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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Von Rückerts Fabeln erwähnen wir:

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a. Nicht der Tierwelt angehörige, z. B. Messerchen und Gäbelchen;

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b. Aus der Tierwelt, z. B. Sperling und Kater; Die Beichte der Tiere; p2b_167.004
Des Hahn Gockels Leichenbegängnis.

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Goethe schrieb: Der Adler und die Taube. Jn neuerer Zeit sind nennenswert p2b_167.006
K. A. Mayers heitere Fabel Spatz und Spätzin, sowie die Fabeln von p2b_167.007
J. Sturm. Die unter dem Titel: "Vom Frühling zum Winter. Zwölf Mährlein p2b_167.008
von B. Paul", in Leipzig erschienenen sogenannten "Märchen" sind ein p2b_167.009
neues Genre dieses Verfassers, der dasselbe bereits durch seine vor einigen p2b_167.010
Jahren erschienenen "Abendmärlein für mein Mütterlein" in die Litteratur p2b_167.011
eingeführt hat. Märchen im Schulsinn sind sie nicht; vielmehr könnte man p2b_167.012
mehrere derselben Pflanzen- und Tierfabeln nennen, erdichtete Erzählungen, welche p2b_167.013
die der Sprache unfähigen Geschöpfe oder Gegenstände sprechend und handelnd p2b_167.014
einführen, um das Bild der Menschen zu versinnlichen, Wahrheiten zu verkörpern p2b_167.015
oder die Elemente naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu verbreiten &c.

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§ 80. Parabel.

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1. Parabel (griech. parabole == Nebeneinanderstellung oder Vergleichung) p2b_167.018
ist jene didaktische Dichtungsform, welche durch eine Erzählung p2b_167.019
die indirekte Antwort auf eine bedeutungsvolle Frage des p2b_167.020
geistigen oder sittlichen Lebens bietet (wie z. B. Lessing auf die Frage p2b_167.021
nach der wahren Religion durch die Erzählung von den 3 Ringen antwortet p2b_167.022
- vgl. Nathan III 3).

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2. Die Fabel ist ein vergleichendes Beispiel für irgend etwas p2b_167.024
Anschauliches, vor Augen Liegendes: die Parabel ist die Analogie für p2b_167.025
eine Wahrheit.

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1. Nachdem die Tiersage didaktisch geworden war, zog man auch die p2b_167.027
menschliche Geschichte, ja selbst die der Götter in das Gebiet des Didaktischen, p2b_167.028
und man wählte oft nur fingierte Ereignisse, um den Vorwand einer Lehre zu p2b_167.029
erhalten. So war man zur Parabel d. i. zur Gleichniserzählung gelangt, p2b_167.030
unter welcher man nunmehr diejenige poetische Dichtung versteht, welche im p2b_167.031
Gegensatz zur Fabel höhere Wahrheiten vorzuführen sucht.
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Sie knüpft ihre Lehre nicht an Tiere oder redend eingeführte Gegenstände, wie p2b_167.033
die Fabel, sondern bei der höheren Bedeutung ihrer sittlichen und religiösen p2b_167.034
Wahrheiten gegenüber den einfachen, volksmäßigen Wahrheiten der Fabel an p2b_167.035
rein menschliche Verhältnisse (vgl. das Gleichnis vom Säemann. Matth. 13. p2b_167.036
3 ff.), oder an geschichtliche Begebenheiten, die immer wieder vorkommen können. p2b_167.037
Die Parabel enthält ein Gleichnis, und stellt einen einzelnen Seelenzustand, p2b_167.038
eine bestimmte Handlungsweise oder irgend ein Verhältnis des Menschen dar, p2b_167.039
nicht als ein einzelnes bestimmtes Ereignis, sondern als etwas Allgemeines. p2b_167.040
Sie dient als Sinnbild einer andern Handlung, der ein moralischer Satz als p2b_167.041
Bestimmungsgrund des Handelns untergelegt ist. Sie vergegenwärtigt einen

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§ 80. Parabel.

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1. Parabel (griech. παραβολή == Nebeneinanderstellung oder Vergleichung) p2b_167.018
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─ vgl. Nathan III 3).

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Anschauliches, vor Augen Liegendes: die Parabel ist die Analogie für p2b_167.025
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/189>, abgerufen am 22.11.2024.