Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_104.001 p2b_104.007 Laudon, von Mastalier. p2b_104.009 Wen, Harfe, zitterst du zu verkündigen? p2b_104.010 Was reizet deine Saiten zum Schlachtenton? p2b_104.011 Jetzt, da des Friedens sanfte Gottheit p2b_104.012 Städte bevölkert und Länder bauet? p2b_104.013 Braust eines Helden etwa verschwiegner Ruhm p2b_104.014 Vom Feld des Kampfs her? Horche, dort kommt ein Laut, p2b_104.015 Zwar halb vom Tannenwald verschlungen, p2b_104.016 Der auf der Quaden Gebirge türmet, p2b_104.017 Doch Barden kennbar. Ha, wie der jungen Braut p2b_104.018 Gefühlvoll Herz dem Jüngling entgegenschlägt, p2b_104.019 Den ihr, durch Blut und Ruhm verschönert, p2b_104.020 Jetzo der Fried' in die Arme führet. p2b_104.021 So rauschet großen Thaten, den glänzenden p2b_104.022 Gefährten hoher Lieder, so rauschet dir p2b_104.023 Und deinen Siegen, großer Laudon, p2b_104.024 Jetzo die bebende Harf' entgegen. p2b_104.025 Auf denn, mein schüchtern Saitenspiel, säume nicht, p2b_104.026 Die hellsten Thaten, die in der einzigen p2b_104.027 Theresia Geschichte glänzen, p2b_104.028 Kleinern Jahrhunderten vorzusingen. p2b_104.029 Denn, wird der Zeiten fruchtbarer Schoß dereinst p2b_104.030 Zu schwach, theresenähnliche Fürstinnen p2b_104.031 Hervorzubringen (tönt nicht ihrer p2b_104.032 Siege Geräusch bis zur jüngsten Nachwelt p2b_104.033 Jn ewgen Liedern aufbewahrt?) o, so staunt p2b_104.034 Ein blöder Enkel einst bei gemeiner That; p2b_104.035 Denn er vermisset unsrer Tage p2b_104.036 Wunder, und wähnt nichts von Laudons Thaten. p2b_104.037 Zwar könnt' er anders? Wähnt es der Brenne denn, p2b_104.038 Welch' heißer Kriegesdonner in Laudon ihm p2b_104.039 Entgegenfuhr! Auch dann, als Böhmens p2b_104.040 Blutig Gefild schon von Schlachten rauchte? p2b_104.041
Und staunten nicht selbst unsre vom großen Sieg p2b_104.042 Noch stolze Mauern, als sie das erste Mal p2b_104.043 Dem unerhörten Siegesboten p2b_104.044 Laudons sich feierlich aufgeschlossen? p2b_104.001 p2b_104.007 Laudon, von Mastalier. p2b_104.009 Wen, Harfe, zitterst du zu verkündigen? p2b_104.010 Was reizet deine Saiten zum Schlachtenton? p2b_104.011 Jetzt, da des Friedens sanfte Gottheit p2b_104.012 Städte bevölkert und Länder bauet? p2b_104.013 Braust eines Helden etwa verschwiegner Ruhm p2b_104.014 Vom Feld des Kampfs her? Horche, dort kommt ein Laut, p2b_104.015 Zwar halb vom Tannenwald verschlungen, p2b_104.016 Der auf der Quaden Gebirge türmet, p2b_104.017 Doch Barden kennbar. Ha, wie der jungen Braut p2b_104.018 Gefühlvoll Herz dem Jüngling entgegenschlägt, p2b_104.019 Den ihr, durch Blut und Ruhm verschönert, p2b_104.020 Jetzo der Fried' in die Arme führet. p2b_104.021 So rauschet großen Thaten, den glänzenden p2b_104.022 Gefährten hoher Lieder, so rauschet dir p2b_104.023 Und deinen Siegen, großer Laudon, p2b_104.024 Jetzo die bebende Harf' entgegen. p2b_104.025 Auf denn, mein schüchtern Saitenspiel, säume nicht, p2b_104.026 Die hellsten Thaten, die in der einzigen p2b_104.027 Theresia Geschichte glänzen, p2b_104.028 Kleinern Jahrhunderten vorzusingen. p2b_104.029 Denn, wird der Zeiten fruchtbarer Schoß dereinst p2b_104.030 Zu schwach, theresenähnliche Fürstinnen p2b_104.031 Hervorzubringen (tönt nicht ihrer p2b_104.032 Siege Geräusch bis zur jüngsten Nachwelt p2b_104.033 Jn ewgen Liedern aufbewahrt?) o, so staunt p2b_104.034 Ein blöder Enkel einst bei gemeiner That; p2b_104.035 Denn er vermisset unsrer Tage p2b_104.036 Wunder, und wähnt nichts von Laudons Thaten. p2b_104.037 Zwar könnt' er anders? Wähnt es der Brenne denn, p2b_104.038 Welch' heißer Kriegesdonner in Laudon ihm p2b_104.039 Entgegenfuhr! Auch dann, als Böhmens p2b_104.040 Blutig Gefild schon von Schlachten rauchte? p2b_104.041
Und staunten nicht selbst unsre vom großen Sieg p2b_104.042 Noch stolze Mauern, als sie das erste Mal p2b_104.043 Dem unerhörten Siegesboten p2b_104.044 Laudons sich feierlich aufgeschlossen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0126" n="104"/> <p><lb n="p2b_104.001"/> Die Nachahmer des Klopstockschen Bardensanges (Kretschmann [† 1809], <lb n="p2b_104.002"/> Denis [† 1800, Wiens Befreiung], Mastalier in Wien [† 1795]) bezeichnet <lb n="p2b_104.003"/> man vorzugsweise als die deutschen Barden. Sie bemühten sich, im Sinn und <lb n="p2b_104.004"/> Geist der alten Barden zu dichten, sie teilten ihre patriotischen Gefühle in antiken <lb n="p2b_104.005"/> Formen mit und wählten meist deutsche Helden und Fürsten zum Gegenstand <lb n="p2b_104.006"/> ihrer Gesänge.</p> <p> <lb n="p2b_104.007"/> <hi rendition="#g">Beispiel des Bardiets:</hi> </p> <lb n="p2b_104.008"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Laudon, von Mastalier.</hi> </hi> <lb n="p2b_104.009"/> <lg> <l> Wen, Harfe, zitterst du zu verkündigen?</l> <lb n="p2b_104.010"/> <l>Was reizet deine Saiten zum Schlachtenton?</l> <lb n="p2b_104.011"/> <l>Jetzt, da des Friedens sanfte Gottheit</l> <lb n="p2b_104.012"/> <l>Städte bevölkert und Länder bauet? </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.013"/> <l> Braust eines Helden etwa verschwiegner Ruhm</l> <lb n="p2b_104.014"/> <l>Vom Feld des Kampfs her? Horche, dort kommt ein Laut,</l> <lb n="p2b_104.015"/> <l>Zwar halb vom Tannenwald verschlungen,</l> <lb n="p2b_104.016"/> <l>Der auf der Quaden Gebirge türmet, </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.017"/> <l> Doch Barden kennbar. Ha, wie der jungen Braut</l> <lb n="p2b_104.018"/> <l>Gefühlvoll Herz dem Jüngling entgegenschlägt,</l> <lb n="p2b_104.019"/> <l>Den ihr, durch Blut und Ruhm verschönert,</l> <lb n="p2b_104.020"/> <l>Jetzo der Fried' in die Arme führet. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.021"/> <l> So rauschet großen Thaten, den glänzenden</l> <lb n="p2b_104.022"/> <l>Gefährten hoher Lieder, so rauschet dir</l> <lb n="p2b_104.023"/> <l>Und deinen Siegen, großer Laudon,</l> <lb n="p2b_104.024"/> <l>Jetzo die bebende Harf' entgegen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.025"/> <l> Auf denn, mein schüchtern Saitenspiel, säume nicht,</l> <lb n="p2b_104.026"/> <l>Die hellsten Thaten, die in der einzigen</l> <lb n="p2b_104.027"/> <l>Theresia Geschichte glänzen,</l> <lb n="p2b_104.028"/> <l>Kleinern Jahrhunderten vorzusingen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.029"/> <l> Denn, wird der Zeiten fruchtbarer Schoß dereinst</l> <lb n="p2b_104.030"/> <l>Zu schwach, theresenähnliche Fürstinnen</l> <lb n="p2b_104.031"/> <l>Hervorzubringen (tönt nicht ihrer</l> <lb n="p2b_104.032"/> <l>Siege Geräusch bis zur jüngsten Nachwelt </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.033"/> <l> Jn ewgen Liedern aufbewahrt?) o, so staunt</l> <lb n="p2b_104.034"/> <l>Ein blöder Enkel einst bei gemeiner That;</l> <lb n="p2b_104.035"/> <l>Denn er vermisset unsrer Tage</l> <lb n="p2b_104.036"/> <l>Wunder, und wähnt nichts von Laudons Thaten. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.037"/> <l> Zwar könnt' er anders? Wähnt es der Brenne denn,</l> <lb n="p2b_104.038"/> <l>Welch' heißer Kriegesdonner in Laudon ihm</l> <lb n="p2b_104.039"/> <l>Entgegenfuhr! Auch dann, als Böhmens</l> <lb n="p2b_104.040"/> <l>Blutig Gefild schon von Schlachten rauchte? </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_104.041"/> <l> Und staunten nicht selbst unsre vom großen Sieg</l> <lb n="p2b_104.042"/> <l>Noch stolze Mauern, als sie das erste Mal</l> <lb n="p2b_104.043"/> <l>Dem unerhörten Siegesboten</l> <lb n="p2b_104.044"/> <l>Laudons sich feierlich aufgeschlossen?</l> </lg> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0126]
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Die Nachahmer des Klopstockschen Bardensanges (Kretschmann [† 1809], p2b_104.002
Denis [† 1800, Wiens Befreiung], Mastalier in Wien [† 1795]) bezeichnet p2b_104.003
man vorzugsweise als die deutschen Barden. Sie bemühten sich, im Sinn und p2b_104.004
Geist der alten Barden zu dichten, sie teilten ihre patriotischen Gefühle in antiken p2b_104.005
Formen mit und wählten meist deutsche Helden und Fürsten zum Gegenstand p2b_104.006
ihrer Gesänge.
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Beispiel des Bardiets:
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Laudon, von Mastalier. p2b_104.009
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Auf denn, mein schüchtern Saitenspiel, säume nicht, p2b_104.026
Die hellsten Thaten, die in der einzigen p2b_104.027
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Siege Geräusch bis zur jüngsten Nachwelt
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Blutig Gefild schon von Schlachten rauchte?
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Laudons sich feierlich aufgeschlossen?
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/126>, abgerufen am 18.07.2024. |