Nur halb ist der Verlust des schönsten Glücks,p2b_211.002 Wenn wir auf den Besitz nicht sicher zählten.
(Goethe.)
p2b_211.003 Wo mehr Füchs' als Trauben sind,p2b_211.004 Ernte, was du kannst, geschwind.
(Rückert.)
p2b_211.005 Männer von Geist nur steigen mit Würd' auch Stufen herunter;p2b_211.006 Kleinliche Menschen der Welt kriechen verächtlich hinauf.
p2b_211.007 (K. G. v. Brinckmann.)
p2b_211.008 c. Beispiel eines Spruchgedichts (Gnomologie).
p2b_211.009
Die Jugend, wenn du alterst, zu beneiden,p2b_211.010 Verjüngt dich nicht und mehrt des Alters Leiden.
p2b_211.011 Wer jung noch scheinen will in weißem Haare,p2b_211.012 Verdächtigt seine eignen Jugendjahre.
p2b_211.013 Wer alt noch täuschen will durch Jugendweise,p2b_211.014 War niemals jung und ist nicht reif zum Greise.
p2b_211.015 Ehrwürdig ist der Greis, von dem man sagt:p2b_211.016 Er ist ein Mann, auch noch so hoch betagt.
p2b_211.017 (Julius Hammer.)p2b_211.018
Litteratur der Gnome.
p2b_211.019 Die ersten griechischen Gnomen - wie überhaupt die erste didaktische p2b_211.020 Poesie - findet man in Hesiods "Tage und Werke"; die gnomische Dichtung beginnt p2b_211.021 mit der Zeit der sieben Weisen Griechenlands. Gnomen finden wir auch p2b_211.022 von Solon, von Theognis &c. (Die goldenen "Sprüche des Pythagoras" sind p2b_211.023 wahrscheinlich nicht von ihm.) Seit Hesiod blieb bei den Griechen der Hexameter p2b_211.024 die metrische Form der Gnomen. Andere wählten die zweizeilige aus p2b_211.025 Hexameter und Pentameter gebildete Strophe, wieder andere den Trimeter. p2b_211.026 (Bd. I. S. 321.)
p2b_211.027 Die Gnomen Salomons und des Jesus Sirach bei den Hebräern beschränken p2b_211.028 sich auf den einfachsten Parallelismus der Worte und Satzglieder. p2b_211.029 Arabische Sprüche gab 1879 Socin (Tübingen) heraus, osmanische die p2b_211.030 k. k. orientalische Akademie zu Wien (1877. Constantinopel). Die griechischen p2b_211.031 gab Gaisford (Oxf. 1830) heraus. Lateinische sammelte Wüstemann (1864. p2b_211.032 Nordhausen) u. a. Auch neuere Völker besitzen einen reichen Schatz von Sprüchen. p2b_211.033 Ende des 14. Jahrhunderts war besonders die böhmische Litteratur an gnomischen p2b_211.034 Dichtungen reich. Emil von Pardubitz (+ 1403) hat zur Zeit des p2b_211.035 Königs Wenzel I. eine Sammlung der ältesten böhmischen Sprüche und Epigramme p2b_211.036 veranstaltet, die von Joh. Wenzig in's Deutsche übersetzt wurden.
p2b_211.037 Von einem unserer Vorfahren hat die sämundische Edda treffliche p2b_211.038 Gnomen aufbewahrt.
p2b_211.039 Jn Deutschland gab es Spruchdichter schon im 12. Jahrhundert, z. B. p2b_211.040 Spervogel. Manche Sprüche derselben leben heute noch als Sprichwörter p2b_211.041 im Munde des Volkes fort.
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(Rückert.)
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p2b_211.007 (K. G. v. Brinckmann.)
p2b_211.008 c. Beispiel eines Spruchgedichts (Gnomologie).
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Die Jugend, wenn du alterst, zu beneiden,p2b_211.010 Verjüngt dich nicht und mehrt des Alters Leiden.
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p2b_211.015 Ehrwürdig ist der Greis, von dem man sagt:p2b_211.016 Er ist ein Mann, auch noch so hoch betagt.
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Litteratur der Gnome.
p2b_211.019 Die ersten griechischen Gnomen ─ wie überhaupt die erste didaktische p2b_211.020 Poesie ─ findet man in Hesiods „Tage und Werke“; die gnomische Dichtung beginnt p2b_211.021 mit der Zeit der sieben Weisen Griechenlands. Gnomen finden wir auch p2b_211.022 von Solon, von Theognis &c. (Die goldenen „Sprüche des Pythagoras“ sind p2b_211.023 wahrscheinlich nicht von ihm.) Seit Hesiod blieb bei den Griechen der Hexameter p2b_211.024 die metrische Form der Gnomen. Andere wählten die zweizeilige aus p2b_211.025 Hexameter und Pentameter gebildete Strophe, wieder andere den Trimeter. p2b_211.026 (Bd. I. S. 321.)
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p2b_211.037 Von einem unserer Vorfahren hat die sämundische Edda treffliche p2b_211.038 Gnomen aufbewahrt.
p2b_211.039 Jn Deutschland gab es Spruchdichter schon im 12. Jahrhundert, z. B. p2b_211.040 Spervogel. Manche Sprüche derselben leben heute noch als Sprichwörter p2b_211.041 im Munde des Volkes fort.
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(Julius Hammer.)
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Litteratur der Gnome.
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Die ersten griechischen Gnomen ─ wie überhaupt die erste didaktische p2b_211.020
Poesie ─ findet man in Hesiods „Tage und Werke“; die gnomische Dichtung beginnt p2b_211.021
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Arabische Sprüche gab 1879 Socin (Tübingen) heraus, osmanische die p2b_211.030
k. k. orientalische Akademie zu Wien (1877. Constantinopel). Die griechischen p2b_211.031
gab Gaisford (Oxf. 1830) heraus. Lateinische sammelte Wüstemann (1864. p2b_211.032
Nordhausen) u. a. Auch neuere Völker besitzen einen reichen Schatz von Sprüchen. p2b_211.033
Ende des 14. Jahrhunderts war besonders die böhmische Litteratur an gnomischen p2b_211.034
Dichtungen reich. Emil von Pardubitz († 1403) hat zur Zeit des p2b_211.035
Königs Wenzel I. eine Sammlung der ältesten böhmischen Sprüche und Epigramme p2b_211.036
veranstaltet, die von Joh. Wenzig in's Deutsche übersetzt wurden.
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Von einem unserer Vorfahren hat die sämundische Edda treffliche p2b_211.038
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Jn Deutschland gab es Spruchdichter schon im 12. Jahrhundert, z. B. p2b_211.040
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/233>, abgerufen am 23.07.2024.
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