Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_405.001 a. Der Monolog ein selbständiges Gedicht. p2b_405.003 b. Monolog aus einem Drama. p2b_405.006Aus Macbeth von Shakespeare. (1. Aufzug 7. [letzte] Scene.) p2b_405.007Macbeth: - - Wär's abgethan, so wie's gethan ist, dann wär's gut, p2b_405.008 Man thät' es eilig. - Wenn der Meuchelmord p2b_405.009 Aussperren könnt' aus seinem Netz die Folgen, p2b_405.010 Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge: p2b_405.011 Daß mit dem Stoß, einmal für immer, alles p2b_405.012 Sich abgeschlossen hätte; - hier, nur hier, - p2b_405.013 Auf dieser Schülerbank der Gegenwart, - p2b_405.014 So setzt' ich weg mich über's künft'ge Leben - p2b_405.015 Doch immer wird bei solcher That uns schon p2b_405.016 Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben p2b_405.017 Den blut'gen Unterricht, er, kaum gelernt, p2b_405.018 Zurück schlägt, zu bestrafen den Erfinder: p2b_405.019 Dies Recht, mit unabweislich fester Hand, p2b_405.020 Setzt unsern selbstgemischten, gift'gen Kelch p2b_405.021 An unsre eignen Lippen. - p2b_405.022 Er kommt hieher, zwiefach geschirmt: - Zuerst p2b_405.023 Weil ich sein Vetter bin und Unterthan, p2b_405.024 Beides hemmt stark die That; dann, ich - sein Wirt, p2b_405.025 Der gegen seinen Mörder schließen müßte p2b_405.026 Das Thor, nicht selbst das Messer führen. - p2b_405.027 Dann hat auch dieser Duncan seine Würde p2b_405.028 So mild getragen, blieb im großen Amt p2b_405.029 So rein, daß seine Tugenden, wie Engel p2b_405.030 Posaunenzüngig, werden Rache schrein p2b_405.031 Dem tiefen Höllengreuel seines Untergehens: p2b_405.032 Und Mitleid, wie ein nacktes neugebornes Kind, p2b_405.033 Auf Windstoß reitend, oder Himmels Cherubim p2b_405.034 Zu Ross', auf unsichtbaren, luft'gen Rennern, p2b_405.035 Blasen die Schreckensthat in jedes Auge, p2b_405.036 Bis Thränenflut den Wind ertränkt. - p2b_405.037 p2b_405.042Jch habe keinen Stachel, p2b_405.038 Die Saiten meines Wollens anzuspornen, p2b_405.039 Als einzig Ehrgeiz, der, zum Aufschwung eilend, p2b_405.040 Sich überspringt und jenseits niederfällt: - p2b_405.041 (Lady Macbeth tritt auf.) c. Monolog aus dem Epos Rostem und Suhrab von Rückert. p2b_405.043(Ges. Ausg. XII. 158.) p2b_405.044 "Wenn sie nur unversehrt vom Abenteuer kehrt, p2b_405.047
So sei nichts auf der Welt dem Töchterchen verwehrt; p2b_405.048 Nur solch ein zweiter Ritt sei nicht von ihr begehrt! p2b_405.049 Doch weniger mit ihr zürn' ich als auf Hedschir; p2b_405.001 a. Der Monolog ein selbständiges Gedicht. p2b_405.003 b. Monolog aus einem Drama. p2b_405.006Aus Macbeth von Shakespeare. (1. Aufzug 7. [letzte] Scene.) p2b_405.007Macbeth: ─ ─ Wär's abgethan, so wie's gethan ist, dann wär's gut, p2b_405.008 Man thät' es eilig. ─ Wenn der Meuchelmord p2b_405.009 Aussperren könnt' aus seinem Netz die Folgen, p2b_405.010 Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge: p2b_405.011 Daß mit dem Stoß, einmal für immer, alles p2b_405.012 Sich abgeschlossen hätte; ─ hier, nur hier, ─ p2b_405.013 Auf dieser Schülerbank der Gegenwart, ─ p2b_405.014 So setzt' ich weg mich über's künft'ge Leben ─ p2b_405.015 Doch immer wird bei solcher That uns schon p2b_405.016 Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben p2b_405.017 Den blut'gen Unterricht, er, kaum gelernt, p2b_405.018 Zurück schlägt, zu bestrafen den Erfinder: p2b_405.019 Dies Recht, mit unabweislich fester Hand, p2b_405.020 Setzt unsern selbstgemischten, gift'gen Kelch p2b_405.021 An unsre eignen Lippen. ─ p2b_405.022 Er kommt hieher, zwiefach geschirmt: ─ Zuerst p2b_405.023 Weil ich sein Vetter bin und Unterthan, p2b_405.024 Beides hemmt stark die That; dann, ich ─ sein Wirt, p2b_405.025 Der gegen seinen Mörder schließen müßte p2b_405.026 Das Thor, nicht selbst das Messer führen. ─ p2b_405.027 Dann hat auch dieser Duncan seine Würde p2b_405.028 So mild getragen, blieb im großen Amt p2b_405.029 So rein, daß seine Tugenden, wie Engel p2b_405.030 Posaunenzüngig, werden Rache schrein p2b_405.031 Dem tiefen Höllengreuel seines Untergehens: p2b_405.032 Und Mitleid, wie ein nacktes neugebornes Kind, p2b_405.033 Auf Windstoß reitend, oder Himmels Cherubim p2b_405.034 Zu Ross', auf unsichtbaren, luft'gen Rennern, p2b_405.035 Blasen die Schreckensthat in jedes Auge, p2b_405.036 Bis Thränenflut den Wind ertränkt. ─ p2b_405.037 p2b_405.042Jch habe keinen Stachel, p2b_405.038 Die Saiten meines Wollens anzuspornen, p2b_405.039 Als einzig Ehrgeiz, der, zum Aufschwung eilend, p2b_405.040 Sich überspringt und jenseits niederfällt: ─ p2b_405.041 (Lady Macbeth tritt auf.) c. Monolog aus dem Epos Rostem und Suhrab von Rückert. p2b_405.043(Ges. Ausg. XII. 158.) p2b_405.044 „Wenn sie nur unversehrt vom Abenteuer kehrt, p2b_405.047
So sei nichts auf der Welt dem Töchterchen verwehrt; p2b_405.048 Nur solch ein zweiter Ritt sei nicht von ihr begehrt! p2b_405.049 Doch weniger mit ihr zürn' ich als auf Hedschir; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0427" n="405"/> <p> <lb n="p2b_405.001"/> <hi rendition="#g">Beispiele der Monologe.</hi> </p> <lb n="p2b_405.002"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">a</hi>. <hi rendition="#g">Der Monolog ein selbständiges Gedicht.</hi></hi> </p> <p><lb n="p2b_405.003"/> Beispiel: Die Verlassene von Geibel S. 3 d. Bds. Weiteres Beispiel: <lb n="p2b_405.004"/> Serenade von Friedr. Halm.</p> <lb n="p2b_405.005"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">b</hi>. <hi rendition="#g">Monolog aus einem Drama.</hi></hi> </p> <lb n="p2b_405.006"/> <p> <hi rendition="#c">Aus <hi rendition="#g">Macbeth von Shakespeare.</hi> (1. Aufzug 7. [letzte] Scene.)</hi> </p> <lb n="p2b_405.007"/> <p rendition="#left"> <hi rendition="#g">Macbeth:</hi> </p> <lg> <l> ─ ─ Wär's abgethan, so wie's gethan ist, dann wär's gut,</l> <lb n="p2b_405.008"/> <l>Man thät' es eilig. ─ Wenn der Meuchelmord</l> <lb n="p2b_405.009"/> <l>Aussperren könnt' aus seinem Netz die Folgen,</l> <lb n="p2b_405.010"/> <l>Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge:</l> <lb n="p2b_405.011"/> <l>Daß mit <hi rendition="#g">dem</hi> Stoß, einmal für immer, alles</l> <lb n="p2b_405.012"/> <l>Sich abgeschlossen hätte; ─ hier, nur hier, ─</l> <lb n="p2b_405.013"/> <l>Auf dieser Schülerbank der Gegenwart, ─</l> <lb n="p2b_405.014"/> <l>So setzt' ich weg mich über's künft'ge Leben ─ </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_405.015"/> <l> Doch immer wird bei solcher That uns schon</l> <lb n="p2b_405.016"/> <l>Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben</l> <lb n="p2b_405.017"/> <l>Den blut'gen Unterricht, er, kaum gelernt,</l> <lb n="p2b_405.018"/> <l>Zurück schlägt, zu bestrafen den Erfinder:</l> <lb n="p2b_405.019"/> <l>Dies Recht, mit unabweislich fester Hand,</l> <lb n="p2b_405.020"/> <l>Setzt unsern selbstgemischten, gift'gen Kelch</l> <lb n="p2b_405.021"/> <l>An unsre eignen Lippen. ─ </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_405.022"/> <l> Er kommt hieher, zwiefach geschirmt: ─ Zuerst</l> <lb n="p2b_405.023"/> <l>Weil ich sein Vetter bin und Unterthan,</l> <lb n="p2b_405.024"/> <l>Beides hemmt stark die That; dann, ich ─ sein Wirt,</l> <lb n="p2b_405.025"/> <l>Der gegen seinen Mörder schließen müßte</l> <lb n="p2b_405.026"/> <l>Das Thor, nicht selbst das Messer führen. ─ </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_405.027"/> <l> Dann hat auch dieser Duncan seine Würde</l> <lb n="p2b_405.028"/> <l>So mild getragen, blieb im großen Amt</l> <lb n="p2b_405.029"/> <l>So rein, daß seine Tugenden, wie Engel</l> <lb n="p2b_405.030"/> <l>Posaunenzüngig, werden Rache schrein</l> <lb n="p2b_405.031"/> <l>Dem tiefen Höllengreuel seines Untergehens:</l> <lb n="p2b_405.032"/> <l>Und Mitleid, wie ein nacktes neugebornes Kind,</l> <lb n="p2b_405.033"/> <l>Auf Windstoß reitend, oder Himmels Cherubim</l> <lb n="p2b_405.034"/> <l>Zu Ross', auf unsichtbaren, luft'gen Rennern,</l> <lb n="p2b_405.035"/> <l>Blasen die Schreckensthat in jedes Auge,</l> <lb n="p2b_405.036"/> <l>Bis Thränenflut den Wind ertränkt. ─ </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_405.037"/> <l> Jch habe keinen Stachel,</l> <lb n="p2b_405.038"/> <l>Die Saiten meines Wollens anzuspornen,</l> <lb n="p2b_405.039"/> <l>Als einzig Ehrgeiz, der, zum Aufschwung eilend,</l> <lb n="p2b_405.040"/> <l>Sich überspringt und jenseits niederfällt: ─</l> <lb n="p2b_405.041"/> <l> <hi rendition="#right">(Lady Macbeth tritt auf.)</hi> </l> </lg> <lb n="p2b_405.042"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Monolog aus dem Epos Rostem und Suhrab von Rückert.</hi></hi> </p> <lb n="p2b_405.043"/> <p> <hi rendition="#c">(Ges. Ausg. <hi rendition="#aq">XII</hi>. 158.)</hi> </p> <p><lb n="p2b_405.044"/> (Gesdehem schilt im Selbstgespräch über seine Tochter, welche Suhrab entgegen <lb n="p2b_405.045"/> gezogen ist:)</p> <lb n="p2b_405.046"/> <lg> <l> „Wenn sie nur unversehrt vom Abenteuer kehrt,</l> <lb n="p2b_405.047"/> <l>So sei nichts auf der Welt dem Töchterchen verwehrt;</l> <lb n="p2b_405.048"/> <l>Nur solch ein zweiter Ritt sei nicht von ihr begehrt!</l> <lb n="p2b_405.049"/> <l> Doch weniger mit ihr zürn' ich als auf Hedschir;</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [405/0427]
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Beispiele der Monologe.
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a. Der Monolog ein selbständiges Gedicht.
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Beispiel: Die Verlassene von Geibel S. 3 d. Bds. Weiteres Beispiel: p2b_405.004
Serenade von Friedr. Halm.
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b. Monolog aus einem Drama.
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Aus Macbeth von Shakespeare. (1. Aufzug 7. [letzte] Scene.)
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Macbeth:
─ ─ Wär's abgethan, so wie's gethan ist, dann wär's gut, p2b_405.008
Man thät' es eilig. ─ Wenn der Meuchelmord p2b_405.009
Aussperren könnt' aus seinem Netz die Folgen, p2b_405.010
Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge: p2b_405.011
Daß mit dem Stoß, einmal für immer, alles p2b_405.012
Sich abgeschlossen hätte; ─ hier, nur hier, ─ p2b_405.013
Auf dieser Schülerbank der Gegenwart, ─ p2b_405.014
So setzt' ich weg mich über's künft'ge Leben ─
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Doch immer wird bei solcher That uns schon p2b_405.016
Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben p2b_405.017
Den blut'gen Unterricht, er, kaum gelernt, p2b_405.018
Zurück schlägt, zu bestrafen den Erfinder: p2b_405.019
Dies Recht, mit unabweislich fester Hand, p2b_405.020
Setzt unsern selbstgemischten, gift'gen Kelch p2b_405.021
An unsre eignen Lippen. ─
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Er kommt hieher, zwiefach geschirmt: ─ Zuerst p2b_405.023
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Beides hemmt stark die That; dann, ich ─ sein Wirt, p2b_405.025
Der gegen seinen Mörder schließen müßte p2b_405.026
Das Thor, nicht selbst das Messer führen. ─
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Dann hat auch dieser Duncan seine Würde p2b_405.028
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So rein, daß seine Tugenden, wie Engel p2b_405.030
Posaunenzüngig, werden Rache schrein p2b_405.031
Dem tiefen Höllengreuel seines Untergehens: p2b_405.032
Und Mitleid, wie ein nacktes neugebornes Kind, p2b_405.033
Auf Windstoß reitend, oder Himmels Cherubim p2b_405.034
Zu Ross', auf unsichtbaren, luft'gen Rennern, p2b_405.035
Blasen die Schreckensthat in jedes Auge, p2b_405.036
Bis Thränenflut den Wind ertränkt. ─
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Jch habe keinen Stachel, p2b_405.038
Die Saiten meines Wollens anzuspornen, p2b_405.039
Als einzig Ehrgeiz, der, zum Aufschwung eilend, p2b_405.040
Sich überspringt und jenseits niederfällt: ─ p2b_405.041
(Lady Macbeth tritt auf.)
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c. Monolog aus dem Epos Rostem und Suhrab von Rückert.
p2b_405.043
(Ges. Ausg. XII. 158.)
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(Gesdehem schilt im Selbstgespräch über seine Tochter, welche Suhrab entgegen p2b_405.045
gezogen ist:)
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„Wenn sie nur unversehrt vom Abenteuer kehrt, p2b_405.047
So sei nichts auf der Welt dem Töchterchen verwehrt; p2b_405.048
Nur solch ein zweiter Ritt sei nicht von ihr begehrt! p2b_405.049
Doch weniger mit ihr zürn' ich als auf Hedschir;
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/427>, abgerufen am 23.07.2024. |