Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_225.001 Was vor uns steht im Taglicht der Erkenntnis, p2b_225.002 Fühltest du leis durch deine Träume wallen; p2b_225.003 Was unser Geist erkämpfte dem Verständnis, p2b_225.004 Jst dir als Spielzeug in den Schoß gefallen. p2b_225.005 Jn dir auch wachte mächtig auf ein Ahnen p2b_225.006 Vom Gott, der in der Brust des Menschen wohne, p2b_225.007 Und deine Weisen folgten froh den Bahnen p2b_225.008 Des Sterns, zum neugebornen Menschensohne. p2b_225.009 Sie boten fromm ihm Weihrauch, Gold und Myrrhen p2b_225.010 Und beugten ihre Knie' dem Lichtgedanken, p2b_225.011 Bis sie, heimkehrend auf des Weges Jrren, p2b_225.012 Vergessend in ihr altes Träumen sanken. - p2b_225.013 Doch was dich einst durchzuckt mit Blitzesschnelle, p2b_225.014 Das wird auf's neue deine Völker wecken, p2b_225.015 Und Gottbewußtsein, heiter, frei und helle, p2b_225.016 Durchwandelt siegend deine Länderstrecken. p2b_225.017 Dann werden deine goldnen Traumesschätze p2b_225.018 Des Westens Geiste dargebracht als Gabe, p2b_225.019 Daß Mannesgeist an Blütenhauch sich letze, p2b_225.020 Und Kindessinn an reifer Frucht sich labe. p2b_225.021 Litteratur des großen Lehrgedichts. p2b_225.029 p2b_225.001 Was vor uns steht im Taglicht der Erkenntnis, p2b_225.002 Fühltest du leis durch deine Träume wallen; p2b_225.003 Was unser Geist erkämpfte dem Verständnis, p2b_225.004 Jst dir als Spielzeug in den Schoß gefallen. p2b_225.005 Jn dir auch wachte mächtig auf ein Ahnen p2b_225.006 Vom Gott, der in der Brust des Menschen wohne, p2b_225.007 Und deine Weisen folgten froh den Bahnen p2b_225.008 Des Sterns, zum neugebornen Menschensohne. p2b_225.009 Sie boten fromm ihm Weihrauch, Gold und Myrrhen p2b_225.010 Und beugten ihre Knie' dem Lichtgedanken, p2b_225.011 Bis sie, heimkehrend auf des Weges Jrren, p2b_225.012 Vergessend in ihr altes Träumen sanken. ─ p2b_225.013 Doch was dich einst durchzuckt mit Blitzesschnelle, p2b_225.014 Das wird auf's neue deine Völker wecken, p2b_225.015 Und Gottbewußtsein, heiter, frei und helle, p2b_225.016 Durchwandelt siegend deine Länderstrecken. p2b_225.017 Dann werden deine goldnen Traumesschätze p2b_225.018 Des Westens Geiste dargebracht als Gabe, p2b_225.019 Daß Mannesgeist an Blütenhauch sich letze, p2b_225.020 Und Kindessinn an reifer Frucht sich labe. p2b_225.021 Litteratur des großen Lehrgedichts. p2b_225.029 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0247" n="225"/> <lb n="p2b_225.001"/> <lg> <l> Was vor uns steht im Taglicht der <hi rendition="#g">Erkenntnis,</hi></l> <lb n="p2b_225.002"/> <l>Fühltest du leis durch deine Träume wallen;</l> <lb n="p2b_225.003"/> <l>Was unser Geist <hi rendition="#g">erkämpfte</hi> dem Verständnis,</l> <lb n="p2b_225.004"/> <l>Jst dir als Spielzeug in den Schoß gefallen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_225.005"/> <l> Jn dir auch wachte mächtig auf ein Ahnen</l> <lb n="p2b_225.006"/> <l>Vom Gott, der in der Brust des Menschen wohne,</l> <lb n="p2b_225.007"/> <l>Und deine Weisen folgten froh den Bahnen</l> <lb n="p2b_225.008"/> <l>Des Sterns, zum neugebornen Menschensohne. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_225.009"/> <l> Sie boten fromm ihm Weihrauch, Gold und Myrrhen</l> <lb n="p2b_225.010"/> <l>Und beugten ihre Knie' dem Lichtgedanken,</l> <lb n="p2b_225.011"/> <l>Bis sie, heimkehrend auf des Weges Jrren,</l> <lb n="p2b_225.012"/> <l>Vergessend in ihr altes Träumen sanken. ─ </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_225.013"/> <l> Doch was dich einst durchzuckt mit Blitzesschnelle,</l> <lb n="p2b_225.014"/> <l>Das wird auf's neue deine Völker wecken,</l> <lb n="p2b_225.015"/> <l>Und Gottbewußtsein, heiter, frei und helle,</l> <lb n="p2b_225.016"/> <l>Durchwandelt siegend deine Länderstrecken. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_225.017"/> <l> Dann werden deine goldnen Traumesschätze</l> <lb n="p2b_225.018"/> <l>Des Westens Geiste dargebracht als Gabe,</l> <lb n="p2b_225.019"/> <l>Daß Mannesgeist an Blütenhauch sich letze,</l> <lb n="p2b_225.020"/> <l>Und Kindessinn an reifer Frucht sich labe.</l> </lg> <p><lb n="p2b_225.021"/> (Das Laienevangelium ist aus 131 solcher wirklichen Lehrgedichte zusammengesetzt. <lb n="p2b_225.022"/> Ein Prolog leitet es ein. Darauf folgen die Lehrgedichte: Jm Anfang <lb n="p2b_225.023"/> war das Wort. Die Geschlechtsregister. Maria Verkündigung. Simeon. Die <lb n="p2b_225.024"/> Weisen aus dem Morgenland und sodann alle jene Abschnitte aus Jesu Leben, <lb n="p2b_225.025"/> welche uns das Evangelium bietet bis zur Himmelfahrt. Ein Epilog schließt <lb n="p2b_225.026"/> das große Lehrgedicht. Das Ganze erstrebt eine Art Wiedergeburt des Christentums <lb n="p2b_225.027"/> im modernen Sinn.)</p> <lb n="p2b_225.028"/> <p> <hi rendition="#c">Litteratur des großen Lehrgedichts.</hi> </p> <p><lb n="p2b_225.029"/> Von den Alten lieferten didaktische Gedichte: <hi rendition="#g">Empedokles</hi> (über die Natur); <lb n="p2b_225.030"/> <hi rendition="#g">Hesiod</hi> (Werke und Tage, vgl. S. 21 d. Bds.); <hi rendition="#g">Virgil</hi> (der bedeutendste <lb n="p2b_225.031"/> Didaktiker: „vom Landbaue“; es besteht aus vier Büchern: 1. Ackerbau, 2. Baumzucht, <lb n="p2b_225.032"/> 3. Viehzucht und 4. Bienenzucht, ist überhaupt das beste, was das <lb n="p2b_225.033"/> Altertum bietet); <hi rendition="#g">Ovid</hi> (<hi rendition="#aq">ars amandi</hi>, übersetzt von Pernice und F. Katsch, <lb n="p2b_225.034"/> Leipz. 1881, vgl. § 86 d. Bds.); <hi rendition="#g">Lucretius</hi> (<hi rendition="#aq">de rerum natura</hi>); <hi rendition="#g">Horaz.</hi> <lb n="p2b_225.035"/> Ferner die Neulateiner: <hi rendition="#g">Vida</hi> (Seidenzucht); <hi rendition="#g">Milio</hi> (Gartenbau); die Jtaliener: <lb n="p2b_225.036"/> <hi rendition="#g">Vavasone</hi> (über die Jagd); <hi rendition="#g">Duchi</hi> (über Schachspiel); die Franzosen: <hi rendition="#g">Louis <lb n="p2b_225.037"/> Racine</hi> (über die Religion); <hi rendition="#g">Castel</hi> (über die Pflanzen); <hi rendition="#g">Boileau</hi> (die Kunst <lb n="p2b_225.038"/> zu dichten); die Engländer: <hi rendition="#g">Buckingham</hi> (über Dichtkunst); <hi rendition="#g">Pope</hi> (über den <lb n="p2b_225.039"/> Menschen); <hi rendition="#g">Young</hi> (über die Kraft der Religion, sowie die ergreifenden, Tod <lb n="p2b_225.040"/> und Unsterblichkeit behandelnden „Nachtgedanken“ dieses Dichters, übersetzt von <lb n="p2b_225.041"/> Benzel-Sternau). Von Deutschen sind zu nennen: <hi rendition="#g">Ringwald</hi> (geb. 1531: <lb n="p2b_225.042"/> Christliche Warnung des treuen Eckarts, oder die lautere Wahrheit, die sagt, <lb n="p2b_225.043"/> wie ein weltlicher und geistlicher Krieger sich zu verhalten haben); <hi rendition="#g">Opitz</hi> <lb n="p2b_225.044"/> (Zlatna oder von der Ruhe des Gemüts, ferner Trost in Widerwärtigkeit <lb n="p2b_225.045"/> des Kriegers); <hi rendition="#g">Cronegk</hi> (die Einsamkeiten); <hi rendition="#g">Schefer</hi> (1784─1862, Laienbrevier); </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [225/0247]
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Was vor uns steht im Taglicht der Erkenntnis, p2b_225.002
Fühltest du leis durch deine Träume wallen; p2b_225.003
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Jst dir als Spielzeug in den Schoß gefallen.
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Jn dir auch wachte mächtig auf ein Ahnen p2b_225.006
Vom Gott, der in der Brust des Menschen wohne, p2b_225.007
Und deine Weisen folgten froh den Bahnen p2b_225.008
Des Sterns, zum neugebornen Menschensohne.
p2b_225.009
Sie boten fromm ihm Weihrauch, Gold und Myrrhen p2b_225.010
Und beugten ihre Knie' dem Lichtgedanken, p2b_225.011
Bis sie, heimkehrend auf des Weges Jrren, p2b_225.012
Vergessend in ihr altes Träumen sanken. ─
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Doch was dich einst durchzuckt mit Blitzesschnelle, p2b_225.014
Das wird auf's neue deine Völker wecken, p2b_225.015
Und Gottbewußtsein, heiter, frei und helle, p2b_225.016
Durchwandelt siegend deine Länderstrecken.
p2b_225.017
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Daß Mannesgeist an Blütenhauch sich letze, p2b_225.020
Und Kindessinn an reifer Frucht sich labe.
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(Das Laienevangelium ist aus 131 solcher wirklichen Lehrgedichte zusammengesetzt. p2b_225.022
Ein Prolog leitet es ein. Darauf folgen die Lehrgedichte: Jm Anfang p2b_225.023
war das Wort. Die Geschlechtsregister. Maria Verkündigung. Simeon. Die p2b_225.024
Weisen aus dem Morgenland und sodann alle jene Abschnitte aus Jesu Leben, p2b_225.025
welche uns das Evangelium bietet bis zur Himmelfahrt. Ein Epilog schließt p2b_225.026
das große Lehrgedicht. Das Ganze erstrebt eine Art Wiedergeburt des Christentums p2b_225.027
im modernen Sinn.)
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Litteratur des großen Lehrgedichts.
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Von den Alten lieferten didaktische Gedichte: Empedokles (über die Natur); p2b_225.030
Hesiod (Werke und Tage, vgl. S. 21 d. Bds.); Virgil (der bedeutendste p2b_225.031
Didaktiker: „vom Landbaue“; es besteht aus vier Büchern: 1. Ackerbau, 2. Baumzucht, p2b_225.032
3. Viehzucht und 4. Bienenzucht, ist überhaupt das beste, was das p2b_225.033
Altertum bietet); Ovid (ars amandi, übersetzt von Pernice und F. Katsch, p2b_225.034
Leipz. 1881, vgl. § 86 d. Bds.); Lucretius (de rerum natura); Horaz. p2b_225.035
Ferner die Neulateiner: Vida (Seidenzucht); Milio (Gartenbau); die Jtaliener: p2b_225.036
Vavasone (über die Jagd); Duchi (über Schachspiel); die Franzosen: Louis p2b_225.037
Racine (über die Religion); Castel (über die Pflanzen); Boileau (die Kunst p2b_225.038
zu dichten); die Engländer: Buckingham (über Dichtkunst); Pope (über den p2b_225.039
Menschen); Young (über die Kraft der Religion, sowie die ergreifenden, Tod p2b_225.040
und Unsterblichkeit behandelnden „Nachtgedanken“ dieses Dichters, übersetzt von p2b_225.041
Benzel-Sternau). Von Deutschen sind zu nennen: Ringwald (geb. 1531: p2b_225.042
Christliche Warnung des treuen Eckarts, oder die lautere Wahrheit, die sagt, p2b_225.043
wie ein weltlicher und geistlicher Krieger sich zu verhalten haben); Opitz p2b_225.044
(Zlatna oder von der Ruhe des Gemüts, ferner Trost in Widerwärtigkeit p2b_225.045
des Kriegers); Cronegk (die Einsamkeiten); Schefer (1784─1862, Laienbrevier);
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