033
ist: Das geistig Schöne steht doch höher als das sinnlich Schöne. p3b_114.034
Dieser Gedanke durchleuchtet das bestimmende Reimpaar:
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Jm weiteren Verlauf kann angeführt werden: Zwar nenne ich p3b_114.038
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du sehen oder hören kannst (also für bildende Kunst und Musik). Aber die p3b_114.040
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und der Geschmack dafür höher und ist edler, wie der Geist edler ist als der p3b_114.042
Körper.
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