p2b_163.001 den Fabeln auf ein Ereignis und befleißigte sich der äsopischen Kürze. Jn p2b_163.002 seinen eigenen Fabeln vom Jahre 1759 sucht er irgend einen moralischen p2b_163.003 Kern aus der Tierwelt zur Anschauung zu bringen ohne besondere Nutzanwendung: p2b_163.004 ohne Epimythium. Seine Nachfolger, die ihm zum Teil in Anwendung p2b_163.005 der Prosa folgten, haben ebenfalls dem Leser die moralische Nutzanwendung p2b_163.006 überlassen.
p2b_163.007 6. Fröhlich (+ 1865) gab der Fabel eine neue Wendung, indem er sie p2b_163.008 aus dem Gebiet der Epik dem der Lyrik näherte, die Wirklichkeit weniger verstandesmäßig p2b_163.009 als gemütlich auffaßte und seinen Fabeln, bei denen er die sittliche p2b_163.010 Bedeutung in die Handlung legte, poetische Form ohne Epimythium verlieh.
p2b_163.011 7. Von vielen alten Fabeln blieb nur ein kurzer Rest übrig, den man p2b_163.012 Sprichwort nennt.
p2b_163.013 Somit ist das Sprichwort einer paläontologischen Betrachtung fähig und p2b_163.014 wert. Es ist eine Art versteinertes Knochengerüste früherer, in Vergessenheit p2b_163.015 geratener Fabeln.
p2b_163.016 8. Bezüglich der Form der Fabel ist metrische Gestaltung der Prosa vorzuziehen. p2b_163.017 Lessing hat nach seinem eigenen Geständnisse nur deshalb Prosa p2b_163.018 gewählt, weil er befürchtete, Reim und Silbenmaß werden hie und da dem p2b_163.019 naiven Ausdruck entgegen treten oder ihn - den Meister - meistern.
p2b_163.020 9. Man kann die Fabel einteilen in a. theoretische (Verstand bildende), p2b_163.021 b. sittliche (Willen bestimmende), welche beide Arten ein Ereignis in p2b_163.022 der Natur als Gesetz darstellen für die allgemeine Weltordnung, der auch der p2b_163.023 Mensch gehorchen muß; die Geschichte der Fabel zeigt hier, wie es in der p2b_163.024 Welt geht;c. Schicksalsfabeln, welche das Walten einer höheren p2b_163.025 Macht im Erdenleben als Nemesis zeigen; die Lehre der Fabel heißt sodann: p2b_163.026 so mußte es kommen; das sind die Folgen.
p2b_163.027 Sonst teilt man die Fabeln noch ein: in ernste und in humoristische p2b_163.028 Fabeln; ferner in Fabeln mit angehängtem Epimythium und ohne ein solches; p2b_163.029 endlich in Tierfabeln und solche, welche leblose Gegenstände redend einführen.
p2b_163.030 Beispiele der Fabel.
p2b_163.031
A. Tierfabel.
p2b_163.032
a. Mit Epimythium.
p2b_163.033
Das Schäfchen und der Dornstrauch, von Hagedorn.
p2b_163.034
Ein Schäfchen kroch in dicke Hecken,p2b_163.035 Dem rauhen Regen zu entgehn.p2b_163.036 Hier konnt' es freilich trocken stehn;p2b_163.037 Allein die Wolle blieb ihm stecken.
p2b_163.038
[Abbildung]
p2b_163.039
Beglückt ist, den dies Schaf belehrt.p2b_163.040 Bethörte Hadrer, laßt euch raten:p2b_163.041 Vertraut die Wolle nicht den scharfen Advokaten,p2b_163.042 Oft ist, was ihr gewinnt, nicht halb der Kosten wert.
p2b_163.001 den Fabeln auf ein Ereignis und befleißigte sich der äsopischen Kürze. Jn p2b_163.002 seinen eigenen Fabeln vom Jahre 1759 sucht er irgend einen moralischen p2b_163.003 Kern aus der Tierwelt zur Anschauung zu bringen ohne besondere Nutzanwendung: p2b_163.004 ohne Epimythium. Seine Nachfolger, die ihm zum Teil in Anwendung p2b_163.005 der Prosa folgten, haben ebenfalls dem Leser die moralische Nutzanwendung p2b_163.006 überlassen.
p2b_163.007 6. Fröhlich († 1865) gab der Fabel eine neue Wendung, indem er sie p2b_163.008 aus dem Gebiet der Epik dem der Lyrik näherte, die Wirklichkeit weniger verstandesmäßig p2b_163.009 als gemütlich auffaßte und seinen Fabeln, bei denen er die sittliche p2b_163.010 Bedeutung in die Handlung legte, poetische Form ohne Epimythium verlieh.
p2b_163.011 7. Von vielen alten Fabeln blieb nur ein kurzer Rest übrig, den man p2b_163.012 Sprichwort nennt.
p2b_163.013 Somit ist das Sprichwort einer paläontologischen Betrachtung fähig und p2b_163.014 wert. Es ist eine Art versteinertes Knochengerüste früherer, in Vergessenheit p2b_163.015 geratener Fabeln.
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p2b_163.027 Sonst teilt man die Fabeln noch ein: in ernste und in humoristische p2b_163.028 Fabeln; ferner in Fabeln mit angehängtem Epimythium und ohne ein solches; p2b_163.029 endlich in Tierfabeln und solche, welche leblose Gegenstände redend einführen.
p2b_163.030 Beispiele der Fabel.
p2b_163.031
A. Tierfabel.
p2b_163.032
a. Mit Epimythium.
p2b_163.033
Das Schäfchen und der Dornstrauch, von Hagedorn.
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Ein Schäfchen kroch in dicke Hecken,p2b_163.035 Dem rauhen Regen zu entgehn.p2b_163.036 Hier konnt' es freilich trocken stehn;p2b_163.037 Allein die Wolle blieb ihm stecken.
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[Abbildung]
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Beglückt ist, den dies Schaf belehrt.p2b_163.040 Bethörte Hadrer, laßt euch raten:p2b_163.041 Vertraut die Wolle nicht den scharfen Advokaten,p2b_163.042 Oft ist, was ihr gewinnt, nicht halb der Kosten wert.
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den Fabeln auf ein Ereignis und befleißigte sich der äsopischen Kürze. Jn p2b_163.002
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6. Fröhlich († 1865) gab der Fabel eine neue Wendung, indem er sie p2b_163.008
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7. Von vielen alten Fabeln blieb nur ein kurzer Rest übrig, den man p2b_163.012
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9. Man kann die Fabel einteilen in a. theoretische (Verstand bildende), p2b_163.021
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A. Tierfabel. p2b_163.032
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Beglückt ist, den dies Schaf belehrt. p2b_163.040
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/185>, abgerufen am 23.07.2024.
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