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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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3. Nachdem die erste Zeile als vierte Zeile wiedergekehrt ist und p3b_114.002
zwei weitere Zeilen den Jnhalt fortgesponnen haben, schließen die beiden p3b_114.003
ersten Zeilen das Ganze wie ein Refrain ab. Somit kehrt im Triolett p3b_114.004
der gleiche Gedanke dreimal in gleicher oder verwandter Weise wieder.

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4. Es ist eine Schönheit, wenn die wiederholten (oder nur kaum p3b_114.006
veränderten) Verse eine neue Wendung im Gedankengang erzielen.

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5. Die Verse brauchen nicht von gleicher Länge zu sein, wie schon p3b_114.008
der Meister dieser Form, Charles d'Orleans, beweist. Jch setze zum p3b_114.009
Beleg ein improvisiertes Triolett von Faust Pachler her:

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Du ahnest es nicht,   a p3b_114.011
Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe,   b p3b_114.012
Wie gern ich's dir sagte, wie gern ich's dir schriebe.   b p3b_114.013
Du ahnest es nicht.   a p3b_114.014
Ach, wenn du es wüßtest und Hoffnung mir bliebe   b p3b_114.015
Nach diesem Gedicht!   a p3b_114.016
Du ahnst es ja nicht,   a p3b_114.017
Wie sehr ich dich ehre, wie heiß ich dich liebe.   b

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Es versteht sich von selbst, daß die a=Zeilen unter sich gleich lang p3b_114.019
sind und ebenso die b=Zeilen unter sich.

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6. Von Abarten sind hier erwähnenswert die von Tandler in p3b_114.021
9 Versen, wo die erste a=Wiederholung nicht den 4., sondern den p3b_114.022
5. Vers bildet, sowie die von Klamer-Schmidt ebenfalls in 9 Versen, p3b_114.023
wo die a=Wiederholung bereits auf der 3. Zeile eintritt.

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7. Andere Abarten, deren wir im ganzen 14 verzeichnen könnten, p3b_114.025
gehören nicht hierher. Die wichtigsten derselben, welche in der deutschen p3b_114.026
Poesie zur Anwendung gelangt sind (nämlich: a. das zweistrophige p3b_114.027
Triolett, b. das Rondel oder dreistrophige Triolett, c. das eigentliche p3b_114.028
Rondeau oder Ringelgedicht, welches aus 13 jambischen oder trochäischen p3b_114.029
Versen besteht und in 2 ungleiche Strophen von 8 und 5 Zeilen zerfällt p3b_114.030
&c.) haben wir Bd. I S. 579-583 dieser Poetik ausführlich p3b_114.031
abgehandelt.

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Aufgabe. Ein Triolett ist zu bilden, dessen Grundgedanke p3b_114.033
ist: Das geistig Schöne steht doch höher als das sinnlich Schöne.
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Dieser Gedanke durchleuchtet das bestimmende Reimpaar:

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Das Schönste mag dein Aug' und Ohr entzücken, p3b_114.036
Viel edler ist, o Mensch, das geistig Schöne.

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Jm weiteren Verlauf kann angeführt werden: Zwar nenne ich p3b_114.038
dich nicht geschmacklos, wenn du nur Geschmack für jenes Schöne hast, das p3b_114.039
du sehen oder hören kannst (also für bildende Kunst und Musik). Aber die p3b_114.040
Poesie wirkt nicht auf die Sinne, sondern auf den Geist, und darum steht sie p3b_114.041
und der Geschmack dafür höher und ist edler, wie der Geist edler ist als der p3b_114.042
Körper.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/140>, abgerufen am 24.11.2024.