Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

p1b_566.001
Dieses Reimschemas hat sich auch A. W. Schlegel in seiner Übersetzung p1b_566.002
des Calderonschen Stückes "Schärpe und Blume" bedient. Z. B.:

p1b_566.003

b.

Diese Farbe schwebt im Scheine p1b_566.004
Nur dem Auge vor; in Wahrheit p1b_566.005
Jst der Himmel nichts als Klarheit p1b_566.006
Und erträgt der Farben keine, p1b_566.007
Drum ist seiner Sphären Reine p1b_566.008
Mit erlog'nem Blau umfangen p1b_566.009
Und die Erde darf verlangen, p1b_566.010
Daß hierin der Preis sie kröne. p1b_566.011
Täuschend nur ist jene Schöne, p1b_566.012
Und sie zeigt ein wahrhaft Prangen.

p1b_566.013
Schema: a b a a b c d d c d.

p1b_566.014

c.

Schweig, o Chor der Nachtigallen! p1b_566.015
Mir nur lausche jedes Ohr! p1b_566.016
Murmelbach, hör' auf zu wallen, p1b_566.017
Winde, laßt die Flügel fallen, p1b_566.018
Rasselt nicht durch Laub und Rohr! p1b_566.019
Halt in jedem Elemente, p1b_566.020
Halt in Garten, Hain und Flur p1b_566.021
Jeden Laut, der irgend nur p1b_566.022
Meine Feier stören könnte, p1b_566.023
Halt den Atem an, Natur.

(Bürger.)

p1b_566.024
Schema: a b a b a c c d c d.

p1b_566.025

d.

Wenn sich neue Liebe regt, p1b_566.026
Alles die Gefühle wagen, p1b_566.027
Die man, ach, so gerne hegt: p1b_566.028
Laß mich fühlen, doch nicht sagen, p1b_566.029
Wie die Seele sich bewegt. p1b_566.030
Wird sie jemals sich beschränken? p1b_566.031
Sich in Lust und Leid zu senken p1b_566.032
Kann sie nimmer sich entwöhnen! p1b_566.033
Doch was soll das eitle Denken? p1b_566.034
Süße Liebe denkt in Tönen.
p1b_566.035

(Friedr. Schlegel.)

p1b_566.036
Rückertsches Schema: a b a b, b c c b d d.

p1b_566.037

e.

Auch gewiß für mein Geschäfte p1b_566.038
Jst ein Platz auf einer Tenne, p1b_566.039
Dort zu brauchen meine Kräfte p1b_566.040
Und des Armes müß'ge Senne. p1b_566.041
Du, was ich mein Schicksal nenne, p1b_566.042
Wenn ich dort den Arm soll rühren, p1b_566.043
Mußt du erst dahin mich führen p1b_566.044
Und dann gieb, daß ich's erkenne: p1b_566.045
Hier bin ich an meiner Stelle p1b_566.046
Und daneben mein Geselle.

(Rückert.)

p1b_566.001
Dieses Reimschemas hat sich auch A. W. Schlegel in seiner Übersetzung p1b_566.002
des Calderonschen Stückes „Schärpe und Blume“ bedient. Z. B.:

p1b_566.003

b.

Diese Farbe schwebt im Scheine p1b_566.004
Nur dem Auge vor; in Wahrheit p1b_566.005
Jst der Himmel nichts als Klarheit p1b_566.006
Und erträgt der Farben keine, p1b_566.007
Drum ist seiner Sphären Reine p1b_566.008
Mit erlog'nem Blau umfangen p1b_566.009
Und die Erde darf verlangen, p1b_566.010
Daß hierin der Preis sie kröne. p1b_566.011
Täuschend nur ist jene Schöne, p1b_566.012
Und sie zeigt ein wahrhaft Prangen.

p1b_566.013
Schema: a b a a b c d d c d.

p1b_566.014

c.

Schweig, o Chor der Nachtigallen! p1b_566.015
Mir nur lausche jedes Ohr! p1b_566.016
Murmelbach, hör' auf zu wallen, p1b_566.017
Winde, laßt die Flügel fallen, p1b_566.018
Rasselt nicht durch Laub und Rohr! p1b_566.019
Halt in jedem Elemente, p1b_566.020
Halt in Garten, Hain und Flur p1b_566.021
Jeden Laut, der irgend nur p1b_566.022
Meine Feier stören könnte, p1b_566.023
Halt den Atem an, Natur.

(Bürger.)

p1b_566.024
Schema: a b a b a c c d c d.

p1b_566.025

d.

Wenn sich neue Liebe regt, p1b_566.026
Alles die Gefühle wagen, p1b_566.027
Die man, ach, so gerne hegt: p1b_566.028
Laß mich fühlen, doch nicht sagen, p1b_566.029
Wie die Seele sich bewegt. p1b_566.030
Wird sie jemals sich beschränken? p1b_566.031
Sich in Lust und Leid zu senken p1b_566.032
Kann sie nimmer sich entwöhnen! p1b_566.033
Doch was soll das eitle Denken? p1b_566.034
Süße Liebe denkt in Tönen.
p1b_566.035

(Friedr. Schlegel.)

p1b_566.036
Rückertsches Schema: a b a b, b c c b d d.

p1b_566.037

e.

Auch gewiß für mein Geschäfte p1b_566.038
Jst ein Platz auf einer Tenne, p1b_566.039
Dort zu brauchen meine Kräfte p1b_566.040
Und des Armes müß'ge Senne. p1b_566.041
Du, was ich mein Schicksal nenne, p1b_566.042
Wenn ich dort den Arm soll rühren, p1b_566.043
Mußt du erst dahin mich führen p1b_566.044
Und dann gieb, daß ich's erkenne: p1b_566.045
Hier bin ich an meiner Stelle p1b_566.046
Und daneben mein Geselle.

(Rückert.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0600" n="566"/>
              <p><lb n="p1b_566.001"/>
Dieses Reimschemas hat sich auch A. W. Schlegel in seiner Übersetzung <lb n="p1b_566.002"/>
des Calderonschen Stückes &#x201E;Schärpe und Blume&#x201C; bedient. Z. B.:</p>
              <lb n="p1b_566.003"/>
              <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">b</hi>.</p>
              <lg>
                <l>Diese Farbe schwebt im Scheine</l>
                <lb n="p1b_566.004"/>
                <l>Nur dem Auge vor; in Wahrheit</l>
                <lb n="p1b_566.005"/>
                <l>Jst der Himmel nichts als Klarheit</l>
                <lb n="p1b_566.006"/>
                <l>Und erträgt der Farben keine,</l>
                <lb n="p1b_566.007"/>
                <l>Drum ist seiner Sphären Reine</l>
                <lb n="p1b_566.008"/>
                <l>Mit erlog'nem Blau umfangen</l>
                <lb n="p1b_566.009"/>
                <l>Und die Erde darf verlangen,</l>
                <lb n="p1b_566.010"/>
                <l>Daß hierin der Preis sie kröne.</l>
                <lb n="p1b_566.011"/>
                <l>Täuschend nur ist jene Schöne,</l>
                <lb n="p1b_566.012"/>
                <l>Und sie zeigt ein wahrhaft Prangen.</l>
              </lg>
              <p><lb n="p1b_566.013"/><hi rendition="#g">Schema:</hi><hi rendition="#aq">a b a a b c d d c d</hi>.</p>
              <lb n="p1b_566.014"/>
              <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">c</hi>.</p>
              <lg>
                <l>Schweig, o Chor der Nachtigallen!</l>
                <lb n="p1b_566.015"/>
                <l>Mir nur lausche jedes Ohr!</l>
                <lb n="p1b_566.016"/>
                <l>Murmelbach, hör' auf zu wallen,</l>
                <lb n="p1b_566.017"/>
                <l>Winde, laßt die Flügel fallen,</l>
                <lb n="p1b_566.018"/>
                <l>Rasselt nicht durch Laub und Rohr!</l>
                <lb n="p1b_566.019"/>
                <l>Halt in jedem Elemente,</l>
                <lb n="p1b_566.020"/>
                <l>Halt in Garten, Hain und Flur</l>
                <lb n="p1b_566.021"/>
                <l>Jeden Laut, der irgend nur</l>
                <lb n="p1b_566.022"/>
                <l>Meine Feier stören könnte,</l>
                <lb n="p1b_566.023"/>
                <l>Halt den Atem an, Natur.</l>
              </lg>
              <p> <hi rendition="#right">(Bürger.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_566.024"/><hi rendition="#g">Schema:</hi><hi rendition="#aq">a b a b a c c d c d</hi>.</p>
              <lb n="p1b_566.025"/>
              <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">d</hi>.</p>
              <lg>
                <l>Wenn sich neue Liebe regt,</l>
                <lb n="p1b_566.026"/>
                <l>Alles die Gefühle wagen,</l>
                <lb n="p1b_566.027"/>
                <l>Die man, ach, so gerne hegt:</l>
                <lb n="p1b_566.028"/>
                <l>Laß mich <hi rendition="#g">fühlen,</hi> doch nicht <hi rendition="#g">sagen,</hi></l>
                <lb n="p1b_566.029"/>
                <l>Wie die Seele sich bewegt.</l>
                <lb n="p1b_566.030"/>
                <l>Wird sie jemals sich beschränken?</l>
                <lb n="p1b_566.031"/>
                <l>Sich in Lust und Leid zu senken</l>
                <lb n="p1b_566.032"/>
                <l>Kann sie nimmer sich entwöhnen!</l>
                <lb n="p1b_566.033"/>
                <l>Doch was soll das eitle Denken?</l>
                <lb n="p1b_566.034"/>
                <l>Süße Liebe denkt in Tönen.</l>
              </lg>
              <lb n="p1b_566.035"/>
              <p> <hi rendition="#right">(Friedr. Schlegel.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_566.036"/><hi rendition="#g">Rückertsches Schema:</hi><hi rendition="#aq">a b a b, b c c b d d</hi>.</p>
              <lb n="p1b_566.037"/>
              <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">e</hi>.</p>
              <lg>
                <l>Auch gewiß für mein Geschäfte</l>
                <lb n="p1b_566.038"/>
                <l>Jst ein Platz auf einer Tenne,</l>
                <lb n="p1b_566.039"/>
                <l>Dort zu brauchen meine Kräfte</l>
                <lb n="p1b_566.040"/>
                <l>Und des Armes müß'ge Senne.</l>
                <lb n="p1b_566.041"/>
                <l>Du, was ich mein Schicksal nenne,</l>
                <lb n="p1b_566.042"/>
                <l>Wenn ich dort den Arm soll rühren,</l>
                <lb n="p1b_566.043"/>
                <l>Mußt du erst dahin mich führen</l>
                <lb n="p1b_566.044"/>
                <l>Und dann gieb, daß ich's erkenne:</l>
                <lb n="p1b_566.045"/>
                <l>Hier bin ich an meiner Stelle</l>
                <lb n="p1b_566.046"/>
                <l>Und daneben mein Geselle.</l>
              </lg>
              <p> <hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[566/0600] p1b_566.001 Dieses Reimschemas hat sich auch A. W. Schlegel in seiner Übersetzung p1b_566.002 des Calderonschen Stückes „Schärpe und Blume“ bedient. Z. B.: p1b_566.003 b. Diese Farbe schwebt im Scheine p1b_566.004 Nur dem Auge vor; in Wahrheit p1b_566.005 Jst der Himmel nichts als Klarheit p1b_566.006 Und erträgt der Farben keine, p1b_566.007 Drum ist seiner Sphären Reine p1b_566.008 Mit erlog'nem Blau umfangen p1b_566.009 Und die Erde darf verlangen, p1b_566.010 Daß hierin der Preis sie kröne. p1b_566.011 Täuschend nur ist jene Schöne, p1b_566.012 Und sie zeigt ein wahrhaft Prangen. p1b_566.013 Schema: a b a a b c d d c d. p1b_566.014 c. Schweig, o Chor der Nachtigallen! p1b_566.015 Mir nur lausche jedes Ohr! p1b_566.016 Murmelbach, hör' auf zu wallen, p1b_566.017 Winde, laßt die Flügel fallen, p1b_566.018 Rasselt nicht durch Laub und Rohr! p1b_566.019 Halt in jedem Elemente, p1b_566.020 Halt in Garten, Hain und Flur p1b_566.021 Jeden Laut, der irgend nur p1b_566.022 Meine Feier stören könnte, p1b_566.023 Halt den Atem an, Natur. (Bürger.) p1b_566.024 Schema: a b a b a c c d c d. p1b_566.025 d. Wenn sich neue Liebe regt, p1b_566.026 Alles die Gefühle wagen, p1b_566.027 Die man, ach, so gerne hegt: p1b_566.028 Laß mich fühlen, doch nicht sagen, p1b_566.029 Wie die Seele sich bewegt. p1b_566.030 Wird sie jemals sich beschränken? p1b_566.031 Sich in Lust und Leid zu senken p1b_566.032 Kann sie nimmer sich entwöhnen! p1b_566.033 Doch was soll das eitle Denken? p1b_566.034 Süße Liebe denkt in Tönen. p1b_566.035 (Friedr. Schlegel.) p1b_566.036 Rückertsches Schema: a b a b, b c c b d d. p1b_566.037 e. Auch gewiß für mein Geschäfte p1b_566.038 Jst ein Platz auf einer Tenne, p1b_566.039 Dort zu brauchen meine Kräfte p1b_566.040 Und des Armes müß'ge Senne. p1b_566.041 Du, was ich mein Schicksal nenne, p1b_566.042 Wenn ich dort den Arm soll rühren, p1b_566.043 Mußt du erst dahin mich führen p1b_566.044 Und dann gieb, daß ich's erkenne: p1b_566.045 Hier bin ich an meiner Stelle p1b_566.046 Und daneben mein Geselle. (Rückert.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/600
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/600>, abgerufen am 25.11.2024.