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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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im tet we der profeten val, p1b_632.002
ir groze qual p1b_632.003
durch himel hal; p1b_632.004
daz braht in her auf dise wal p1b_632.005
in Marja sal: p1b_632.006
daz bringt uns allen frumen.

p1b_632.007
f. Eine Strophe eines Bars in "Her Walthers von der p1b_632.008
Vogelweide gespaltenen wise
" (Jn derselben steht der Abgesang p1b_632.009
zwischen den beiden Stollen.):

p1b_632.010

Vil hochgelopter got, vil selten ich dich prise, p1b_632.011
und habe doch von dir wort werc sin unde wise: p1b_632.012
wie tar ich dann als frevelich tuon under dime rise? p1b_632.013
EIch halte, herre, din gebot nach diner waren minne p1b_632.014
gein dem ebencristen min noch, herre got, gein dir. p1b_632.015
ir wart mir keiner me so liep als ich bin mir: - - - - - - - - - -.(Diese 4. Zeile des Abges. fehlt|in der Kolm. Hs.) p1b_632.016
Wie moht ich den geminnen, der mir leide tuot? p1b_632.017
ich muoz doch dem holder sin der mir tuot guot. p1b_632.018
verzich mir mine sünde, wan ich gwinne kaume den muot.

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(Bartsch a. a. O. S. 536.)

p1b_632.020
(Bartsch bemerkt S. 156: Auffallend ist, daß diese Strophenform in p1b_632.021
die meistersängerische Poesie übergegangen ist, da sie von dem gewöhnlichen p1b_632.022
Bau, wonach die beiden unter sich ganz gleichen Stollen vorangehen und der p1b_632.023
Abgesang folgt, abweicht, denn in ihr steht der Abgesang zwischen den beiden p1b_632.024
Stollen, die außerdem durch das Geschlecht der Reime sich unterscheiden. Jene p1b_632.025
Trennung der Stollen durch den dazwischengeschobenen Abgesang scheint der p1b_632.026
Name "gespaltene Weise" bezeichnen zu sollen, der jedenfalls nicht aus Walthers p1b_632.027
Zeit stammt.)

p1b_632.028
Wir geben noch eine Strophe aus den Meisterliedern in Walthers gespaltener p1b_632.029
Weise (Bartsch a. a. O. S. 538):

p1b_632.030

Ez sint niht allez friunt die man da friunde heizet. p1b_632.031
er ist ein friunt der gein dem andern friuntlich beizet p1b_632.032
in ganzer staeter liebe und in sin friuntschaft dar zuo reizet. p1b_632.033
Er ist ein friunt der gein dem man mit worten p1b_632.034
lebt in dem herzen sin an allez kunterfeit. p1b_632.035
ichn ahte sin ze friunde niht im sei dann leit p1b_632.036
swaz seinem lieben friunde schat und wirret zallen orten. p1b_632.037
Er ist ein friunt und ein getriuwer man p1b_632.038
der seinem friunt in friuntschaft alles guoten gan p1b_632.039
in ganzer staeter liebe und er dar an niht wenken kan.

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im tet wê der profêten val, p1b_632.002
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durch himel hal; p1b_632.004
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daz bringt uns allen frumen.

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f. Eine Strophe eines Bars inHer Walthers von der p1b_632.008
Vogelweide gespaltenen wise
“ (Jn derselben steht der Abgesang p1b_632.009
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p1b_632.010

Vil hochgelopter got, vil selten ich dich prise, p1b_632.011
und habe doch von dir wort werc sin unde wise: p1b_632.012
wie tar ich dann als frevelich tuon under dime rise? p1b_632.013
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gein dem ebencristen min noch, herre got, gein dir. p1b_632.015
ir wart mir keiner mê sô liep als ich bin mir: ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─ ─.(Diese 4. Zeile des Abges. fehlt│in der Kolm. Hs.) p1b_632.016
Wie moht ich den geminnen, der mir leide tuot? p1b_632.017
ich muoz doch dem holder sin der mir tuot guot. p1b_632.018
verzich mir mine sünde, wan ich gwinne kûme den muot.

p1b_632.019

(Bartsch a. a. O. S. 536.)

p1b_632.020
(Bartsch bemerkt S. 156: Auffallend ist, daß diese Strophenform in p1b_632.021
die meistersängerische Poesie übergegangen ist, da sie von dem gewöhnlichen p1b_632.022
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Abgesang folgt, abweicht, denn in ihr steht der Abgesang zwischen den beiden p1b_632.024
Stollen, die außerdem durch das Geschlecht der Reime sich unterscheiden. Jene p1b_632.025
Trennung der Stollen durch den dazwischengeschobenen Abgesang scheint der p1b_632.026
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Wir geben noch eine Strophe aus den Meisterliedern in Walthers gespaltener p1b_632.029
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Ez sint niht allez friunt die man dâ friunde heizet. p1b_632.031
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/666>, abgerufen am 22.11.2024.