Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_092.001 p2b_092.003 Herr Oluf reitet spät und weit, p2b_092.007 Zu bieten auf seine Hochzeitleut'; p2b_092.008 Da tanzen die Elfen auf grünem Land, p2b_092.009 Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand. p2b_092.010 "Willkommen, Herr Oluf, was eilst von hier? p2b_092.011 Tritt hier in den Reihen und tanz' mit mir." p2b_092.012 Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, p2b_092.013 Frühmorgen ist mein Hochzeittag. p2b_092.014 "Hör' an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir, p2b_092.015 Zwei güldne Sporen schenk' ich dir. p2b_092.016 "Ein Hemd von Seide so weiß und fein, p2b_092.017 Meine Mutter bleicht's mit Mondenschein." p2b_092.018 Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, p2b_092.019 Frühmorgen ist mein Hochzeittag. p2b_092.020 "Hör' an! Herr Oluf, tritt tanzen mit mir; p2b_092.021 Einen Haufen Goldes schenk' ich dir." p2b_092.022 Einen Haufen Goldes nähm' ich wohl; p2b_092.023 Doch tanzen ich nicht darf noch soll. p2b_092.024 "Und willt, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir: p2b_092.025 Soll Seuch' und Krankheit folgen dir." p2b_092.026 Sie thät einen Schlag ihm auf sein Herz, p2b_092.027 Noch nimmer fühlt' er solchen Schmerz. p2b_092.028 Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd, p2b_092.029 "Reit' heim nun zu dein'm Fräulein wert." p2b_092.030 Und als er kam vor Hauses Thür, p2b_092.031 Seine Mutter zitternd stand dafür. p2b_092.032 "Hör' an, mein Sohn, sag' an mir gleich, p2b_092.033 Wie ist dein' Farbe blaß und bleich?" p2b_092.034 Und sollt' sie nicht sein blaß und bleich, p2b_092.035 Jch traf in Erlenkönigs Reich. p2b_092.036 "Hör an, mein Sohn, so lieb und traut, p2b_092.037 Was soll ich nun sagen deiner Braut?" p2b_092.038 Sagt ihr, ich sei im Wald zur Stund, p2b_092.039 Zu proben da mein Pferd und Hund. p2b_092.040 Frühmorgen und als es Tag kaum war, p2b_092.041 Da kam die Braut mit der Hochzeitschar. p2b_092.042
Sie schenkten Meth, sie schenkten Wein, p2b_092.043 "Wo ist Herr Oluf, der Bräut'gam mein?" p2b_092.001 p2b_092.003 Herr Oluf reitet spät und weit, p2b_092.007 Zu bieten auf seine Hochzeitleut'; p2b_092.008 Da tanzen die Elfen auf grünem Land, p2b_092.009 Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand. p2b_092.010 „Willkommen, Herr Oluf, was eilst von hier? p2b_092.011 Tritt hier in den Reihen und tanz' mit mir.“ p2b_092.012 Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, p2b_092.013 Frühmorgen ist mein Hochzeittag. p2b_092.014 „Hör' an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir, p2b_092.015 Zwei güldne Sporen schenk' ich dir. p2b_092.016 „Ein Hemd von Seide so weiß und fein, p2b_092.017 Meine Mutter bleicht's mit Mondenschein.“ p2b_092.018 Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, p2b_092.019 Frühmorgen ist mein Hochzeittag. p2b_092.020 „Hör' an! Herr Oluf, tritt tanzen mit mir; p2b_092.021 Einen Haufen Goldes schenk' ich dir.“ p2b_092.022 Einen Haufen Goldes nähm' ich wohl; p2b_092.023 Doch tanzen ich nicht darf noch soll. p2b_092.024 „Und willt, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir: p2b_092.025 Soll Seuch' und Krankheit folgen dir.“ p2b_092.026 Sie thät einen Schlag ihm auf sein Herz, p2b_092.027 Noch nimmer fühlt' er solchen Schmerz. p2b_092.028 Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd, p2b_092.029 „Reit' heim nun zu dein'm Fräulein wert.“ p2b_092.030 Und als er kam vor Hauses Thür, p2b_092.031 Seine Mutter zitternd stand dafür. p2b_092.032 „Hör' an, mein Sohn, sag' an mir gleich, p2b_092.033 Wie ist dein' Farbe blaß und bleich?“ p2b_092.034 Und sollt' sie nicht sein blaß und bleich, p2b_092.035 Jch traf in Erlenkönigs Reich. p2b_092.036 „Hör an, mein Sohn, so lieb und traut, p2b_092.037 Was soll ich nun sagen deiner Braut?“ p2b_092.038 Sagt ihr, ich sei im Wald zur Stund, p2b_092.039 Zu proben da mein Pferd und Hund. p2b_092.040 Frühmorgen und als es Tag kaum war, p2b_092.041 Da kam die Braut mit der Hochzeitschar. p2b_092.042
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Das in der beliebten, volksmäßigen Dialogform gehaltene Volkslied vom p2b_092.002
Mädchen und der Hasel s. § 2 S. 3 d. Bds.
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in Liedern“, das irrtümlich meistens in sechszeiligen Strophen mitgeteilt wird. p2b_092.005
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