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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Jn den meisten Fällen drängt sich bei Römern und Deutschen der Verstand p2b_205.002
so sehr in Exposition und Klausel ein, daß er mit dem epischen Moment eine p2b_205.003
wirkliche Lehre oder eine Vorschrift verbindet, oder sie aus demselben abstrahiert, p2b_205.004
oder daß er indirekt lehrend das Motiv bekämpft, verhöhnt, bewitzelt. Dadurch wird p2b_205.005
der lyrische Charakter der Klausel verändert, sie wird didaktisch und es entsteht p2b_205.006
somit das rein didaktische Epigramm, das Epigramm des Spottes, der p2b_205.007
Lehre, das besonders von den Römern gepflegt worden ist (z. B. bei Martial). p2b_205.008
Es ist wertvoll, wenn es der tiefsten Fülle der Erfahrungen entquillt.

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3. Was die Verwandtschaft des Epigramms mit der Elegie betrifft, so p2b_205.010
ging das griechische Epigramm, wie die Elegie von einem historisch gegebenen p2b_205.011
Objekt, von einer epischen Wirklichkeit aus und diente zugleich auch der Empfindung p2b_205.012
zum Ausdruck, welche aus der Betrachtung jener Wirklichkeit resultierte. p2b_205.013
Während aber die Elegie des weitesten Spielraums und der größten Ausdehnung p2b_205.014
fähig war, und sich über die weitesten Gebiete ausbreitete, beschränkt sich p2b_205.015
das Epigramm nur auf einzelne Bilder, nur auf eine Person, nur auf ein p2b_205.016
Kunstwerk &c. Ja, selbst die eine auf das einzige Objekt gerichtete Empfindung p2b_205.017
durfte nur leise angedeutet werden, weshalb das Epigramm möglichst kurz war.

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4. Die Elegie verschmolz das Epische mit dem lyrischen Moment, das p2b_205.019
Epigramm hielt beide auseinander, weshalb man beim Epigramm von Vordersatz p2b_205.020
(expositio oder auch narratio, indicatio) und Nachsatz (clausula oder p2b_205.021
conclusio) spricht.

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Die beiden Teile des Epigramms können noch bezeichnet werden als p2b_205.023
Erwartung und Aufschluß (nach Lessing), oder Exposition und Anwendung (nach p2b_205.024
Herder) oder auch als Thesis und Antithesis.

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Der Umfang des poetischen Epigramms ist nach Maßgabe dieser beiden p2b_205.026
Teile engbegrenzt.

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5. Das gewöhnliche Metrum des Epigramms war bei den Griechen und p2b_205.028
Römern das elegische Distichon. Der epische Hexameter bezeichnete die Erwartung p2b_205.029
und der lyrische Pentameter gab den Aufschluß. Oder: der Hexameter exponierte, p2b_205.030
während die Klausel ausdeutete.

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Die Deutschen bedienen sich neben diesem griechischen Maß auch noch p2b_205.032
anderer Maße und namentlich auch des Reims. Eine präzise Form für das p2b_205.033
Epigramm ist das Sonett, das in den ersten acht Versen breiteren Raum für p2b_205.034
die Exposition zum epischen Vordersatz hat, während die sechs folgenden Zeilen p2b_205.035
den lyrischen Nachsatz, die Klausel, bilden können. (Vgl. Nr. 9-20 der p2b_205.036
A. Möserschen Sonette in "Schauen und Schaffen" 1881. S. 84 ff.) Heinr. p2b_205.037
Leuthold hat sich neben Rückert auch der Ritornellform bedient u. s. w.

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Beispiele des Epigramms.

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Wer wird nicht einen Klopstock loben? p2b_205.040
Doch wird ihn jeder lesen? - Nein! p2b_205.041
Wir wollen weniger erhoben p2b_205.042
Und fleißiger gelesen sein.(G. E. Lessing.)

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Jn den meisten Fällen drängt sich bei Römern und Deutschen der Verstand p2b_205.002
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Die beiden Teile des Epigramms können noch bezeichnet werden als p2b_205.023
Erwartung und Aufschluß (nach Lessing), oder Exposition und Anwendung (nach p2b_205.024
Herder) oder auch als Thesis und Antithesis.

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Der Umfang des poetischen Epigramms ist nach Maßgabe dieser beiden p2b_205.026
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Leuthold hat sich neben Rückert auch der Ritornellform bedient u. s. w.

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Beispiele des Epigramms.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/227>, abgerufen am 25.11.2024.