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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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theatralischen Dramen nötig sei. (Es hat z. B. Shakespeare in Richard III. p2b_416.002
das Laster durchaus poetisch eingeführt; Richard III. begeht eine Schandthat p2b_416.003
nach der andern.) Die Befriedigung des sittlichen Gefühls der Jugend liegt p2b_416.004
darin, daß jede schlechte That ihre Strafe insofern in sich birgt, als sie als p2b_416.005
Folge der vorhergehenden erkannt wird, sowie daß die Strafe den Verbrecher p2b_416.006
ereilt und der Satz illustriert wird: "Alle Schuld rächt sich auf Erden." Bei p2b_416.007
Goethes "Mitschuldigen", wo eine ganze Familie, Vater, Tochter, Gatte, Liebhaber p2b_416.008
sich gegenseitig auf den nächtlichen Schleichwegen des Lasters treffen, p2b_416.009
findet sich keine Sühne der verletzten Sittlichkeit. Der Dichter verurteilt selbst p2b_416.010
die Einführung des Lasters in seinen "Mitschuldigen". Das heitere, burleske p2b_416.011
Wesen erscheint auf dem düstern Familiengrunde als von etwas Bänglichem p2b_416.012
begleitet, so daß es bei der Vorstellung im Ganzen ängstigt, wenn es im Einzelnen p2b_416.013
ergetzt. Die widergesetzlichen Handlungen verletzen das ästhetische und p2b_416.014
moralische Gefühl, und deswegen konnte das Stück auf dem deutschen Theater p2b_416.015
keinen Eingang finden.

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Analysen und Proben aus dramatischen Gedichten.

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1. Kaiser Heinrich IV. von Fr. Rückert. (1. und 2. Teil.)

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1. Teil. Der Kaiser Heinrich IV. geht nach Canossa, um sich vom p2b_416.019
Bann lösen zu lassen. Die lombardischen Edlen empfangen ihn an der Grenze p2b_416.020
und erbieten sich, ein Heer gegen den Papst zu werben. Heinrich zeigt sich p2b_416.021
unmännlich und von religiösen Vorurteilen eingenommen. Er ist unselbständig p2b_416.022
und besonders kurzsichtig gegen die Schlauheit des Papstes, als dieser für p2b_416.023
ein Gottesurteil die halbe Hostie ißt und ihm die andere Hälfte reicht. (Leider p2b_416.024
versäumt Rückert in der Canossascene den erhabensten Principienstreit des Mittelalters p2b_416.025
darzustellen, er legte die ganze Scene nur einem Erzähler in den Mund &c.) p2b_416.026
Rudolf wird Gegenkaiser. Der Papst lehnt es ab, Rudolf in den Bann zu p2b_416.027
thun. Da sammelt sich bei Regensburg ein Heer zum Beistand für Heinrich. p2b_416.028
Mainz erhebt sich. Der Kampf beginnt. Heinrich ist siegreich und zieht nun p2b_416.029
nach Rom, um sich dort die Kaiserkrone aufsetzen zu lassen. Mit den begeisterten p2b_416.030
Rufen: "Hoch Deutschland, hoch, wir siegen" werden die Mauern erstiegen. p2b_416.031
Heinrich hält siegreichen Einzug in Rom, während der Papst entflieht. Erzbischof p2b_416.032
Wipert, den Heinrich als Clemens III. einsetzt, empfängt den festlich p2b_416.033
einziehenden Kaiser und seine Gemahlin Bertha vor dem Hauptaltar der Peterskirche p2b_416.034
und setzt ihnen die Kaiserkrone auf. -

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Jm 2. Teil zeigt uns der Dichter zunächst Heinrichs Toleranz im Gegensatz p2b_416.036
zur Jntoleranz des Papstes. Heinrich verweist dem Bischof Werner das p2b_416.037
Ansinnen, Rudolfs Grabdenkmal umzustoßen und die Asche in den Fluß zu p2b_416.038
streuen. Er verzeiht dem Grafen von Luxemburg und den Herzogen von p2b_416.039
Bayern. Einzelne Scenen schildern einbrechende Prüfungen. Heinrichs Gemahlin p2b_416.040
stirbt, als er eben nach Jtalien ziehen muß. Der Abfall seines Sohnes p2b_416.041
Konrad wird gemeldet. Papst Urban tritt aus seiner Passivität heraus und macht p2b_416.042
sich populär durch seinen Aufruf zum Kreuzzug. Auch Heinrich V., vom Vater

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das Laster durchaus poetisch eingeführt; Richard III. begeht eine Schandthat p2b_416.003
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Analysen und Proben aus dramatischen Gedichten.

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1. Kaiser Heinrich IV. von Fr. Rückert. (1. und 2. Teil.)

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1. Teil. Der Kaiser Heinrich IV. geht nach Canossa, um sich vom p2b_416.019
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/438>, abgerufen am 22.11.2024.