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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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vorspiegelt, die Landessitte verbiete, den im Zweikampf zum erstenmal Besiegten, p2b_332.002
zu töten. Suhrab läßt sich bethören. Rostem nimmt alle Kraft zusammen und p2b_332.003
überwindet nun den Suhrab, dem er ohne Zaudern den Todesdolch in die p2b_332.004
vertrauensselige Heldenbrust stößt. Todeswund droht Suhrab, daß der Treulose p2b_332.005
dereinst den Lohn für seine Untreue erhalten werde und zwar von seinem Vater, p2b_332.006
dem unüberwindlichen Rostem, für den er eine goldene Spange auf der Brust p2b_332.007
trage. Von Schrecken und Entsetzen erfaßt, bog sich Rostem in zitternder p2b_332.008
Hast nieder:

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"Und zog der Spange Gold, besetzt mit den Rubinen p2b_332.010
Von Sohnes Blut hervor, selbst mit blutlosen Mienen p2b_332.011
Und rief: Suhrab, mein Sohn! Weh Rostem und Tehminen!"

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Eine erschütternde Scene folgt. Suhrab verzeiht dem Vater und tröstet ihn, p2b_332.013
und dieser, vom Schmerz überwältigt, sinkt zu Boden:

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"So lag er bei dem Sohn, selbst einem Toten gleich, p2b_332.015
Und bei ihm lag der Sohn, im Antlitz totesbleich, p2b_332.016
Jm Antlitz totesbleich, am Herzen toteswund, p2b_332.017
Mit Rosen seines Bluts blümend den grünen Grund. p2b_332.018
Noch floß das Blut, noch stand der Odem nicht, noch sah p2b_332.019
Und fühlt' er, sterbend freut' er sich dem Vater nah. p2b_332.020
Den Vater, ob ihm schon von ihm dies Leid geschah, p2b_332.021
Den er allein gesucht, den hatt' er doch gefunden, p2b_332.022
Und lag, wie er geträumt, von seinem Arm umwunden.

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So stirbt der Held! - Stumm und starren Blickes steht Rostem da, p2b_332.024
bis alle Ehrenbezeugungen für den gefallenen Helden und dessen Beisetzungsfeierlichkeiten p2b_332.025
vorüber sind. Dann schwingt er sich, vom Wahnsinn erfaßt, auf p2b_332.026
sein Schlachtroß, und fort irrt er in die Wüste, den Schmerz zu töten. Beim p2b_332.027
Abschied ruft er mit hohler Stimme, blassen Antlitzes:

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"Lebt alle wohl! Wenn man daheim von Rostem spricht p2b_332.029
Und fragt, wohin er kam? so sagt: Jhr wißt es nicht."

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So endet dieses großartige Epos, dessen reckenhafter Heroismus, dessen p2b_332.031
ruhige Schönheit, dessen Reichtum des Farbenwechsels, dessen Fluß der Darstellung, p2b_332.032
dessen Kühnheit der Charakterzeichnung Rückert zu einem der bedeutendsten p2b_332.033
Epiker seiner Zeit erhebt. (Vgl. I. S. 315.)

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III. Vergils Äneis.

Vergils Äneis, die man als eine Nachahmung p2b_332.035
der Odyssee bezeichnen muß, läßt die Römer von Äneas abstammen, p2b_332.036
und besingt in 12 Gesängen des Helden Jrrfahrten nach der p2b_332.037
Eroberung und dem Brand von Troja bis zu seiner Verheiratung mit p2b_332.038
Lavinia, der Tochter des Königs Latinus.

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Eben durch diese Verbindung wird aber Äneas der Stammvater von p2b_332.040
Romulus und Remus. (Das in Hexametern geschriebene Epos ist von Voß p2b_332.041
u. a. in's Deutsche übersetzt. Schiller hat in seiner Übersetzung des 2. und p2b_332.042
4. Buchs der Äneide eine Vorarbeit zur Übersetzung des Dr. J. E. Nürnberger p2b_332.043
(2. Aufl. 1841) geliefert, welch letzterer die Schillersche Arbeit einverleibt p2b_332.044
wurde.)

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Eine Probe aus Vergils Äneis findet sich Bd. I. S. 553.

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„Und zog der Spange Gold, besetzt mit den Rubinen p2b_332.010
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Eine erschütternde Scene folgt. Suhrab verzeiht dem Vater und tröstet ihn, p2b_332.013
und dieser, vom Schmerz überwältigt, sinkt zu Boden:

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„Lebt alle wohl! Wenn man daheim von Rostem spricht p2b_332.029
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Eben durch diese Verbindung wird aber Äneas der Stammvater von p2b_332.040
Romulus und Remus. (Das in Hexametern geschriebene Epos ist von Voß p2b_332.041
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/354>, abgerufen am 25.11.2024.