Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_083.001 p2b_083.006 p2b_083.010 p2b_083.012 a. Es ging ein Knab' spazieren, p2b_083.014 spazieren wohl in den Wald. p2b_083.015 O du Deutschland, ich muß marschieren, p2b_083.016 O du Deutschland, ich muß fort. (Zum Ausmarsch.) p2b_083.017c. Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag. p2b_083.018(Erlkönigs Tochter.) p2b_083.019 a. Weinst du um deines Vaters Gut, oder bin ich dir nicht gut genug? p2b_083.022 Jch wein' nicht um meines Vaters Gut. (Ulrich u. Annchen.) p2b_083.023b. Meine Mutter heißt Frau Ute, eine gewalt'ge Herzogin, p2b_083.024 p2b_083.027Und Hildebrand der Alte, der liebste Vater mein. p2b_083.025 Heißt deine Mutter Frau Ute, ein' gewalt'ge Herzogin, p2b_083.026 Bin ich Hildebrand der Alte, der liebste Vater dein. (Volkslied vom Hildebrand.) p2b_083.028 p2b_083.030 a. Was fand sie in dem Grabe stan? p2b_083.032 Einen Engel wolgetan. (Magdalenenlied.) p2b_083.033b. Was zog er aus seiner Tasche? p2b_083.034 Ein Messer, so scharf und so spitz. (Heimkehr.) p2b_083.035c. Was zog er ab vom Finger? p2b_083.036 Ein rotes Goldringelein. (Falsche Liebe.) p2b_083.037d. Was begegnet dir auf der Heiden? p2b_083.038 Ein stolzer Degen jung. p2b_083.039 Was begegnet dir in der Marke? p2b_083.040 Der junge Hildebrand. (Hildebrandlied.) p2b_083.041e. Was zog sie aus ihrem Schürzelein? p2b_083.042 Ein Hemd, so weiß wie Schnee. (Treue.) p2b_083.043f. Was zog er von dem Finger sein? p2b_083.044 Ein'n Ring von rotem Golde sein. (Die Linde im Thale.) p2b_083.045g. Eine Anzahl von Volksliedern beginnt: Was wollen wir aber heben an; p2b_083.046 p2b_083.047Was wollen wir singen und heben an; Was wollen wir aber singen &c. (Vgl. Uhlands Volksl. S. 283. 287. 356. 361. 376. 412. 431. 549. 557. 645 &c.) p2b_083.001 p2b_083.006 p2b_083.010 p2b_083.012 a. Es ging ein Knab' spazieren, p2b_083.014 spazieren wohl in den Wald. p2b_083.015 O du Deutschland, ich muß marschieren, p2b_083.016 O du Deutschland, ich muß fort. (Zum Ausmarsch.) p2b_083.017c. Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag. p2b_083.018(Erlkönigs Tochter.) p2b_083.019 a. Weinst du um deines Vaters Gut, oder bin ich dir nicht gut genug? p2b_083.022 Jch wein' nicht um meines Vaters Gut. (Ulrich u. Annchen.) p2b_083.023b. Meine Mutter heißt Frau Ute, eine gewalt'ge Herzogin, p2b_083.024 p2b_083.027Und Hildebrand der Alte, der liebste Vater mein. p2b_083.025 Heißt deine Mutter Frau Ute, ein' gewalt'ge Herzogin, p2b_083.026 Bin ich Hildebrand der Alte, der liebste Vater dein. (Volkslied vom Hildebrand.) p2b_083.028 p2b_083.030 a. Was fand sie in dem Grabe stan? p2b_083.032 Einen Engel wolgetan. (Magdalenenlied.) p2b_083.033b. Was zog er aus seiner Tasche? p2b_083.034 Ein Messer, so scharf und so spitz. (Heimkehr.) p2b_083.035c. Was zog er ab vom Finger? p2b_083.036 Ein rotes Goldringelein. (Falsche Liebe.) p2b_083.037d. Was begegnet dir auf der Heiden? p2b_083.038 Ein stolzer Degen jung. p2b_083.039 Was begegnet dir in der Marke? p2b_083.040 Der junge Hildebrand. (Hildebrandlied.) p2b_083.041e. Was zog sie aus ihrem Schürzelein? p2b_083.042 Ein Hemd, so weiß wie Schnee. (Treue.) p2b_083.043f. Was zog er von dem Finger sein? p2b_083.044 Ein'n Ring von rotem Golde sein. (Die Linde im Thale.) p2b_083.045g. Eine Anzahl von Volksliedern beginnt: Was wollen wir aber heben an; p2b_083.046 p2b_083.047Was wollen wir singen und heben an; Was wollen wir aber singen &c. (Vgl. Uhlands Volksl. 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Wir beweisen dies durch Beispiele aus allen Volksliedern:</p> <p><lb n="p2b_083.010"/><hi rendition="#aq">A</hi>. <hi rendition="#g">Volksmäßige Wiederholungen einzelner Satzteile und <lb n="p2b_083.011"/> Formen in ein und demselben Volksliede.</hi></p> <p><lb n="p2b_083.012"/> 1. <hi rendition="#g">Wiederholung einzelner Wörter.</hi></p> <lb n="p2b_083.013"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p> <lg> <l>Es ging ein Knab' <hi rendition="#g">spazieren</hi>,</l> <lb n="p2b_083.014"/> <l><hi rendition="#g">spazieren</hi> wohl in den Wald. </l> </lg> <p rendition="#left"><lb n="p2b_083.015"/><hi rendition="#aq">b</hi>.</p> <lg> <l>O du Deutschland, ich muß marschieren,</l> <lb n="p2b_083.016"/> <l>O <hi rendition="#g">du Deutschland,</hi> ich muß fort.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Zum Ausmarsch.)</hi> </p> <lb n="p2b_083.017"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">c</hi>.</p> <lg> <l>Jch darf <hi rendition="#g">nicht tanzen, nicht tanzen</hi> ich mag.</l> </lg> <lb n="p2b_083.018"/> <p> <hi rendition="#right">(Erlkönigs Tochter.)</hi> </p> <p><lb n="p2b_083.019"/> 2. <hi rendition="#g">Wiederholung der Frage in der Antwort oder ganzer <lb n="p2b_083.020"/> Strophenteile.</hi></p> <lb n="p2b_083.021"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p> <lg> <l>Weinst du um deines Vaters Gut, oder bin ich dir nicht gut genug?</l> <lb n="p2b_083.022"/> <l>Jch wein' nicht um meines Vaters Gut.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Ulrich u. 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von Usteri trotz seines so volksmäßigen Refrains, trotz seines so herzlichen, p2b_083.002
einfachen Tones, wegen der Absichtlichkeit seiner moralischen Beziehungen kein p2b_083.003
Volkslied im eigentlichsten Sinn. Das Volk liebt keine Abstraktionen, in welchen p2b_083.004
─ wie hier ─ von einer Genügsamkeit gesprochen wird, die bald zum Bäumchen p2b_083.005
aufschießt, das goldene Früchte trägt u. s. w.
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2. Eine Eigenart des geheimnisvollen Baues und der rätselhaften Beliebtheit p2b_083.007
des Volksliedes sind seine Anklänge an lieb gewordene Phrasen, seine p2b_083.008
Ausdrücke und Wendungen, seine Wiederholungen, Umbildungen, Anklänge, p2b_083.009
Vorschläge, Elisionen &c. Wir beweisen dies durch Beispiele aus allen Volksliedern:
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A. Volksmäßige Wiederholungen einzelner Satzteile und p2b_083.011
Formen in ein und demselben Volksliede.
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1. Wiederholung einzelner Wörter.
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a.
Es ging ein Knab' spazieren, p2b_083.014
spazieren wohl in den Wald.
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b.
O du Deutschland, ich muß marschieren, p2b_083.016
O du Deutschland, ich muß fort.
(Zum Ausmarsch.)
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c.
Jch darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag.
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(Erlkönigs Tochter.)
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2. Wiederholung der Frage in der Antwort oder ganzer p2b_083.020
Strophenteile.
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a.
Weinst du um deines Vaters Gut, oder bin ich dir nicht gut genug? p2b_083.022
Jch wein' nicht um meines Vaters Gut.
(Ulrich u. Annchen.)
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b.
Meine Mutter heißt Frau Ute, eine gewalt'ge Herzogin, p2b_083.024
Und Hildebrand der Alte, der liebste Vater mein. p2b_083.025
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Bin ich Hildebrand der Alte, der liebste Vater dein.
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(Volkslied vom Hildebrand.)
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B. Wiederkehr gleicher oder ähnlicher Satzteile und Satzformen p2b_083.029
in verschiedenen Volksliedern verschiedener Dichter oder Zeiten.
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1. Die Frageform wiederholt sich:
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a.
Was fand sie in dem Grabe stan? p2b_083.032
Einen Engel wolgetan.
(Magdalenenlied.)
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b.
Was zog er aus seiner Tasche? p2b_083.034
Ein Messer, so scharf und so spitz.
(Heimkehr.)
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c.
Was zog er ab vom Finger? p2b_083.036
Ein rotes Goldringelein.
(Falsche Liebe.)
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d.
Was begegnet dir auf der Heiden? p2b_083.038
Ein stolzer Degen jung. p2b_083.039
Was begegnet dir in der Marke? p2b_083.040
Der junge Hildebrand.
(Hildebrandlied.)
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e.
Was zog sie aus ihrem Schürzelein? p2b_083.042
Ein Hemd, so weiß wie Schnee.
(Treue.)
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Was zog er von dem Finger sein? p2b_083.044
Ein'n Ring von rotem Golde sein.
(Die Linde im Thale.)
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Eine Anzahl von Volksliedern beginnt: Was wollen wir aber heben an; p2b_083.046
Was wollen wir singen und heben an; Was wollen wir aber singen &c.
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(Vgl. Uhlands Volksl. S. 283. 287. 356. 361. 376. 412. 431. 549. 557. 645 &c.)
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/105>, abgerufen am 17.07.2024. |