Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_092.001 Trochäischer Rhythmus. p3b_092.002 § 32. Bildung trochäischer Reimstrophen. p3b_092.003 p3b_092.007 p3b_092.011 p3b_092.014 p3b_092.016 p3b_092.020 p3b_092.024 p3b_092.027 Wiegenlied. p3b_092.032[Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_092.033 Schlaf, o schlaf, mein Kindelein, p3b_092.104 [Ende Spaltensatz]
Jn der Liebe Frieden ein! p3b_092.105 Ruhe sanft die ganze Nacht, p3b_092.106 Deiner Mutter Auge wacht. p3b_092.107 Blumen streu' ich auf dich nieder, p3b_092.108 Auf dein Lager sanft herab. p3b_092.109 Streut mein Kindlein einstens wieder p3b_092.110 Blumen auf der Mutter Grab? p3b_092.001 Trochäischer Rhythmus. p3b_092.002 § 32. Bildung trochäischer Reimstrophen. p3b_092.003 p3b_092.007 p3b_092.011 p3b_092.014 p3b_092.016 p3b_092.020 p3b_092.024 p3b_092.027 Wiegenlied. p3b_092.032[Beginn Spaltensatz] Stoff. p3b_092.033 Schlaf, o schlaf, mein Kindelein, p3b_092.104 [Ende Spaltensatz]
Jn der Liebe Frieden ein! p3b_092.105 Ruhe sanft die ganze Nacht, p3b_092.106 Deiner Mutter Auge wacht. p3b_092.107 Blumen streu' ich auf dich nieder, p3b_092.108 Auf dein Lager sanft herab. p3b_092.109 Streut mein Kindlein einstens wieder p3b_092.110 Blumen auf der Mutter Grab? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0118" n="92"/> <lb n="p3b_092.001"/> <p> <hi rendition="#c">Trochäischer Rhythmus.</hi> </p> </div> <div n="2"> <lb n="p3b_092.002"/> <head> <hi rendition="#c">§ 32. Bildung trochäischer Reimstrophen.</hi> </head> <p><lb n="p3b_092.003"/> 1. Man läßt sich durch den trochäischen Grundcharakter unserer <lb n="p3b_092.004"/> Sprache häufig verleiten, nur trochäische Satztakte aneinander zu reihen, <lb n="p3b_092.005"/> wodurch ein Überschuß an Diäresen entsteht und das Gedicht monotonen, <lb n="p3b_092.006"/> leierartigen Charakter erhält.</p> <p><lb n="p3b_092.007"/> Es ist daher bei Bildung trochäischer Verse und Strophen erstes <lb n="p3b_092.008"/> Erfordernis, Satztakt und Verstakt nicht allzuoft zusammenfallen zu <lb n="p3b_092.009"/> lassen und die durch Übergreifung der Satztakte entstehende schmückende <lb n="p3b_092.010"/> Cäsur nicht zu vernachlässigen.</p> <p><lb n="p3b_092.011"/> 2. Es ist von allzu häufiger Verwendung des trochäischen Maßes <lb n="p3b_092.012"/> abzuraten (vgl. <hi rendition="#aq">I</hi>, 262). Am meisten eignen sich zur dichterischen Verwertung <lb n="p3b_092.013"/> der trochäische Viertakter, der Fünftakter und der Achttakter.</p> <p><lb n="p3b_092.014"/> 3. Bei den Kompositionen im trochäischen <hi rendition="#g">Viertakter</hi> empfiehlt <lb n="p3b_092.015"/> sich eine schmückende Diärese am Ende des 2. Takts.</p> <p><lb n="p3b_092.016"/> 4. Um beim trochäischen <hi rendition="#g">Fünftakter</hi> die Verstakte zu überbrücken, <lb n="p3b_092.017"/> kann hie und da ein amphibrachisches Wort (⏑ – ⏑), also ein <lb n="p3b_092.018"/> Wort mit Vorsilbe eingefügt werden (z. B. Gerede, Vertrauen, Beschwerde).</p> <lb n="p3b_092.019"/> <p><lb n="p3b_092.020"/> 5. Beim trochäischen <hi rendition="#g">Achttakter</hi> ist darauf zu halten, daß die <lb n="p3b_092.021"/> erste Vershälfte nicht katalektisch abschließt, weil dadurch eine Pause <lb n="p3b_092.022"/> entstehen würde, welche gleich einer Jncision die Verszeile in 2 Teile <lb n="p3b_092.023"/> trennen müßte, die ganz gut in 2 Zeilen geschrieben werden könnten.</p> <p><lb n="p3b_092.024"/> 6. Gesetz ist es, daß im trochäischen Achttakter am Ende des <lb n="p3b_092.025"/> 4. Taktes eine stehende Diärese sich befinde, die besonders Marbach <lb n="p3b_092.026"/> in „Äschylos' Tragödien“ (1883 S. 73) treffend beachtet.</p> <p><lb n="p3b_092.027"/><hi rendition="#g">Aufgabe</hi> 1. <hi rendition="#g">Achtzeilige Strophen. Reimschema:</hi> <hi rendition="#aq">a a b b c d c d</hi>. <lb n="p3b_092.028"/> <hi rendition="#g">Trochäische Viertakter. Die</hi> <hi rendition="#aq">a=, b</hi>= <hi rendition="#g">und</hi> <hi rendition="#aq">d</hi>=<hi rendition="#g">Zeilen sollen katalektisch</hi> <lb n="p3b_092.029"/> (– ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ –) <hi rendition="#g">sein, die</hi> <hi rendition="#aq">c</hi>=<hi rendition="#g">Zeilen dagegen akatalektisch</hi> <lb n="p3b_092.030"/> (– ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑).</p> <lb n="p3b_092.031"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Wiegenlied.</hi> </hi> </p> <lb n="p3b_092.032"/> <cb type="start"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Stoff.</hi> </hi> </p> <p><lb n="p3b_092.033"/> 1. Schlafe ein, mein Kindelein │ <lb n="p3b_092.034"/> im Frieden der Liebe! │ Ruhe sanft, │ <lb n="p3b_092.035"/> das Auge deiner Mutter hält Wache. │ <lb n="p3b_092.036"/> Jch streue Blumen auf dich │ und auf <lb n="p3b_092.037"/> dein Lager. │ Wirst du dereinst zum <lb n="p3b_092.038"/> Lohne │ Blumen auf das Grab deiner <lb n="p3b_092.039"/> Mutter pflanzen? ‖ 2. Schlafe beim <lb n="p3b_092.040"/> Dämmerlicht des Abends, │ schlafe fest,<cb/> <lb n="p3b_092.101"/> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Lösung. Von Herzog Ernst</hi><hi rendition="#aq">II</hi>. <lb n="p3b_092.102"/><hi rendition="#g">zu Sachsen-Koburg.</hi></hi> <lb n="p3b_092.103"/> <lg><l>Schlaf, o schlaf, mein Kindelein,</l><lb n="p3b_092.104"/><l>Jn der Liebe Frieden ein!</l><lb n="p3b_092.105"/><l>Ruhe sanft die ganze Nacht,</l><lb n="p3b_092.106"/><l>Deiner Mutter Auge wacht.</l><lb n="p3b_092.107"/><l>Blumen streu' ich auf dich nieder,</l><lb n="p3b_092.108"/><l>Auf dein Lager sanft herab.</l><lb n="p3b_092.109"/><l>Streut mein Kindlein einstens wieder</l><lb n="p3b_092.110"/><l>Blumen auf der Mutter Grab?</l></lg><cb type="end"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0118]
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Trochäischer Rhythmus.
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§ 32. Bildung trochäischer Reimstrophen. p3b_092.003
1. Man läßt sich durch den trochäischen Grundcharakter unserer p3b_092.004
Sprache häufig verleiten, nur trochäische Satztakte aneinander zu reihen, p3b_092.005
wodurch ein Überschuß an Diäresen entsteht und das Gedicht monotonen, p3b_092.006
leierartigen Charakter erhält.
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Es ist daher bei Bildung trochäischer Verse und Strophen erstes p3b_092.008
Erfordernis, Satztakt und Verstakt nicht allzuoft zusammenfallen zu p3b_092.009
lassen und die durch Übergreifung der Satztakte entstehende schmückende p3b_092.010
Cäsur nicht zu vernachlässigen.
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2. Es ist von allzu häufiger Verwendung des trochäischen Maßes p3b_092.012
abzuraten (vgl. I, 262). Am meisten eignen sich zur dichterischen Verwertung p3b_092.013
der trochäische Viertakter, der Fünftakter und der Achttakter.
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3. Bei den Kompositionen im trochäischen Viertakter empfiehlt p3b_092.015
sich eine schmückende Diärese am Ende des 2. Takts.
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4. Um beim trochäischen Fünftakter die Verstakte zu überbrücken, p3b_092.017
kann hie und da ein amphibrachisches Wort (⏑ – ⏑), also ein p3b_092.018
Wort mit Vorsilbe eingefügt werden (z. B. Gerede, Vertrauen, Beschwerde).
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5. Beim trochäischen Achttakter ist darauf zu halten, daß die p3b_092.021
erste Vershälfte nicht katalektisch abschließt, weil dadurch eine Pause p3b_092.022
entstehen würde, welche gleich einer Jncision die Verszeile in 2 Teile p3b_092.023
trennen müßte, die ganz gut in 2 Zeilen geschrieben werden könnten.
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6. Gesetz ist es, daß im trochäischen Achttakter am Ende des p3b_092.025
4. Taktes eine stehende Diärese sich befinde, die besonders Marbach p3b_092.026
in „Äschylos' Tragödien“ (1883 S. 73) treffend beachtet.
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Aufgabe 1. Achtzeilige Strophen. Reimschema: a a b b c d c d. p3b_092.028
Trochäische Viertakter. Die a=, b= und d=Zeilen sollen katalektisch p3b_092.029
(– ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ –) sein, die c=Zeilen dagegen akatalektisch p3b_092.030
(– ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑).
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Wiegenlied.
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Stoff.
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1. Schlafe ein, mein Kindelein │ p3b_092.034
im Frieden der Liebe! │ Ruhe sanft, │ p3b_092.035
das Auge deiner Mutter hält Wache. │ p3b_092.036
Jch streue Blumen auf dich │ und auf p3b_092.037
dein Lager. │ Wirst du dereinst zum p3b_092.038
Lohne │ Blumen auf das Grab deiner p3b_092.039
Mutter pflanzen? ‖ 2. Schlafe beim p3b_092.040
Dämmerlicht des Abends, │ schlafe fest,
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Lösung. Von Herzog Ernst II. p3b_092.102
zu Sachsen-Koburg. p3b_092.103
Schlaf, o schlaf, mein Kindelein, p3b_092.104
Jn der Liebe Frieden ein! p3b_092.105
Ruhe sanft die ganze Nacht, p3b_092.106
Deiner Mutter Auge wacht. p3b_092.107
Blumen streu' ich auf dich nieder, p3b_092.108
Auf dein Lager sanft herab. p3b_092.109
Streut mein Kindlein einstens wieder p3b_092.110
Blumen auf der Mutter Grab?
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