p1b_555.001 Auch im Jtalienischen sind alle Reime weiblich, was nachstehendes klassisches p1b_555.002 Muster aus Ariosts Orlando furioso zeigen wird:
p1b_555.003
La verginella a simile alla rosa,p1b_555.004 Ch' in bel giardin su la nativa spinap1b_555.005 Mentre sola e sicura si riposa;p1b_555.006 Ne gregge, ne pastor se le avvicina;p1b_555.007 L'aura soave e l'alba rugiadosa,p1b_555.008 L'acqua e la terra al suo favor inchina;p1b_555.009 Giovani vaghi e donne innamoratep1b_555.010 Amano averne e seni e tempie ornate.
p1b_555.011 Die treffliche Nachbildung von J. D. Gries gibt echt deutsche Oktaven p1b_555.012 mit abwechselndem Reimgeschlecht:
p1b_555.013
Die Jungfrau gleicht der jugendlichen Rose,p1b_555.014 So lange sie in mütterlicher Hut,p1b_555.015 Geschützt vom Dorn, umhegt von zartem Moose,p1b_555.016 Von Hirt und Herden ungetastet ruht;p1b_555.017 Dann huldigt ihr des sanften Wests Gekose,p1b_555.018 Der Morgenröte Tau, und Erd' und Flut;p1b_555.019 Anmut'ge Knaben, liebevolle Dirnenp1b_555.020 Begehren sie zum Schmuck der Brust und Stirnen.
p1b_555.021 d. Die Spenser-Stanze.
p1b_555.022 Eine besondere Oktavenform ist die vom englischen Dichter Edmund p1b_555.023 Spenser (+ 1599) erfundene und in der allegorischen Rittergeschichte p1b_555.024 "Fairy Queen" (die Feenkönigin) zuerst benützte sog. Spenserstanze, p1b_555.025 welche von Thomson, Beattie und 1812 auch von Lord Byron (in p1b_555.026 Harolds Pilgerfahrt) verwendet wurde. Sie zählt - wie unsere p1b_555.027 Stanze - acht jambische Fünftakter, denen aber noch ein jambischer p1b_555.028 Sechstakter (Alexandriner) angefügt ist.
p1b_555.029 Bodenstedts große Dichtung: "Andreas und Marfa" (Werke Bd. X. p1b_555.030 83-150) ist in Spenserstanzen gedichtet.
p1b_555.031 Beattie macht in seinen Briefen folgende Bemerkung über die Spenserstanze: p1b_555.032 "Vor nicht langer Zeit begann ich ein Gedicht im Stil und in der p1b_555.033 Stanze Spensers, worin ich mir vornahm, meiner Neigung vollen Lauf zu p1b_555.034 lassen und bald drollig, bald pathetisch, bald beschreibend, bald sentimental, p1b_555.035 bald zart, bald satirisch zu sein, wie mir eben die Laune ankäme; denn wenn p1b_555.036 ich mich nicht irre, erlaubt dieses Versmaß alle diese verschiedenartigen Zusammenstellungen." p1b_555.037 Byron citiert diese Stelle im Vorwort zu "Harolds Pilgerfahrt" p1b_555.038 und setzt hinzu: "Bestärkt in meiner Ansicht durch solche Autorität p1b_555.039 und durch das Beispiel einiger italienischer Dichter erster Größe, werde ich mir p1b_555.040 wegen ähnlicher Abwechselungen in diesem Gedichte keine Schutzrede halten, p1b_555.041 überzeugt, daß, wenn sie erfolglos sind, ihr Mißlingen mehr in der Ausführung p1b_555.042 als in dem Unternehmen gesucht werden müsse, welches letztere durch die Leistungen p1b_555.043 Ariosts, Thomsons und Beatties gerechtfertigt ist."
p1b_555.001 Auch im Jtalienischen sind alle Reime weiblich, was nachstehendes klassisches p1b_555.002 Muster aus Ariosts Orlando furioso zeigen wird:
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La verginella à simile alla rosa,p1b_555.004 Ch' in bel giardin su la nativa spinap1b_555.005 Mentre sola e sicura si riposa;p1b_555.006 Nè gregge, nè pastor se le avvicina;p1b_555.007 L'aura soave e l'alba rugiadosa,p1b_555.008 L'acqua e la terra al suo favor inchina;p1b_555.009 Giovani vaghi e donne innamoratep1b_555.010 Amano averne e seni e tempie ornate.
p1b_555.011 Die treffliche Nachbildung von J. D. Gries gibt echt deutsche Oktaven p1b_555.012 mit abwechselndem Reimgeschlecht:
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Die Jungfrau gleicht der jugendlichen Rose,p1b_555.014 So lange sie in mütterlicher Hut,p1b_555.015 Geschützt vom Dorn, umhegt von zartem Moose,p1b_555.016 Von Hirt und Herden ungetastet ruht;p1b_555.017 Dann huldigt ihr des sanften Wests Gekose,p1b_555.018 Der Morgenröte Tau, und Erd' und Flut;p1b_555.019 Anmut'ge Knaben, liebevolle Dirnenp1b_555.020 Begehren sie zum Schmuck der Brust und Stirnen.
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p1b_555.029 Bodenstedts große Dichtung: „Andreas und Marfa“ (Werke Bd. X. p1b_555.030 83─150) ist in Spenserstanzen gedichtet.
p1b_555.031 Beattie macht in seinen Briefen folgende Bemerkung über die Spenserstanze: p1b_555.032 „Vor nicht langer Zeit begann ich ein Gedicht im Stil und in der p1b_555.033 Stanze Spensers, worin ich mir vornahm, meiner Neigung vollen Lauf zu p1b_555.034 lassen und bald drollig, bald pathetisch, bald beschreibend, bald sentimental, p1b_555.035 bald zart, bald satirisch zu sein, wie mir eben die Laune ankäme; denn wenn p1b_555.036 ich mich nicht irre, erlaubt dieses Versmaß alle diese verschiedenartigen Zusammenstellungen.“ p1b_555.037 Byron citiert diese Stelle im Vorwort zu „Harolds Pilgerfahrt“ p1b_555.038 und setzt hinzu: „Bestärkt in meiner Ansicht durch solche Autorität p1b_555.039 und durch das Beispiel einiger italienischer Dichter erster Größe, werde ich mir p1b_555.040 wegen ähnlicher Abwechselungen in diesem Gedichte keine Schutzrede halten, p1b_555.041 überzeugt, daß, wenn sie erfolglos sind, ihr Mißlingen mehr in der Ausführung p1b_555.042 als in dem Unternehmen gesucht werden müsse, welches letztere durch die Leistungen p1b_555.043 Ariosts, Thomsons und Beatties gerechtfertigt ist.“
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Die treffliche Nachbildung von J. D. Gries gibt echt deutsche Oktaven p1b_555.012
mit abwechselndem Reimgeschlecht:
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d. Die Spenser-Stanze.
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Eine besondere Oktavenform ist die vom englischen Dichter Edmund p1b_555.023
Spenser († 1599) erfundene und in der allegorischen Rittergeschichte p1b_555.024
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Bodenstedts große Dichtung: „Andreas und Marfa“ (Werke Bd. X. p1b_555.030
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Beattie macht in seinen Briefen folgende Bemerkung über die Spenserstanze: p1b_555.032
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und durch das Beispiel einiger italienischer Dichter erster Größe, werde ich mir p1b_555.040
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Ariosts, Thomsons und Beatties gerechtfertigt ist.“
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/589>, abgerufen am 25.11.2024.
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