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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Goethe hat bei vierzeiligen Strophen Eines Reimgeschlechts in der p1b_639.002
Regel die Länge der Verszeilen gewechselt, z. B.: (Dilettantenschema: a b c b.)

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Wie kommt's, daß du so traurig bist, p1b_639.004
Da alles froh erscheint? p1b_639.005
Man sieht dir's an den Augen an, p1b_639.006
Gewiß du hast geweint.

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Ähnlich Platen: (Dilettantenschema: a b a b.)

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Schlummer, deine sel'ge Macht p1b_639.009
Hatt' ich lang verkannt, p1b_639.010
Dich genoß ich jede Nacht, p1b_639.011
Nie von Dank entbrannt.
p1b_639.012

Oder:

Du scheu'st, mit mir allein zu sein, p1b_639.013
Du bist so schroff: p1b_639.014
Giebt nicht der Liebe Lust und Pein p1b_639.015
Zum Reden Stoff?

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Die dilettierenden Dichter vierzeiliger Strophen namentlich mit gepaarten p1b_639.017
Reimen vergaßen, daß ihre Strophen bei gleichlangen Zeilen, gleichem Rhythmus p1b_639.018
und gleichem Reimgeschlecht ohne Weiteres in zweizeilige Strophen auseinanderfallen. p1b_639.019
Um dies zu vermeiden hat der Dichter der Nibelungenstrophen p1b_639.020
den Strophenabschluß durch Verlängerung einer Zeile um einen Takt markiert. p1b_639.021
(§ 190 und 191.) Jeder Dichter vierzeiliger Strophen sollte bei gepaarten p1b_639.022
Reimen mindestens mit dem Reimgeschlechte wechseln, wie es Rückert in folgendem p1b_639.023
Beispiel zeigt (männlich a a, weiblich b · b):

p1b_639.024
Ja gehe du mir nicht zu nah, p1b_639.025
Es möchte sonst als Flamme ja p1b_639.026
Mein Ach dein Kleid ergreifen p1b_639.027
Mit seinen bunten Schleifen &c.

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Vierzeilige Strophen, wie diese von Freiligrath:

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Wüstenkönig ist der Löwe; will er sein Gebiet durchfliegen, p1b_639.030
Wandelt er nach der Lagune, in dem hohen Schilf zu liegen. p1b_639.031
Wo Gazellen und Giraffen trinken, kauert er im Rohre; p1b_639.032
Zitternd über dem Gewalt'gen rauscht das Laub der Sykomore.

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zerfallen ohne Weiteres in zwei zweizeilige. (Vgl. § 153 S. 508.) Platen p1b_639.034
hat solche Gedichte nur in zweizeiligen Strophen geschrieben, z. B.:

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Nächtlich am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe Lieder, p1b_639.036
Aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wieder.
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Und den Fluß hinauf, hinunter, zieh'n die Schatten tapfrer Goten, p1b_639.038
Die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten &c.

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Die Umstellung der Reime wie die Einfügung nicht reimender Zeilen p1b_639.040
ermöglichen 15 Reimschemata, von denen unsere Dichter die nachstehenden verwertet p1b_639.041
haben:

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Goethe hat bei vierzeiligen Strophen Eines Reimgeschlechts in der p1b_639.002
Regel die Länge der Verszeilen gewechselt, z. B.: (Dilettantenschema: a b c b.)

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Ähnlich Platen: (Dilettantenschema: a b a b.)

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zerfallen ohne Weiteres in zwei zweizeilige. (Vgl. § 153 S. 508.) Platen p1b_639.034
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/673>, abgerufen am 22.11.2024.