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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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schönen Formen spricht figürlich zu uns, und die Auslegungsgabe ihrer Chiffrenschrift p2b_108.002
ist uns im moralischen Gefühl verliehen." Von diesem Gefühl ist zu p2b_108.003
verstehen, was er in dem tiefsinnigen prosaischen Fragment "Grund zum p2b_108.004
Empedokles" sagt: "Natur und Kunst sind sich im reinen Leben nur harmonisch p2b_108.005
entgegengesetzt. Der organischere, künstlichere Mensch ist die Blüte der Natur, p2b_108.006
die selbstlose Natur, wenn sie rein gefühlt wird von rein organisierten, rein p2b_108.007
in seiner Art gebildeten Menschen, giebt ihm das Gefühl der Vollendung." p2b_108.008
Hölderlin feiert die Natur als die "allduldende", denn sie duldet nicht allein p2b_108.009
das in ihr selbst vorhandene Übel, sondern auch den an ihr und sich irrgewordenen p2b_108.010
Geist, von dem sie gleichwohl ihre Erlösung allein zu hoffen hat.

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Eigentümlich gefühlsinnig, mit Vorliebe für das Wunderbare sind noch p2b_108.012
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schwäbischen Sängers Eduard Mörike. Wertvolle Naturlieder haben sonst noch p2b_108.014
die unten in den Beispielen zu nennenden Dichter geliefert.

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Beispiele der Naturlieder:

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a. An die Natur. p2b_108.017

Süße, heilige Natur, p2b_108.018
Laß mich gehn auf deiner Spur, p2b_108.019
Leite mich an deiner Hand, p2b_108.020
Wie ein Kind am Gängelband!
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Wenn ich dann ermüdet bin, p2b_108.022
Sink' ich dir am Busen hin, p2b_108.023
Atme reine Himmelsluft p2b_108.024
Hangend an der Mutterbrust.
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Ach! wie wohl ist mir bei dir! p2b_108.026
Will dich lieben für und für; p2b_108.027
Laß mich gehn auf deiner Spur, p2b_108.028
Süße, heilige Natur!
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(Friedr. Leop. Graf zu Stolberg, + 1819.)

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b. Jm April. p2b_108.031

Du feuchter Frühlingsabend, p2b_108.032
Wie hab' ich dich so gern - p2b_108.033
Der Himmel wolkenverhangen, p2b_108.034
Nur hie und da ein Stern.
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Wie leiser Liebesodem p2b_108.036
Hauchet so lau die Luft, p2b_108.037
Es steigt aus allen Thalen p2b_108.038
Ein warmer Veilchenduft.
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Jch möcht' ein Lied ersinnen, p2b_108.040
Das diesem Abend gleich; p2b_108.041
Und kann den Klang nicht finden, p2b_108.042
So dunkel, mild und weich.
(Geibel.)

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Beispiele der Naturlieder:

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/130>, abgerufen am 28.11.2024.