Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_238.001 Oder Muscheln für sich zum Spiel, p2b_238.002 p2b_238.017Bis ihnen mein Kahn in's Auge fiel. p2b_238.003 Den Fremdling mit den langen Haaren p2b_238.004 Sahen sie stumm vorüber fahren, p2b_238.005 Anstaunend mit Augen starr und fix, p2b_238.006 Als sei es ein meerentstiegener Nix. p2b_238.007 Und als ich bog um die Felsenwand, p2b_238.008 Glaubten sie, daß ich in's Meer verschwand. p2b_238.009 Vom Land her wehte Sommerluft p2b_238.010 Mit lauem Hauch und Blütenduft, p2b_238.011 Dazwischen gastliche Gerüche p2b_238.012 Von einer nah versteckten Küche. p2b_238.013 Die Augen waren nun zu Gaste, p2b_238.014 Nicht gut ist, daß auch der Magen faste; p2b_238.015 Jch legte meinen Nachen bei, p2b_238.016 Und ging zu sehn, wo die Küche sei. c. Abendlandschaft, von Matthisson. p2b_238.018 Goldner Schein p2b_238.019 Deckt den Hain, p2b_238.020 Mild beleuchtet Zauberschimmer p2b_238.021 Der umbüschten Waldburg Trümmer. p2b_238.022 Still und hehr p2b_238.023 Strahlt das Meer; p2b_238.024 Heimwärts gleiten, sanft wie Schwäne, p2b_238.025 Fern am Eiland Fischerkähne. p2b_238.026 Silbersand p2b_238.027 Blinkt am Strand; p2b_238.028 Röter schweben hier, dort blässer, p2b_238.029 Wolkenbilder im Gewässer. p2b_238.030 [Spaltenumbruch]
p2b_238.101Rauschend kränzt p2b_238.031 Goldbeglänzt p2b_238.032 Wankend Ried des Vorlands Hügel, p2b_238.033 Wild umschwärmt vom Seegeflügel. Malerisch p2b_238.102 Jm Gebüsch p2b_238.103 Winkt, mit Gärtchen, Laub und Quelle, p2b_238.104 Die bemooste Klausnerzelle. p2b_238.105 Pappeln wehn p2b_238.106 Auf den Höhn, p2b_238.107 Eichen glühn, zum Schattendome p2b_238.108 Dicht verschränkt, am Felsenstrome. p2b_238.109 Nebelgrau p2b_238.110 Webt im Tau p2b_238.111 Elfenreigen, dort wo Rüstern p2b_238.112 Am Druidenaltar flüstern. p2b_238.113 [Ende Spaltensatz]
p2b_238.117Auf der Flut p2b_238.114 Stirbt die Glut; p2b_238.115 Schon verblaßt der Abendschimmer p2b_238.116 An der hohen Waldburg Trümmer. Vollmondschein p2b_238.118 Deckt den Hain. p2b_238.119 Geisterlispel wehn im Thale p2b_238.120 Um versunkne Heldenmale. p2b_238.121 p2b_238.001 Oder Muscheln für sich zum Spiel, p2b_238.002 p2b_238.017Bis ihnen mein Kahn in's Auge fiel. p2b_238.003 Den Fremdling mit den langen Haaren p2b_238.004 Sahen sie stumm vorüber fahren, p2b_238.005 Anstaunend mit Augen starr und fix, p2b_238.006 Als sei es ein meerentstiegener Nix. p2b_238.007 Und als ich bog um die Felsenwand, p2b_238.008 Glaubten sie, daß ich in's Meer verschwand. p2b_238.009 Vom Land her wehte Sommerluft p2b_238.010 Mit lauem Hauch und Blütenduft, p2b_238.011 Dazwischen gastliche Gerüche p2b_238.012 Von einer nah versteckten Küche. p2b_238.013 Die Augen waren nun zu Gaste, p2b_238.014 Nicht gut ist, daß auch der Magen faste; p2b_238.015 Jch legte meinen Nachen bei, p2b_238.016 Und ging zu sehn, wo die Küche sei. c. Abendlandschaft, von Matthisson. p2b_238.018 Goldner Schein p2b_238.019 Deckt den Hain, p2b_238.020 Mild beleuchtet Zauberschimmer p2b_238.021 Der umbüschten Waldburg Trümmer. p2b_238.022 Still und hehr p2b_238.023 Strahlt das Meer; p2b_238.024 Heimwärts gleiten, sanft wie Schwäne, p2b_238.025 Fern am Eiland Fischerkähne. p2b_238.026 Silbersand p2b_238.027 Blinkt am Strand; p2b_238.028 Röter schweben hier, dort blässer, p2b_238.029 Wolkenbilder im Gewässer. p2b_238.030 [Spaltenumbruch]
p2b_238.101Rauschend kränzt p2b_238.031 Goldbeglänzt p2b_238.032 Wankend Ried des Vorlands Hügel, p2b_238.033 Wild umschwärmt vom Seegeflügel. Malerisch p2b_238.102 Jm Gebüsch p2b_238.103 Winkt, mit Gärtchen, Laub und Quelle, p2b_238.104 Die bemooste Klausnerzelle. p2b_238.105 Pappeln wehn p2b_238.106 Auf den Höhn, p2b_238.107 Eichen glühn, zum Schattendome p2b_238.108 Dicht verschränkt, am Felsenstrome. p2b_238.109 Nebelgrau p2b_238.110 Webt im Tau p2b_238.111 Elfenreigen, dort wo Rüstern p2b_238.112 Am Druidenaltar flüstern. p2b_238.113 [Ende Spaltensatz]
p2b_238.117Auf der Flut p2b_238.114 Stirbt die Glut; p2b_238.115 Schon verblaßt der Abendschimmer p2b_238.116 An der hohen Waldburg Trümmer. Vollmondschein p2b_238.118 Deckt den Hain. p2b_238.119 Geisterlispel wehn im Thale p2b_238.120 Um versunkne Heldenmale. p2b_238.121 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0260" n="238"/> <lb n="p2b_238.001"/> <lg> <l>Oder Muscheln für sich zum Spiel,</l> <lb n="p2b_238.002"/> <l>Bis ihnen mein Kahn in's Auge fiel.</l> <lb n="p2b_238.003"/> <l>Den Fremdling mit den langen Haaren</l> <lb n="p2b_238.004"/> <l>Sahen sie stumm vorüber fahren,</l> <lb n="p2b_238.005"/> <l>Anstaunend mit Augen starr und fix,</l> <lb n="p2b_238.006"/> <l>Als sei es ein meerentstiegener Nix.</l> <lb n="p2b_238.007"/> <l>Und als ich bog um die Felsenwand,</l> <lb n="p2b_238.008"/> <l>Glaubten sie, daß ich in's Meer verschwand.</l> <lb n="p2b_238.009"/> <l>Vom Land her wehte Sommerluft</l> <lb n="p2b_238.010"/> <l>Mit lauem Hauch und Blütenduft,</l> <lb n="p2b_238.011"/> <l>Dazwischen gastliche Gerüche</l> <lb n="p2b_238.012"/> <l>Von einer nah versteckten Küche.</l> <lb n="p2b_238.013"/> <l>Die Augen waren nun zu Gaste,</l> <lb n="p2b_238.014"/> <l>Nicht gut ist, daß auch der Magen faste;</l> <lb n="p2b_238.015"/> <l>Jch legte meinen Nachen bei,</l> <lb n="p2b_238.016"/> <l>Und ging zu sehn, wo die Küche sei.</l> </lg> <p/> <p/> <lb n="p2b_238.017"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Abendlandschaft, von Matthisson.</hi></hi> <lb n="p2b_238.018"/> <cb type="start"/> <lg> <l> Goldner Schein</l> <lb n="p2b_238.019"/> <l> Deckt den Hain,</l> <lb n="p2b_238.020"/> <l>Mild beleuchtet Zauberschimmer</l> <lb n="p2b_238.021"/> <l>Der umbüschten Waldburg Trümmer. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_238.022"/> <l> Still und hehr</l> <lb n="p2b_238.023"/> <l> Strahlt das Meer;</l> <lb n="p2b_238.024"/> <l>Heimwärts gleiten, sanft wie Schwäne,</l> <lb n="p2b_238.025"/> <l>Fern am Eiland Fischerkähne. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_238.026"/> <l> Silbersand</l> <lb n="p2b_238.027"/> <l> Blinkt am Strand;</l> <lb n="p2b_238.028"/> <l>Röter schweben hier, dort blässer,</l> <lb n="p2b_238.029"/> <l>Wolkenbilder im Gewässer. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_238.030"/> <l> Rauschend kränzt</l> <lb n="p2b_238.031"/> <l> Goldbeglänzt</l> <lb n="p2b_238.032"/> <l>Wankend Ried des Vorlands Hügel,</l> <lb n="p2b_238.033"/> <l>Wild umschwärmt vom Seegeflügel.</l> </lg> <cb/> <lb n="p2b_238.101"/> <lg> <l> Malerisch</l> <lb n="p2b_238.102"/> <l> Jm Gebüsch</l> <lb n="p2b_238.103"/> <l>Winkt, mit Gärtchen, Laub und Quelle,</l> <lb n="p2b_238.104"/> <l>Die bemooste Klausnerzelle. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_238.105"/> <l> Pappeln wehn</l> <lb n="p2b_238.106"/> <l> Auf den Höhn,</l> <lb n="p2b_238.107"/> <l>Eichen glühn, zum Schattendome</l> <lb n="p2b_238.108"/> <l>Dicht verschränkt, am Felsenstrome. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_238.109"/> <l> Nebelgrau</l> <lb n="p2b_238.110"/> <l> Webt im Tau</l> <lb n="p2b_238.111"/> <l>Elfenreigen, dort wo Rüstern</l> <lb n="p2b_238.112"/> <l>Am Druidenaltar flüstern. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_238.113"/> <l> Auf der Flut</l> <lb n="p2b_238.114"/> <l> Stirbt die Glut;</l> <lb n="p2b_238.115"/> <l>Schon verblaßt der Abendschimmer</l> <lb n="p2b_238.116"/> <l>An der hohen Waldburg Trümmer.</l> </lg> <cb type="end"/> <lb n="p2b_238.117"/> <lg> <l> Vollmondschein</l> <lb n="p2b_238.118"/> <l> Deckt den Hain.</l> <lb n="p2b_238.119"/> <l>Geisterlispel wehn im Thale</l> <lb n="p2b_238.120"/> <l>Um versunkne Heldenmale.</l> </lg> </p> <p><lb n="p2b_238.121"/> (Nicht bloß der glückliche Versbau ist es, sagt Schiller [Über Matthissons <lb n="p2b_238.122"/> Gedichte], was diesem Liede eine so musikalische Wirkung giebt. Der metrische <lb n="p2b_238.123"/> Wohllaut unterstützt und erhöht zwar allerdings diese Wirkung, aber er macht <lb n="p2b_238.124"/> sie nicht allein aus. Es ist die glückliche Zusammenstellung der Bilder, die <lb n="p2b_238.125"/> liebliche Stetigkeit in ihrer Succession; es ist die Modulation und die schöne <lb n="p2b_238.126"/> Haltung des Ganzen, wodurch es Ausdruck einer bestimmten Empfindungsweise, <lb n="p2b_238.127"/> also Seelengemälde wird.)</p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0260]
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Oder Muscheln für sich zum Spiel, p2b_238.002
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Nicht gut ist, daß auch der Magen faste; p2b_238.015
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Und ging zu sehn, wo die Küche sei.
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Mild beleuchtet Zauberschimmer p2b_238.021
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Blinkt am Strand; p2b_238.028
Röter schweben hier, dort blässer, p2b_238.029
Wolkenbilder im Gewässer.
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Rauschend kränzt p2b_238.031
Goldbeglänzt p2b_238.032
Wankend Ried des Vorlands Hügel, p2b_238.033
Wild umschwärmt vom Seegeflügel.
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Winkt, mit Gärtchen, Laub und Quelle, p2b_238.104
Die bemooste Klausnerzelle.
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Pappeln wehn p2b_238.106
Auf den Höhn, p2b_238.107
Eichen glühn, zum Schattendome p2b_238.108
Dicht verschränkt, am Felsenstrome.
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Nebelgrau p2b_238.110
Webt im Tau p2b_238.111
Elfenreigen, dort wo Rüstern p2b_238.112
Am Druidenaltar flüstern.
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Auf der Flut p2b_238.114
Stirbt die Glut; p2b_238.115
Schon verblaßt der Abendschimmer p2b_238.116
An der hohen Waldburg Trümmer.
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Vollmondschein p2b_238.118
Deckt den Hain. p2b_238.119
Geisterlispel wehn im Thale p2b_238.120
Um versunkne Heldenmale.
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(Nicht bloß der glückliche Versbau ist es, sagt Schiller [Über Matthissons p2b_238.122
Gedichte], was diesem Liede eine so musikalische Wirkung giebt. Der metrische p2b_238.123
Wohllaut unterstützt und erhöht zwar allerdings diese Wirkung, aber er macht p2b_238.124
sie nicht allein aus. Es ist die glückliche Zusammenstellung der Bilder, die p2b_238.125
liebliche Stetigkeit in ihrer Succession; es ist die Modulation und die schöne p2b_238.126
Haltung des Ganzen, wodurch es Ausdruck einer bestimmten Empfindungsweise, p2b_238.127
also Seelengemälde wird.)
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/260>, abgerufen am 23.07.2024. |