Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_138.001 Jch seh', ich sehe schon, - o freut euch, Preußens Freunde! - p2b_138.002 Die Tage deines Ruhms sich nahn. p2b_138.003 Jn Ungewittern ziehn die Wilden stolz heran; p2b_138.004 Doch Friedrich winket dir! Wo sind sie nun, die Feinde? p2b_138.005 Du eilest ihnen nach, und drückst mit schweren Eisen p2b_138.006 Den Tod tief ihren Schädeln ein, p2b_138.007 Und kehrst voll Ruhm zurück, die Deinen zu erfreun, p2b_138.008 Die jauchzend dich empfahn, und ihre Retter preisen. p2b_138.009 Auch ich, ich werde noch, - vergönn' es mir, o Himmel! - p2b_138.010 Einher vor wenig Helden ziehn. p2b_138.011 Jch seh' dich, stolzer Feind! den kleinen Haufen fliehn, p2b_138.012 Und find' Ehr' oder Tod im rasenden Getümmel. p2b_138.013 Segen dir Minckwitz, zu dem Tage Segen, p2b_138.018 Wo du wardst, aus stiller bescheidner Hütte p2b_138.019 Hinzuwall'n auf felsigem Pfad zum hohen p2b_138.020 Tempel der Musen! p2b_138.021 Segen dir, Vorkämpfer der goldnen Wahrheit, p2b_138.022 Der du mutvoll kämpftest mit jenen Buben, p2b_138.023 Welche Schmach aufhäuften der fern gebrochnen p2b_138.024 Harfe von Platen! p2b_138.025 Der du kühn eindrangst, wie Achill, und deines p2b_138.026 Freundes Leichnam feindlicher Wut entrissest, p2b_138.027 Und mit Purpur schmücktest und immergrünen p2b_138.028 Kronen von Lorbeer. p2b_138.029 Was die Zeit mir reifet an holden Früchten, p2b_138.030 Darf ich dir als Opfer zu Füßen legen, p2b_138.031 Darf des Lied's Alprosen zu deines Busens p2b_138.032 Zierde dir pflücken! p2b_138.033 Segen dir, tonreichste der Nachtigallen, p2b_138.034 Welche Hellas' sonnige Kunstgefilde p2b_138.035 Je besucht, und wiedergekehrt zu Deutschlands p2b_138.036 Rauschendem Eichwald p2b_138.037 Jener Lenzflur Düfte verströmt im Sange! p2b_138.038 Segen dir, hellwirbelnde Himmelslerche, p2b_138.039 Deren Festlied hoch vom azurnen Bogen p2b_138.040 Würdig zu Klopstocks p2b_138.041
Voll Begeist'rung schwellendem Sang herabklingt p2b_138.042 Und zur maßvoll tönenden Weise Platens! - p2b_138.043 Doch das Volk hört lieber das regellose p2b_138.044 Zwitschern des Sperlings! p2b_138.001 Jch seh', ich sehe schon, ─ o freut euch, Preußens Freunde! ─ p2b_138.002 Die Tage deines Ruhms sich nahn. p2b_138.003 Jn Ungewittern ziehn die Wilden stolz heran; p2b_138.004 Doch Friedrich winket dir! Wo sind sie nun, die Feinde? p2b_138.005 Du eilest ihnen nach, und drückst mit schweren Eisen p2b_138.006 Den Tod tief ihren Schädeln ein, p2b_138.007 Und kehrst voll Ruhm zurück, die Deinen zu erfreun, p2b_138.008 Die jauchzend dich empfahn, und ihre Retter preisen. p2b_138.009 Auch ich, ich werde noch, ─ vergönn' es mir, o Himmel! ─ p2b_138.010 Einher vor wenig Helden ziehn. p2b_138.011 Jch seh' dich, stolzer Feind! den kleinen Haufen fliehn, p2b_138.012 Und find' Ehr' oder Tod im rasenden Getümmel. p2b_138.013 Segen dir Minckwitz, zu dem Tage Segen, p2b_138.018 Wo du wardst, aus stiller bescheidner Hütte p2b_138.019 Hinzuwall'n auf felsigem Pfad zum hohen p2b_138.020 Tempel der Musen! p2b_138.021 Segen dir, Vorkämpfer der goldnen Wahrheit, p2b_138.022 Der du mutvoll kämpftest mit jenen Buben, p2b_138.023 Welche Schmach aufhäuften der fern gebrochnen p2b_138.024 Harfe von Platen! p2b_138.025 Der du kühn eindrangst, wie Achill, und deines p2b_138.026 Freundes Leichnam feindlicher Wut entrissest, p2b_138.027 Und mit Purpur schmücktest und immergrünen p2b_138.028 Kronen von Lorbeer. p2b_138.029 Was die Zeit mir reifet an holden Früchten, p2b_138.030 Darf ich dir als Opfer zu Füßen legen, p2b_138.031 Darf des Lied's Alprosen zu deines Busens p2b_138.032 Zierde dir pflücken! p2b_138.033 Segen dir, tonreichste der Nachtigallen, p2b_138.034 Welche Hellas' sonnige Kunstgefilde p2b_138.035 Je besucht, und wiedergekehrt zu Deutschlands p2b_138.036 Rauschendem Eichwald p2b_138.037 Jener Lenzflur Düfte verströmt im Sange! p2b_138.038 Segen dir, hellwirbelnde Himmelslerche, p2b_138.039 Deren Festlied hoch vom azurnen Bogen p2b_138.040 Würdig zu Klopstocks p2b_138.041
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Als Beispiel einer liedartigen Ode diene noch die von Dankbarkeit und vorurteilsfreier p2b_138.014
Anerkennung zeugende Ode Rudolf Niggelers an Johannes Minckwitz, p2b_138.015
dem bedeutendsten Odendichter der Gegenwart, der über 200 gehaltvolle p2b_138.016
Oden dichtete und viele antike übersetzte:
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/160>, abgerufen am 16.02.2025. |