Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_296.001 Vor auf seinem Adlerfluge, p2b_296.002 Kreuzte die Gewässer Finnlands p2b_296.003 Und durchstrich der Wiek und Wierlands p2b_296.004 Unwirtbare Meeresfluten, p2b_296.005 Bis sich sein Geschick erfüllte, p2b_296.006 Und nach Gottes weiser Fügung p2b_296.007 Jhn sein Aar am Felsenstrande p2b_296.008 Wierlands unsanft niedersetzte. p2b_296.009 Kaum in unser Land getragen, p2b_296.010 Maß er seines Reiches Grenzen p2b_296.011 Sorgsam aus in weitem Umfang p2b_296.012 Und erbaute sich den Wohnsitz, p2b_296.013 Wo die Zügel der Regierung p2b_296.014 Sich in kräft'ger Hand vereinten. p2b_296.015 Mehr berichten unsre Auen, p2b_296.016 Mehr auch unsre weiten Moore p2b_296.017 Nichts in alten Liedersagen p2b_296.018 Über Vater Kalew's Walten, p2b_296.019 Als den Anfang seiner Herrschaft. p2b_296.020 Wie er um die Braut geworben, p2b_296.021 Um als Weib sie heimzuführen, p2b_296.022 Davon singt nur eine Sage p2b_296.023 Aus den Estendörfern Pleskau's, p2b_296.024 Und wir geben, was wir hörten, p2b_296.025 Mit den überkommnen Worten. p2b_296.026 Jn der Wiek lebt' eine Witwe, p2b_296.027 Jugendlich, doch still und einsam, p2b_296.028 Wie ein unbewohntes Stübchen, p2b_296.029 Wie ein Hüttchen ohne Schirmdach. p2b_296.030 Auf der Viehtrift schritt sie Sonntags p2b_296.031 Und, wie es sich fügte, sonst auch p2b_296.032 Sorgsam selbst der Herde folgend. p2b_296.033 Und was fand sie einst am Wege, p2b_296.034 Auf der Trift in Rinderspuren, p2b_296.035 Auf dem Schaukelplatz des Dorfes? p2b_296.036 Fand das Küchlein an dem Wege, p2b_296.037 Fand das Birkhuhnei im Huftritt, p2b_296.038 Vor dem Dorf die junge Krähe. p2b_296.039 p2b_296.041Und die Witwe nahm das Küchlein p2b_296.040 Und verbarg das Ei im Busen &c. Schluß des Kalewipoeg. (S. 522.) p2b_296.042 Und man setzt' den Kalewiden p2b_296.043
Rittlings auf ein weißes Reitroß, p2b_296.044 Sandt' ihn auf geheimen Wegen p2b_296.045 Zu des Höllenreiches Grenzen, p2b_296.046 Um die Thore zu bewachen, p2b_296.047 Den Gehörnten zu bedräuen, p2b_296.048 Daß aus Banden und aus Fesseln p2b_296.049 Der Gesell nicht weichen möge. p2b_296.001 Vor auf seinem Adlerfluge, p2b_296.002 Kreuzte die Gewässer Finnlands p2b_296.003 Und durchstrich der Wiek und Wierlands p2b_296.004 Unwirtbare Meeresfluten, p2b_296.005 Bis sich sein Geschick erfüllte, p2b_296.006 Und nach Gottes weiser Fügung p2b_296.007 Jhn sein Aar am Felsenstrande p2b_296.008 Wierlands unsanft niedersetzte. p2b_296.009 Kaum in unser Land getragen, p2b_296.010 Maß er seines Reiches Grenzen p2b_296.011 Sorgsam aus in weitem Umfang p2b_296.012 Und erbaute sich den Wohnsitz, p2b_296.013 Wo die Zügel der Regierung p2b_296.014 Sich in kräft'ger Hand vereinten. p2b_296.015 Mehr berichten unsre Auen, p2b_296.016 Mehr auch unsre weiten Moore p2b_296.017 Nichts in alten Liedersagen p2b_296.018 Über Vater Kalew's Walten, p2b_296.019 Als den Anfang seiner Herrschaft. p2b_296.020 Wie er um die Braut geworben, p2b_296.021 Um als Weib sie heimzuführen, p2b_296.022 Davon singt nur eine Sage p2b_296.023 Aus den Estendörfern Pleskau's, p2b_296.024 Und wir geben, was wir hörten, p2b_296.025 Mit den überkommnen Worten. p2b_296.026 Jn der Wiek lebt' eine Witwe, p2b_296.027 Jugendlich, doch still und einsam, p2b_296.028 Wie ein unbewohntes Stübchen, p2b_296.029 Wie ein Hüttchen ohne Schirmdach. p2b_296.030 Auf der Viehtrift schritt sie Sonntags p2b_296.031 Und, wie es sich fügte, sonst auch p2b_296.032 Sorgsam selbst der Herde folgend. p2b_296.033 Und was fand sie einst am Wege, p2b_296.034 Auf der Trift in Rinderspuren, p2b_296.035 Auf dem Schaukelplatz des Dorfes? p2b_296.036 Fand das Küchlein an dem Wege, p2b_296.037 Fand das Birkhuhnei im Huftritt, p2b_296.038 Vor dem Dorf die junge Krähe. p2b_296.039 p2b_296.041Und die Witwe nahm das Küchlein p2b_296.040 Und verbarg das Ei im Busen &c. Schluß des Kalewipoeg. (S. 522.) p2b_296.042 Und man setzt' den Kalewiden p2b_296.043
Rittlings auf ein weißes Reitroß, p2b_296.044 Sandt' ihn auf geheimen Wegen p2b_296.045 Zu des Höllenreiches Grenzen, p2b_296.046 Um die Thore zu bewachen, p2b_296.047 Den Gehörnten zu bedräuen, p2b_296.048 Daß aus Banden und aus Fesseln p2b_296.049 Der Gesell nicht weichen möge. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0318" n="296"/> <lb n="p2b_296.001"/> <lg> <l>Vor auf seinem Adlerfluge,</l> <lb n="p2b_296.002"/> <l>Kreuzte die Gewässer Finnlands</l> <lb n="p2b_296.003"/> <l>Und durchstrich der Wiek und Wierlands</l> <lb n="p2b_296.004"/> <l>Unwirtbare Meeresfluten,</l> <lb n="p2b_296.005"/> <l>Bis sich sein Geschick erfüllte,</l> <lb n="p2b_296.006"/> <l>Und nach Gottes weiser Fügung</l> <lb n="p2b_296.007"/> <l>Jhn sein Aar am Felsenstrande</l> <lb n="p2b_296.008"/> <l>Wierlands unsanft niedersetzte. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_296.009"/> <l> Kaum in unser Land getragen,</l> <lb n="p2b_296.010"/> <l>Maß er seines Reiches Grenzen</l> <lb n="p2b_296.011"/> <l>Sorgsam aus in weitem Umfang</l> <lb n="p2b_296.012"/> <l>Und erbaute sich den Wohnsitz,</l> <lb n="p2b_296.013"/> <l>Wo die Zügel der Regierung</l> <lb n="p2b_296.014"/> <l>Sich in kräft'ger Hand vereinten. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_296.015"/> <l> Mehr berichten unsre Auen,</l> <lb n="p2b_296.016"/> <l>Mehr auch unsre weiten Moore</l> <lb n="p2b_296.017"/> <l>Nichts in alten Liedersagen</l> <lb n="p2b_296.018"/> <l>Über Vater Kalew's Walten,</l> <lb n="p2b_296.019"/> <l>Als den Anfang seiner Herrschaft. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_296.020"/> <l> Wie er um die Braut geworben,</l> <lb n="p2b_296.021"/> <l>Um als Weib sie heimzuführen,</l> <lb n="p2b_296.022"/> <l>Davon singt nur eine Sage</l> <lb n="p2b_296.023"/> <l>Aus den Estendörfern Pleskau's,</l> <lb n="p2b_296.024"/> <l>Und wir geben, was wir hörten,</l> <lb n="p2b_296.025"/> <l>Mit den überkommnen Worten. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_296.026"/> <l> Jn der Wiek lebt' eine Witwe,</l> <lb n="p2b_296.027"/> <l>Jugendlich, doch still und einsam,</l> <lb n="p2b_296.028"/> <l>Wie ein unbewohntes Stübchen,</l> <lb n="p2b_296.029"/> <l>Wie ein Hüttchen ohne Schirmdach. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_296.030"/> <l> Auf der Viehtrift schritt sie Sonntags</l> <lb n="p2b_296.031"/> <l>Und, wie es sich fügte, sonst auch</l> <lb n="p2b_296.032"/> <l>Sorgsam selbst der Herde folgend.</l> <lb n="p2b_296.033"/> <l>Und was fand sie einst am Wege,</l> <lb n="p2b_296.034"/> <l>Auf der Trift in Rinderspuren,</l> <lb n="p2b_296.035"/> <l>Auf dem Schaukelplatz des Dorfes?</l> <lb n="p2b_296.036"/> <l>Fand das Küchlein an dem Wege,</l> <lb n="p2b_296.037"/> <l>Fand das Birkhuhnei im Huftritt,</l> <lb n="p2b_296.038"/> <l>Vor dem Dorf die junge Krähe. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_296.039"/> <l> Und die Witwe nahm das Küchlein</l> <lb n="p2b_296.040"/> <l>Und verbarg das Ei im Busen &c.</l> </lg> <lb n="p2b_296.041"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Schluß des Kalewipoeg.</hi> (S. 522.)</hi> </p> <lb n="p2b_296.042"/> <lg> <l> Und man setzt' den Kalewiden</l> <lb n="p2b_296.043"/> <l>Rittlings auf ein weißes Reitroß,</l> <lb n="p2b_296.044"/> <l>Sandt' ihn auf geheimen Wegen</l> <lb n="p2b_296.045"/> <l>Zu des Höllenreiches Grenzen,</l> <lb n="p2b_296.046"/> <l>Um die Thore zu bewachen,</l> <lb n="p2b_296.047"/> <l>Den Gehörnten zu bedräuen,</l> <lb n="p2b_296.048"/> <l>Daß aus Banden und aus Fesseln</l> <lb n="p2b_296.049"/> <l>Der Gesell nicht weichen möge.</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0318]
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Schluß des Kalewipoeg. (S. 522.)
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Der Gesell nicht weichen möge.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/318>, abgerufen am 23.07.2024. |