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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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sowie seine neue metrische Form (Bd. I S. 311 und II §. 156). p2b_472.002
(Man studiere Nathan!)

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Nun folgten Schiller und Goethe, von denen mindestens Die Räuber, p2b_472.004
Tell, und Jphigenie eine interessevolle Vertiefung verlangen können.

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1. Die Räuber, von Schiller.

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Schiller liefert in diesem Werk kraftvollen, wenn auch in mancher Hinsicht p2b_472.007
unreifen Talents ein Drama voll wilder Leidenschaft und übertriebener, fast p2b_472.008
unnatürlicher Charaktere. Jm Charakter des Räubers Moor spiegelt er seinen p2b_472.009
glühenden Freiheitsdrang und die Unzufriedenheit der Zeit mit dem Bestehenden. p2b_472.010
Die Sprache ist kühn, aber doch nicht allenthalben edel.

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verleumdet seinen gutmütigen, etwas leichtsinnigen Bruder Karl so sehr, p2b_472.013
daß der Vater denselben verstößt und verflucht. Karl wird darauf Räuberhauptmann. p2b_472.014
Franz nimmt das väterliche Erbe in Besitz und hält den alten, p2b_472.015
aus Gram hinsiechenden Vater in einem Turm gefangen. Endlich sucht er p2b_472.016
auch seines Bruders Braut, Amalia, zu gewinnen. Karl naht mit seinen p2b_472.017
Räubern als Rächer, befreit seinen alten Vater und erschießt seine Braut. Franz p2b_472.018
tötet sich aus Furcht. Karl liefert sich den Gerichten aus. "So nimmt," p2b_472.019
um mit Schiller in der Vorrede zu sprechen, "das Laster den Ausgang, p2b_472.020
der seiner würdig ist. Der Verirrte tritt wieder in die Geleise der p2b_472.021
Gesetze. Die Tugend geht siegend davon.
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2. Wilhelm Tell, von Schiller.

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Dieses Schauspiel, episch in der Anlage, zwiespältig in der Ausführung, p2b_472.024
ist voller Handlung und Leben. Es behandelt die Befreiung der Schweiz vom p2b_472.025
österreichischen Drucke durch Tell. Die Erhebung des ganzen Volkes geht ergänzend p2b_472.026
neben Tells That her. Das Stück atmet Freiheitsbegeisterung und p2b_472.027
besonnene Vaterlandsliebe. Es ist Schillers letztes und beliebtestes Schauspiel. p2b_472.028
Die Eidgenossen und Tell stehen in keinem innern Zusammenhang. Auch resultiert p2b_472.029
zu wenig aus der an sich wunderbar schönen, eigentlich überflüssigen Rütliscene.

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3. Jphigenie auf Tauris, von Goethe.

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Dieses vollendet schöne, nach griechischem Muster (Euripides) gedichtete Drama, p2b_472.032
das viel mit dem dramatischen Gedicht gemein hat, ist ein Werk von hoher p2b_472.033
Bedeutung, das zuweilen überschätzt wurde. Jmmerhin vereinigt es altklassische p2b_472.034
Gediegenheit mit deutscher Tiefe und ist reich an edlen, herrlichen Gedanken.

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auf Tauris, führt das barbarische Scythenvolk und den grausamen p2b_472.037
König Thoas zur Sitte durch ihre wunderbare Hoheit. Sie beruhigt und tröstet p2b_472.038
ihren von den Furien verfolgten Bruder Orestes. Dann bittet sie Thoas, die p2b_472.039
Fremdlinge zu schonen, sie selbst aber mit ihrem wiedergefundenen Bruder und p2b_472.040
dessen Freund Pylades in die Heimat zurückkehren zu lassen. Der Scythenkönig p2b_472.041
entläßt die hehre Freundin mit einem ernsten Lebewohl &c. -

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Himmel (I 54). Jm Gegensatz zu diesen Meistern ließen viele deutsche p2b_472.044
Dramatiker das höhere Drama ungepflegt und wandten sich dafür dem Ritterschauspiele

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/494>, abgerufen am 22.11.2024.