Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_737.001 p1b_737.002 p1b_737.003 p1b_737.005 p1b_737.006 p1b_737.008 p1b_737.009 Mein Oheim ging auf Gottes Wegen, p1b_737.011 Als seine schwere Krankheit kam; p1b_737.012 Er ließ sich ehren, hätscheln, pflegen, p1b_737.013 Und das war klug von ihm: man nahm p1b_737.014 An ihm ein Beispiel sich zum Heile. p1b_737.015 Doch, Himmel! welche Langeweile, p1b_737.016 Beim Kranken sitzen Tag und Nacht, p1b_737.017 Nicht aufstehn, ob er schläft, ob wacht! p1b_737.018 O welch ein schändliches Betrügen: p1b_737.019 Jetzt reicht man ihm die Medizin, p1b_737.020 Rückt ihm das Kissen, hätschelt ihn, p1b_737.021 Erheuchelt Mitleid in den Zügen, p1b_737.022 Und seufzt und denkt dabei für sich: p1b_737.023 Wann endlich holt der Teufel dich! p1b_737.024 p1b_737.026 p1b_737.029 p1b_737.030 Amor hatt' ein Fieber, p1b_737.032
Wälzte sich im Nest p1b_737.033 Schlaflos, alle Götter p1b_737.034 Sah'n es traurigest, p1b_737.035 Keiner konnte helfen, p1b_737.036 Endlich sprach ein West: p1b_737.037 Amors Übel heilet p1b_737.038 Hymen allerbest. p1b_737.039 Hymen ward gerufen, p1b_737.040 Und ihm war's ein Fest. p1b_737.041 Einen Schlaftrunk braut' er, p1b_737.042 Und als noch der Rest p1b_737.043 Nicht war ausgetrunken, p1b_737.044 Schlief schon Amor fest. (Rückerts Ges. Ausg. V. 185.) p1b_737.001 p1b_737.002 p1b_737.003 p1b_737.005 p1b_737.006 p1b_737.008 p1b_737.009 Mein Oheim ging auf Gottes Wegen, p1b_737.011 Als seine schwere Krankheit kam; p1b_737.012 Er ließ sich ehren, hätscheln, pflegen, p1b_737.013 Und das war klug von ihm: man nahm p1b_737.014 An ihm ein Beispiel sich zum Heile. p1b_737.015 Doch, Himmel! welche Langeweile, p1b_737.016 Beim Kranken sitzen Tag und Nacht, p1b_737.017 Nicht aufstehn, ob er schläft, ob wacht! p1b_737.018 O welch ein schändliches Betrügen: p1b_737.019 Jetzt reicht man ihm die Medizin, p1b_737.020 Rückt ihm das Kissen, hätschelt ihn, p1b_737.021 Erheuchelt Mitleid in den Zügen, p1b_737.022 Und seufzt und denkt dabei für sich: p1b_737.023 Wann endlich holt der Teufel dich! p1b_737.024 p1b_737.026 p1b_737.029 p1b_737.030 Amor hatt' ein Fieber, p1b_737.032
Wälzte sich im Nest p1b_737.033 Schlaflos, alle Götter p1b_737.034 Sah'n es traurigest, p1b_737.035 Keiner konnte helfen, p1b_737.036 Endlich sprach ein West: p1b_737.037 Amors Übel heilet p1b_737.038 Hymen allerbest. p1b_737.039 Hymen ward gerufen, p1b_737.040 Und ihm war's ein Fest. p1b_737.041 Einen Schlaftrunk braut' er, p1b_737.042 Und als noch der Rest p1b_737.043 Nicht war ausgetrunken, p1b_737.044 Schlief schon Amor fest. (Rückerts Ges. Ausg. V. 185.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0771" n="737"/> <p><lb n="p1b_737.001"/> 19. <hi rendition="#aq">a b c d │ a b c d │ e f f g g e</hi>.</p> <p><lb n="p1b_737.002"/><hi rendition="#g">Beispiel:</hi> Meister Sigeher (Hagens Minnes. <hi rendition="#aq">II</hi>. 361. 2).</p> <p><lb n="p1b_737.003"/> 20. <hi rendition="#aq">a b a b c d c d e f f g e g</hi>. (<hi rendition="#g">Goethes Zauberlehrlingsstrophe</hi>.)</p> <lb n="p1b_737.004"/> <p><lb n="p1b_737.005"/> Als Beispiel s. S. 514 d. B. „Hat der alte Hexenmeister“ &c.</p> <p><lb n="p1b_737.006"/> Diese Goetheschen Strophen könnte man füglich auch als Doppelstrophen <lb n="p1b_737.007"/> bezeichnen.</p> </div> <div n="4"> <p><lb n="p1b_737.008"/> 21. <hi rendition="#aq">a b a b c c d d e f f e g g</hi>. (<hi rendition="#g">Bodenstedts Russenstrophe</hi>.)</p> <p> <lb n="p1b_737.009"/> <hi rendition="#g">Beispiel:</hi> </p> <lb n="p1b_737.010"/> <lg> <l>Mein Oheim ging auf Gottes Wegen,</l> <lb n="p1b_737.011"/> <l>Als seine schwere Krankheit kam;</l> <lb n="p1b_737.012"/> <l>Er ließ sich ehren, hätscheln, pflegen,</l> <lb n="p1b_737.013"/> <l>Und das war klug von ihm: man nahm</l> <lb n="p1b_737.014"/> <l>An ihm ein Beispiel sich zum Heile.</l> <lb n="p1b_737.015"/> <l>Doch, Himmel! welche Langeweile,</l> <lb n="p1b_737.016"/> <l>Beim Kranken sitzen Tag und Nacht,</l> <lb n="p1b_737.017"/> <l>Nicht aufstehn, ob er schläft, ob wacht!</l> <lb n="p1b_737.018"/> <l>O welch ein schändliches Betrügen:</l> <lb n="p1b_737.019"/> <l>Jetzt reicht man ihm die Medizin,</l> <lb n="p1b_737.020"/> <l>Rückt ihm das Kissen, hätschelt ihn,</l> <lb n="p1b_737.021"/> <l>Erheuchelt Mitleid in den Zügen,</l> <lb n="p1b_737.022"/> <l>Und seufzt und denkt dabei für sich:</l> <lb n="p1b_737.023"/> <l>Wann endlich holt der Teufel dich!</l> </lg> <p><lb n="p1b_737.024"/> (Bodenstedts Übersetzung von Puschkins Eugen Onägin. S. Bodenstedts <lb n="p1b_737.025"/> Ges. Schriften <hi rendition="#aq">V</hi>. S. 13.)</p> <p><lb n="p1b_737.026"/> Bei mehreren Strophen hat Bodenstedt das Schema <hi rendition="#aq">a b a b c d c d <lb n="p1b_737.027"/> e f e f g g</hi> und andere unwesentliche Modifikationen angebracht. Vgl. Ges. <lb n="p1b_737.028"/> Schriften Bd. <hi rendition="#aq">VIII</hi>. 29, 30, 31, 32, 33, 82, 124, 125 u. s. w.</p> <p><lb n="p1b_737.029"/> 22. <hi rendition="#aq">a b c b d b e b f b g b h b</hi>.</p> <p> <lb n="p1b_737.030"/> <hi rendition="#g">Beispiel:</hi> </p> <lb n="p1b_737.031"/> <lg> <l>Amor hatt' ein Fieber,</l> <lb n="p1b_737.032"/> <l>Wälzte sich im Nest</l> <lb n="p1b_737.033"/> <l>Schlaflos, alle Götter</l> <lb n="p1b_737.034"/> <l>Sah'n es traurigest,</l> <lb n="p1b_737.035"/> <l>Keiner konnte helfen,</l> <lb n="p1b_737.036"/> <l>Endlich sprach ein West:</l> <lb n="p1b_737.037"/> <l>Amors Übel heilet</l> <lb n="p1b_737.038"/> <l>Hymen allerbest.</l> <lb n="p1b_737.039"/> <l>Hymen ward gerufen,</l> <lb n="p1b_737.040"/> <l>Und ihm war's ein Fest.</l> <lb n="p1b_737.041"/> <l>Einen Schlaftrunk braut' er,</l> <lb n="p1b_737.042"/> <l>Und als noch der Rest</l> <lb n="p1b_737.043"/> <l>Nicht war ausgetrunken,</l> <lb n="p1b_737.044"/> <l>Schlief schon Amor fest. (Rückerts Ges. Ausg. <hi rendition="#aq">V</hi>. 185.)</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [737/0771]
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19. a b c d │ a b c d │ e f f g g e.
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Beispiel: Meister Sigeher (Hagens Minnes. II. 361. 2).
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20. a b a b c d c d e f f g e g. (Goethes Zauberlehrlingsstrophe.)
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Als Beispiel s. S. 514 d. B. „Hat der alte Hexenmeister“ &c.
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Diese Goetheschen Strophen könnte man füglich auch als Doppelstrophen p1b_737.007
bezeichnen.
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21. a b a b c c d d e f f e g g. (Bodenstedts Russenstrophe.)
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Beispiel:
p1b_737.010
Mein Oheim ging auf Gottes Wegen, p1b_737.011
Als seine schwere Krankheit kam; p1b_737.012
Er ließ sich ehren, hätscheln, pflegen, p1b_737.013
Und das war klug von ihm: man nahm p1b_737.014
An ihm ein Beispiel sich zum Heile. p1b_737.015
Doch, Himmel! welche Langeweile, p1b_737.016
Beim Kranken sitzen Tag und Nacht, p1b_737.017
Nicht aufstehn, ob er schläft, ob wacht! p1b_737.018
O welch ein schändliches Betrügen: p1b_737.019
Jetzt reicht man ihm die Medizin, p1b_737.020
Rückt ihm das Kissen, hätschelt ihn, p1b_737.021
Erheuchelt Mitleid in den Zügen, p1b_737.022
Und seufzt und denkt dabei für sich: p1b_737.023
Wann endlich holt der Teufel dich!
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(Bodenstedts Übersetzung von Puschkins Eugen Onägin. S. Bodenstedts p1b_737.025
Ges. Schriften V. S. 13.)
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Bei mehreren Strophen hat Bodenstedt das Schema a b a b c d c d p1b_737.027
e f e f g g und andere unwesentliche Modifikationen angebracht. Vgl. Ges. p1b_737.028
Schriften Bd. VIII. 29, 30, 31, 32, 33, 82, 124, 125 u. s. w.
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22. a b c b d b e b f b g b h b.
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Beispiel:
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Amor hatt' ein Fieber, p1b_737.032
Wälzte sich im Nest p1b_737.033
Schlaflos, alle Götter p1b_737.034
Sah'n es traurigest, p1b_737.035
Keiner konnte helfen, p1b_737.036
Endlich sprach ein West: p1b_737.037
Amors Übel heilet p1b_737.038
Hymen allerbest. p1b_737.039
Hymen ward gerufen, p1b_737.040
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Einen Schlaftrunk braut' er, p1b_737.042
Und als noch der Rest p1b_737.043
Nicht war ausgetrunken, p1b_737.044
Schlief schon Amor fest. (Rückerts Ges. Ausg. V. 185.)
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