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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Viehoff tadelt die Schillersche und Wielandsche Umformung. Er sagt: p1b_554.002
"Die Schönheit der italienischen Stanze beruht auf dem schönen Gleichgewicht, p1b_554.003
dem rhythmischen Ebenmaß ihrer Hauptteile wie ihrer Unterglieder und auf dem p1b_554.004
harmoniereichen Reimgesetz, der innigen Verschränkung der sechs ersten Reimzeilen, p1b_554.005
deren Gleichklänge durch ihr dreimaliges Fliehen und Wiederkehren, ihr Hin= p1b_554.006
und Herwogen einen höchst anmutigen Wellenschlag bilden, an den sich dann p1b_554.007
der harmonische Zweiklang beruhigend anschließt. Diese eigentümlichen Reize p1b_554.008
sind durch die Wieland-Schillersche Umformung gänzlich zerstört. Will p1b_554.009
man die Stanze umbilden - und behufs ihrer Verwendung zu umfassenden p1b_554.010
Dichtungen ist dies allerdings nötig, - so hat man darauf zu achten, daß, p1b_554.011
wenn in der Verteilung rhythmischer Maße eine Änderung vorgenommen wird, p1b_554.012
ein neues Gleichgewicht an die Stelle des alten tritt, und ferner, daß nur p1b_554.013
Verse mit einander verbunden werden, die rücksichtlich der Zahl ihrer Füße in p1b_554.014
ganz einfachem Verhältnisse stehen, also nicht Quinare und Dimeter, die sich p1b_554.015
wie 5 zu 4 verhalten, aber wohl etwa Alexandriner und Dimeter, da jene p1b_554.016
als Oktonare (die Pausen eingerechnet) zu diesen im Verhältnis von 2 zu 1 p1b_554.017
stehen. Die Reimfolge lasse man unangetastet; dagegen kann der jambische p1b_554.018
Rhythmus zur Milderung der Monorhythmie hier und da durch einen Anapäst p1b_554.019
unterbrochen werden, aber nur hie und da, damit das Gefühl des jambischen p1b_554.020
Rhythmus
nicht verloren geht, und nur wo die lebendigere Bewegung p1b_554.021
dem darzustellenden Gegenstande entspricht."

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Den Wielandschen und Schillerschen Oktaven sind in vielen Stücken einzelne p1b_554.023
Oktaven in Schulzes Cäcilie ähnlich. (Jn ihnen wechseln häufig vier= p1b_554.024
und fünftaktige Jamben mit sechstaktigen.) Jn Bezug auf veränderte Reimstellung p1b_554.025
sind ihnen die Zedlitzschen Oktaven verwandt, z. B.

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Und stumm ist alles, was die Wildnis hegt, p1b_554.027
Man würde fern den Zug des Atems hören! p1b_554.028
Nichts lebt umher, kein Laub ist aufgeregt, p1b_554.029
Nichts, das die tiefe Stille könnte stören. p1b_554.030
Nur auf dem Fels, dort unter jenen Föhren, p1b_554.031
Scheint etwas Graues her, das sich bewegt; p1b_554.032
Es rauscht, - der Wald erschallt von Fußestritten, p1b_554.033
Und näher her kommt die Gestalt geschritten.

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c. Ave-Lallemantsche Oktaven.

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R. Ave=Lallemant hat in seiner Übersetzung des Camoens (Leipzig p1b_554.036
1879) die Oktaven wie Schlegel dem Original entsprechend mit weiblichen p1b_554.037
Reimen gebildet.

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Beispiel:

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Maria trat, die lieblichste der Frauen, p1b_554.040
Jn ihres Vaters stolze Königshallen, p1b_554.041
So wonnig sie und doch voll Schmerz zu schauen! p1b_554.042
Die blonden Locken sieht man niederwallen, p1b_554.043
Von Thränen feucht, die aus den Augen tauen p1b_554.044
Und mit dem Haar zum weißen Busen fallen. p1b_554.045
Zum Vater, der sie fröhlich an der Pforte p1b_554.046
Begrüßt, spricht sie mit Schluchzen diese Worte.

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Viehoff tadelt die Schillersche und Wielandsche Umformung. Er sagt: p1b_554.002
„Die Schönheit der italienischen Stanze beruht auf dem schönen Gleichgewicht, p1b_554.003
dem rhythmischen Ebenmaß ihrer Hauptteile wie ihrer Unterglieder und auf dem p1b_554.004
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dem darzustellenden Gegenstande entspricht.“

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Den Wielandschen und Schillerschen Oktaven sind in vielen Stücken einzelne p1b_554.023
Oktaven in Schulzes Cäcilie ähnlich. (Jn ihnen wechseln häufig vier= p1b_554.024
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Und stumm ist alles, was die Wildnis hegt, p1b_554.027
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c. Avé-Lallemantsche Oktaven.

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R. Avé=Lallemant hat in seiner Übersetzung des Camoëns (Leipzig p1b_554.036
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/588>, abgerufen am 25.11.2024.