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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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[Beginn Spaltensatz] mein Kind! | Jm Traume mögen p3b_093.002
dir Engel erscheinen, | du selbst bist p3b_093.003
ja ein Engelein. | Wenn am Morgen p3b_093.004
Thränen quellen, | so schlage den p3b_093.005
Blick auf, | damit deine Äuglein | p3b_093.006
das stille Mutterglück wieder schauen. || p3b_093.007
3. Und wenn ich einstens zur Ruhe p3b_093.008
gehe, | so schließe du mir die Augen p3b_093.009
zu. | Dann, gute Nacht, mein geliebtes p3b_093.010
Kind. | Gott im Himmel wird über p3b_093.011
dich wachen. | Bleib ihm lebenslang p3b_093.012
getreu, | wenn auch dein Lebensschifflein p3b_093.013
vom Sturm bedroht sein wird. | p3b_093.014
Nimmt dich dann dein Schöpfer von p3b_093.015
dieser Welt, | so werde ich dich dort p3b_093.016
wiedersehen. ||

[Spaltenumbruch] p3b_093.101
Bei des Abends Dämmerlicht p3b_093.102
Schlafe, Kindchen, rühr' dich nicht; p3b_093.103
Träume von den Engeln fein, p3b_093.104
Bist ja selbst ein Engel klein. p3b_093.105
Wenn am Morgen Thränen tauen, p3b_093.106
Schlage auf den süßen Blick, p3b_093.107
Daß die Äuglein wieder schauen p3b_093.108
Deiner Mutter stilles Glück.
p3b_093.109
Wenn ich einstens geh' zur Ruh', p3b_093.110
Schließe mir die Augen zu. p3b_093.111
Dann, mein Kindchen, gute Nacht! p3b_093.112
Der dort oben für dich wacht. p3b_093.113
Folg' ihm treu durchs ganze Leben, p3b_093.114
Ob auch Stürme dich umwehn. p3b_093.115
Nimmt er einst, was er gegeben, p3b_093.116
Werd' ich dort dich wiedersehn.
[Ende Spaltensatz]

p3b_093.117
Aufgabe 2. Sechszeilige Strophen. Reimschema: a a b c c b. p3b_093.118
Gereimte trochäische Viertakter. Die a= und c=Zeilen sind akatalektisch, p3b_093.119
die
b=Zeilen katalektisch.

p3b_093.120

Jn zarter Frauenhand.

p3b_093.121
[Beginn Spaltensatz]

Stoff.

p3b_093.122
1. Seine heimatlosen Lieder | legt p3b_093.123
der wandernde Dichter | gern in die p3b_093.124
Hand der Frauen. | Muß er auch p3b_093.125
ruhelos kämpfen, | so weiß er doch gut p3b_093.126
aufgehoben, | was sein Herz durchzog. p3b_093.127
|| 2. Wenn zarte Frauenhände | p3b_093.128
sein Buch durchblättern, | knüpfen sie p3b_093.129
mit ihm ein luftiges Band, | und er p3b_093.130
hat das Gefühl, | als ob zarte Frauenhände p3b_093.131
| segnend auf sein müdes Haupt p3b_093.132
sich legten. ||

[Spaltenumbruch] p3b_093.101

Lösung. Von Albert Träger.

p3b_093.102
Seine heimatlosen Lieder p3b_093.103
Legt der flücht'ge Dichter nieder p3b_093.104
Gern in zarte Frauenhand; p3b_093.105
Bleibt auch er dem Kampf verkettet, p3b_093.106
Ruht doch sanft und weich gebettet, p3b_093.107
Was sein tiefstes Herz empfand.
p3b_093.108
Wenn durch seines Buches Seiten p3b_093.109
Schlanke weiße Finger gleiten, p3b_093.110
Knüpfen sie ein luftig Band; p3b_093.111
Und er fühlt mit Trost und Segen p3b_093.112
Auf sein müdes Haupt sich legen p3b_093.113
Eine zarte Frauenhand.
[Ende Spaltensatz]

p3b_093.114
Aufgabe 3. Vierzeilige Strophen. Trochäische Fünftakter. p3b_093.115
Männliche und weibliche Reimpaare.

p3b_093.116

Wandel der Sehnsucht.

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[Beginn Spaltensatz]

Stoff.

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1. Die Fahrt schien mir allzu p3b_093.119
lang; | ich sehnte mich | aus der weiten p3b_093.120
Meereswüste | nach der lieben p3b_093.121
Heimat zurück. || 2. Endlich erschien[Spaltenumbruch] p3b_093.101
Lösung. Von N. Lenau. p3b_093.102

Wie doch dünkte mir die Fahrt so lang, p3b_093.103
O wie sehnt' ich mich zurück so bang. p3b_093.104
Aus der weiten, fremden Meereswüste p3b_093.105
Nach der lieben, fernen Heimatküste.
[Ende Spaltensatz]

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[Beginn Spaltensatz] mein Kind! │ Jm Traume mögen p3b_093.002
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[93/0119] p3b_093.001 mein Kind! │ Jm Traume mögen p3b_093.002 dir Engel erscheinen, │ du selbst bist p3b_093.003 ja ein Engelein. │ Wenn am Morgen p3b_093.004 Thränen quellen, │ so schlage den p3b_093.005 Blick auf, │ damit deine Äuglein │ p3b_093.006 das stille Mutterglück wieder schauen. ‖ p3b_093.007 3. Und wenn ich einstens zur Ruhe p3b_093.008 gehe, │ so schließe du mir die Augen p3b_093.009 zu. │ Dann, gute Nacht, mein geliebtes p3b_093.010 Kind. │ Gott im Himmel wird über p3b_093.011 dich wachen. │ Bleib ihm lebenslang p3b_093.012 getreu, │ wenn auch dein Lebensschifflein p3b_093.013 vom Sturm bedroht sein wird. │ p3b_093.014 Nimmt dich dann dein Schöpfer von p3b_093.015 dieser Welt, │ so werde ich dich dort p3b_093.016 wiedersehen. ‖ p3b_093.101 Bei des Abends Dämmerlicht p3b_093.102 Schlafe, Kindchen, rühr' dich nicht; p3b_093.103 Träume von den Engeln fein, p3b_093.104 Bist ja selbst ein Engel klein. p3b_093.105 Wenn am Morgen Thränen tauen, p3b_093.106 Schlage auf den süßen Blick, p3b_093.107 Daß die Äuglein wieder schauen p3b_093.108 Deiner Mutter stilles Glück. p3b_093.109 Wenn ich einstens geh' zur Ruh', p3b_093.110 Schließe mir die Augen zu. p3b_093.111 Dann, mein Kindchen, gute Nacht! p3b_093.112 Der dort oben für dich wacht. p3b_093.113 Folg' ihm treu durchs ganze Leben, p3b_093.114 Ob auch Stürme dich umwehn. p3b_093.115 Nimmt er einst, was er gegeben, p3b_093.116 Werd' ich dort dich wiedersehn. p3b_093.117 Aufgabe 2. Sechszeilige Strophen. Reimschema: a a b c c b. p3b_093.118 Gereimte trochäische Viertakter. Die a= und c=Zeilen sind akatalektisch, p3b_093.119 die b=Zeilen katalektisch. p3b_093.120 Jn zarter Frauenhand. p3b_093.121 Stoff. p3b_093.122 1. Seine heimatlosen Lieder │ legt p3b_093.123 der wandernde Dichter │ gern in die p3b_093.124 Hand der Frauen. │ Muß er auch p3b_093.125 ruhelos kämpfen, │ so weiß er doch gut p3b_093.126 aufgehoben, │ was sein Herz durchzog. p3b_093.127 ‖ 2. Wenn zarte Frauenhände │ p3b_093.128 sein Buch durchblättern, │ knüpfen sie p3b_093.129 mit ihm ein luftiges Band, │ und er p3b_093.130 hat das Gefühl, │ als ob zarte Frauenhände p3b_093.131 │ segnend auf sein müdes Haupt p3b_093.132 sich legten. ‖ p3b_093.101 Lösung. Von Albert Träger. p3b_093.102 Seine heimatlosen Lieder p3b_093.103 Legt der flücht'ge Dichter nieder p3b_093.104 Gern in zarte Frauenhand; p3b_093.105 Bleibt auch er dem Kampf verkettet, p3b_093.106 Ruht doch sanft und weich gebettet, p3b_093.107 Was sein tiefstes Herz empfand. p3b_093.108 Wenn durch seines Buches Seiten p3b_093.109 Schlanke weiße Finger gleiten, p3b_093.110 Knüpfen sie ein luftig Band; p3b_093.111 Und er fühlt mit Trost und Segen p3b_093.112 Auf sein müdes Haupt sich legen p3b_093.113 Eine zarte Frauenhand. p3b_093.114 Aufgabe 3. Vierzeilige Strophen. Trochäische Fünftakter. p3b_093.115 Männliche und weibliche Reimpaare. p3b_093.116 Wandel der Sehnsucht. p3b_093.117 Stoff. p3b_093.118 1. Die Fahrt schien mir allzu p3b_093.119 lang; │ ich sehnte mich │ aus der weiten p3b_093.120 Meereswüste │ nach der lieben p3b_093.121 Heimat zurück. ‖ 2. Endlich erschien p3b_093.101 Lösung. Von N. Lenau. p3b_093.102 Wie doch dünkte mir die Fahrt so lang, p3b_093.103 O wie sehnt' ich mich zurück so bang. p3b_093.104 Aus der weiten, fremden Meereswüste p3b_093.105 Nach der lieben, fernen Heimatküste.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/119>, abgerufen am 22.11.2024.