Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_115.001 O Quinctili! armer Feldherr! p2b_115.002 Dachtest du, daß so die Welt wär'? p2b_115.003 Er geriet in einen Sumpf, p2b_115.004 Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf p2b_115.005 Und blieb elend stecken. p2b_115.006 Da sprach er voll Ärgernussen p2b_115.007 Zum Centurio Titiussen: p2b_115.008 "Kamerade, zeuch dein Schwert hervor p2b_115.009 Und von hinten mich durchbohr, p2b_115.010 Da doch alles futsch ist." p2b_115.011 Jn dem armen römischen Heere p2b_115.012 Diente auch als Volontaire p2b_115.013 Scävola, ein Rechtskandidat, p2b_115.014 Den man schnöd gefangen hat, p2b_115.015 Wie die Andern Alle. p2b_115.016 Diesem ist es schlimm ergangen; p2b_115.017 Eh, daß man ihn aufgehangen, p2b_115.018 Stach man ihn durch Zung' und Herz, p2b_115.019 Nagelte ihn hinterwärts p2b_115.020 Auf sein Corpus Juris. p2b_115.021 Als die Waldschlacht war zu Ende, p2b_115.022 Rieb Fürst Hermann sich die Hände p2b_115.023 Und um seinen Sieg zu weih'n p2b_115.024 Lud er die Cherusker ein p2b_115.025 Zu 'nem großen Frühstück. p2b_115.026 Nur in Rom war man nicht heiter, p2b_115.027 Sondern kaufte Trauerkleider. p2b_115.028 Grade als beim Mittagmahl p2b_115.029 Augustus saß im Kaisersaal, p2b_115.030 Kam die Trauerbotschaft. p2b_115.031 Erst blieb ihm vor jähem Schrecken p2b_115.032 Ein Stück Pfau im Halse stecken, p2b_115.033 Dann geriet er außer sich p2b_115.034 Und schrie: "Varus, Fluch auf Dich! p2b_115.035 Redde Legiones!" p2b_115.036 [Spaltenumbruch]
p2b_115.101Sein deutscher Sclave, Schmidt geheißen, p2b_115.037 p2b_115.038 Dacht': "Jhn soll das Mäusle beißen, p2b_115.039 Wenn er sie je wieder kriegt, p2b_115.040 Denn wer einmal tot da liegt, p2b_115.041 Wird nicht mehr lebendig." O Quinctili, armer Feldherr! p2b_115.102 Dachtest du, daß so die Welt wär'?! p2b_115.103 Er geriet in einen Sumpf, p2b_115.104 Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf p2b_115.105 Und blieb elend stecken. p2b_115.106 Da sprach er voll Ärgernussen p2b_115.107 Zu Herrn Centurio Titiussen: p2b_115.108 "Kamerade, zeuch dein Schwert hervor p2b_115.109 Und von hinten mich durchbohr, p2b_115.110 Weil doch Alles futsch ist." p2b_115.111 Jn dem armen röm'schen Heere p2b_115.112 Diente auch als Volontaire, p2b_115.113 Scaevola, ein Rechtskandidat, p2b_115.114 Den man schnöd' gefangen hat, p2b_115.115 Wie die andern alle. p2b_115.116 Diesem ist es schlecht ergangen, p2b_115.117 Ehe, daß man ihn aufgehangen, p2b_115.118 Stach man ihm durch Zung' und Herz, p2b_115.119 Nagelte in hinterwärts p2b_115.120 Auf sein Corpus Juris. p2b_115.121 Als das Morden war zu Ende, p2b_115.122 Rieb Fürst Hermann sich die Hände, p2b_115.123 Und um sich noch mehr zu freu'n, p2b_115.124 Lud er die Cherusker ein, p2b_115.125 Zu dem großen Frühstück. p2b_115.126 Hui, da gab's westphäl'sche Schinken, p2b_115.127 Bier soviel sie wollten trinken. p2b_115.128 Selbst im Zechen blieb er Held; p2b_115.129 Doch auch seine Frau Thusneld p2b_115.130 Trank als wie ein Hausknecht. p2b_115.131 Nur in Rom war man nicht heiter, p2b_115.132 Sondern kaufte Trauerkleider, p2b_115.133 Grade, als beim Mittagmahl p2b_115.134 Augustus saß im Kaisersaal, p2b_115.135 Kam die Trauerbotschaft. p2b_115.136 Erst blieb ihm vor jähem Schrecken p2b_115.137 Ein Stück Pfau im Halse stecken, p2b_115.138 Dann geriet er außer sich p2b_115.139 Und schrie! Varus, Fluch auf dich! p2b_115.140 Redde legiones! p2b_115.141 [Ende Spaltensatz]
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O Quinctili! armer Feldherr! p2b_115.002
Dachtest du, daß so die Welt wär'? p2b_115.003
Er geriet in einen Sumpf, p2b_115.004
Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf p2b_115.005
Und blieb elend stecken.
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Da sprach er voll Ärgernussen p2b_115.007
Zum Centurio Titiussen: p2b_115.008
„Kamerade, zeuch dein Schwert hervor p2b_115.009
Und von hinten mich durchbohr, p2b_115.010
Da doch alles futsch ist.“
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Jn dem armen römischen Heere p2b_115.012
Diente auch als Volontaire p2b_115.013
Scävola, ein Rechtskandidat, p2b_115.014
Den man schnöd gefangen hat, p2b_115.015
Wie die Andern Alle.
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Diesem ist es schlimm ergangen; p2b_115.017
Eh, daß man ihn aufgehangen, p2b_115.018
Stach man ihn durch Zung' und Herz, p2b_115.019
Nagelte ihn hinterwärts p2b_115.020
Auf sein Corpus Juris.
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Als die Waldschlacht war zu Ende, p2b_115.022
Rieb Fürst Hermann sich die Hände p2b_115.023
Und um seinen Sieg zu weih'n p2b_115.024
Lud er die Cherusker ein p2b_115.025
Zu 'nem großen Frühstück.
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Nur in Rom war man nicht heiter, p2b_115.027
Sondern kaufte Trauerkleider. p2b_115.028
Grade als beim Mittagmahl p2b_115.029
Augustus saß im Kaisersaal, p2b_115.030
Kam die Trauerbotschaft.
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Erst blieb ihm vor jähem Schrecken p2b_115.032
Ein Stück Pfau im Halse stecken, p2b_115.033
Dann geriet er außer sich p2b_115.034
Und schrie: „Varus, Fluch auf Dich! p2b_115.035
Redde Legiones!“
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Sein deutscher Sclave, Schmidt geheißen, p2b_115.037
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Dacht': „Jhn soll das Mäusle beißen, p2b_115.039
Wenn er sie je wieder kriegt, p2b_115.040
Denn wer einmal tot da liegt, p2b_115.041
Wird nicht mehr lebendig.“
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O Quinctili, armer Feldherr! p2b_115.102
Dachtest du, daß so die Welt wär'?! p2b_115.103
Er geriet in einen Sumpf, p2b_115.104
Verlor zwei Stiefel und einen Strumpf p2b_115.105
Und blieb elend stecken.
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Da sprach er voll Ärgernussen p2b_115.107
Zu Herrn Centurio Titiussen: p2b_115.108
„Kamerade, zeuch dein Schwert hervor p2b_115.109
Und von hinten mich durchbohr, p2b_115.110
Weil doch Alles futsch ist.“
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Jn dem armen röm'schen Heere p2b_115.112
Diente auch als Volontaire, p2b_115.113
Scaevola, ein Rechtskandidat, p2b_115.114
Den man schnöd' gefangen hat, p2b_115.115
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Diesem ist es schlecht ergangen, p2b_115.117
Ehe, daß man ihn aufgehangen, p2b_115.118
Stach man ihm durch Zung' und Herz, p2b_115.119
Nagelte in hinterwärts p2b_115.120
Auf sein Corpus Juris.
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Als das Morden war zu Ende, p2b_115.122
Rieb Fürst Hermann sich die Hände, p2b_115.123
Und um sich noch mehr zu freu'n, p2b_115.124
Lud er die Cherusker ein, p2b_115.125
Zu dem großen Frühstück.
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Hui, da gab's westphäl'sche Schinken, p2b_115.127
Bier soviel sie wollten trinken. p2b_115.128
Selbst im Zechen blieb er Held; p2b_115.129
Doch auch seine Frau Thusneld p2b_115.130
Trank als wie ein Hausknecht.
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Nur in Rom war man nicht heiter, p2b_115.132
Sondern kaufte Trauerkleider, p2b_115.133
Grade, als beim Mittagmahl p2b_115.134
Augustus saß im Kaisersaal, p2b_115.135
Kam die Trauerbotschaft.
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Erst blieb ihm vor jähem Schrecken p2b_115.137
Ein Stück Pfau im Halse stecken, p2b_115.138
Dann geriet er außer sich p2b_115.139
Und schrie! Varus, Fluch auf dich! p2b_115.140
Redde legiones!
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Sein deutscher Sclave, „Schmidt“ gegeheißen, p2b_115.142
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Wenn er je sie wieder kriegt! p2b_115.145
Denn wer einmal tot da liegt, p2b_115.146
Wird nicht mehr lebendig.“
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/137>, abgerufen am 19.07.2024. |