p1b_498.001 2. Vorzugsweise ist der Erzählungsstoff in bestimmte, je für eine p1b_498.002 oder mehrere Strophen berechnete Partien zu zerlegen.
p1b_498.003 3. Für die Wahl der Strophe selbst ist der Stoff und das Herkommen p1b_498.004 mit entscheidend.
p1b_498.005 1. Wenn auch das lyrische Gedicht in der Regel schon mit seiner poetischen p1b_498.006 Disposition im Geiste des Dichters entsteht, da ja beim Ausdruck des subjektiven p1b_498.007 Fühlens Stoff und Form so untrennbar sind wie Reden und Bewußtwerden, p1b_498.008 so werden doch nur Laien behaupten wollen, daß lyrische Gedichte jeder Disposition p1b_498.009 entbehren. Alle Empfindungen treten doch nur in Form klarer, zum p1b_498.010 Bewußtsein gelangter Gefühle durch das Medium der in Worten und Sätzen p1b_498.011 sich äußernden Sprache zu Tage; jeder sprachliche Gedanke aber ist der Anordnung p1b_498.012 und Gliederung fähig; er erzeugt neue Gedanken und Bilder, die p1b_498.013 den Genuß des ursprünglichen Gedankens erleichtern, erhöhen und vermitteln. p1b_498.014 Selbstverständlich darf es nicht Zweck des Lyrikers sein, den reflektierenden p1b_498.015 Gedanken in den Vordergrund zu stellen, aber er muß seinem subjektiven Gefühle p1b_498.016 einen allgemein verständlichen, sicht- oder hörbaren Aufbau zu geben vermögen, p1b_498.017 der die klare Anordnung des benützten Stoffes erkennen läßt.
p1b_498.018 2. Vorzugsweise muß der Erzählungsstoff abgegrenzt und eingeteilt werden, p1b_498.019 wenn der Einheit des Jnhalts Rechnung getragen und der Strophe das Gepräge p1b_498.020 eines auch inhaltlich abgerundeten Ganzen gegeben werden soll. Bei bedeutenden p1b_498.021 epischen Dichtungen merkt der Kundige, der die poetische Gedankenassociation p1b_498.022 zu taxieren versteht, wie licht- und verständnisvoll das Material gruppiert und p1b_498.023 für die einzelnen Strophen zurecht gelegt wurde. (Wir werden die Stoffanordnung p1b_498.024 im 3. Band praktisch illustrieren und können uns daher auf diese p1b_498.025 Andeutungen beschränken.)
p1b_498.026 3. Da bei uns der "Tönediebstahl" nicht mehr verboten ist, so sollten p1b_498.027 wenigstens ungeübtere Dichter aus der Unzahl von Strophenformen diejenige p1b_498.028 Form wählen, welche für den zu bearbeitenden Stoff im Hinblick auf ähnliche p1b_498.029 Bearbeitungen besserer Dichter am meisten zusagen dürfte.
p1b_498.030 § 151. Abgrenzung der Strophe nach Jnhalt (Enjambement).
p1b_498.031 Jede gut gebaute Strophe muß wie in der Form so namentlich p1b_498.032 dem Jnhalte nach ein für sich bestehendes, abgerundetes Jdeenganzes p1b_498.033 bilden.
p1b_498.034 Das Hinüberziehen eines in einer Strophe beginnenden Satzes p1b_498.035 in die andere Strophe, das man in der Poetik bei Versen Enjambement p1b_498.036 nennt, ist durchaus unstatthaft. (Vgl. § 149 am Schluß.)
p1b_498.037 Jn der antiken Poesie war das Hinüberziehen des Satzes in die folgende p1b_498.038 Strophe gestattet, weshalb wir es bei verschiedenen deutschen Nachbildungen p1b_498.039 finden. So schleppt z. B. Stolberg im nachfolgenden trikolischen Tetrastichon p1b_498.040 (Vierzeiler) den Jnhalt der einen Strophe in die andere hinüber:
p1b_498.001 2. Vorzugsweise ist der Erzählungsstoff in bestimmte, je für eine p1b_498.002 oder mehrere Strophen berechnete Partien zu zerlegen.
p1b_498.003 3. Für die Wahl der Strophe selbst ist der Stoff und das Herkommen p1b_498.004 mit entscheidend.
p1b_498.005 1. Wenn auch das lyrische Gedicht in der Regel schon mit seiner poetischen p1b_498.006 Disposition im Geiste des Dichters entsteht, da ja beim Ausdruck des subjektiven p1b_498.007 Fühlens Stoff und Form so untrennbar sind wie Reden und Bewußtwerden, p1b_498.008 so werden doch nur Laien behaupten wollen, daß lyrische Gedichte jeder Disposition p1b_498.009 entbehren. Alle Empfindungen treten doch nur in Form klarer, zum p1b_498.010 Bewußtsein gelangter Gefühle durch das Medium der in Worten und Sätzen p1b_498.011 sich äußernden Sprache zu Tage; jeder sprachliche Gedanke aber ist der Anordnung p1b_498.012 und Gliederung fähig; er erzeugt neue Gedanken und Bilder, die p1b_498.013 den Genuß des ursprünglichen Gedankens erleichtern, erhöhen und vermitteln. p1b_498.014 Selbstverständlich darf es nicht Zweck des Lyrikers sein, den reflektierenden p1b_498.015 Gedanken in den Vordergrund zu stellen, aber er muß seinem subjektiven Gefühle p1b_498.016 einen allgemein verständlichen, sicht- oder hörbaren Aufbau zu geben vermögen, p1b_498.017 der die klare Anordnung des benützten Stoffes erkennen läßt.
p1b_498.018 2. Vorzugsweise muß der Erzählungsstoff abgegrenzt und eingeteilt werden, p1b_498.019 wenn der Einheit des Jnhalts Rechnung getragen und der Strophe das Gepräge p1b_498.020 eines auch inhaltlich abgerundeten Ganzen gegeben werden soll. Bei bedeutenden p1b_498.021 epischen Dichtungen merkt der Kundige, der die poetische Gedankenassociation p1b_498.022 zu taxieren versteht, wie licht- und verständnisvoll das Material gruppiert und p1b_498.023 für die einzelnen Strophen zurecht gelegt wurde. (Wir werden die Stoffanordnung p1b_498.024 im 3. Band praktisch illustrieren und können uns daher auf diese p1b_498.025 Andeutungen beschränken.)
p1b_498.026 3. Da bei uns der „Tönediebstahl“ nicht mehr verboten ist, so sollten p1b_498.027 wenigstens ungeübtere Dichter aus der Unzahl von Strophenformen diejenige p1b_498.028 Form wählen, welche für den zu bearbeitenden Stoff im Hinblick auf ähnliche p1b_498.029 Bearbeitungen besserer Dichter am meisten zusagen dürfte.
p1b_498.030 § 151. Abgrenzung der Strophe nach Jnhalt (Enjambement).
p1b_498.031 Jede gut gebaute Strophe muß wie in der Form so namentlich p1b_498.032 dem Jnhalte nach ein für sich bestehendes, abgerundetes Jdeenganzes p1b_498.033 bilden.
p1b_498.034 Das Hinüberziehen eines in einer Strophe beginnenden Satzes p1b_498.035 in die andere Strophe, das man in der Poetik bei Versen Enjambement p1b_498.036 nennt, ist durchaus unstatthaft. (Vgl. § 149 am Schluß.)
p1b_498.037 Jn der antiken Poesie war das Hinüberziehen des Satzes in die folgende p1b_498.038 Strophe gestattet, weshalb wir es bei verschiedenen deutschen Nachbildungen p1b_498.039 finden. So schleppt z. B. Stolberg im nachfolgenden trikolischen Tetrastichon p1b_498.040 (Vierzeiler) den Jnhalt der einen Strophe in die andere hinüber:
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2. Vorzugsweise ist der Erzählungsstoff in bestimmte, je für eine p1b_498.002
oder mehrere Strophen berechnete Partien zu zerlegen.
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3. Für die Wahl der Strophe selbst ist der Stoff und das Herkommen p1b_498.004
mit entscheidend.
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1. Wenn auch das lyrische Gedicht in der Regel schon mit seiner poetischen p1b_498.006
Disposition im Geiste des Dichters entsteht, da ja beim Ausdruck des subjektiven p1b_498.007
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entbehren. Alle Empfindungen treten doch nur in Form klarer, zum p1b_498.010
Bewußtsein gelangter Gefühle durch das Medium der in Worten und Sätzen p1b_498.011
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2. Vorzugsweise muß der Erzählungsstoff abgegrenzt und eingeteilt werden, p1b_498.019
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epischen Dichtungen merkt der Kundige, der die poetische Gedankenassociation p1b_498.022
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Form wählen, welche für den zu bearbeitenden Stoff im Hinblick auf ähnliche p1b_498.029
Bearbeitungen besserer Dichter am meisten zusagen dürfte.
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§ 151. Abgrenzung der Strophe nach Jnhalt (Enjambement). p1b_498.031
Jede gut gebaute Strophe muß wie in der Form so namentlich p1b_498.032
dem Jnhalte nach ein für sich bestehendes, abgerundetes Jdeenganzes p1b_498.033
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Das Hinüberziehen eines in einer Strophe beginnenden Satzes p1b_498.035
in die andere Strophe, das man in der Poetik bei Versen Enjambement p1b_498.036
nennt, ist durchaus unstatthaft. (Vgl. § 149 am Schluß.)
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Jn der antiken Poesie war das Hinüberziehen des Satzes in die folgende p1b_498.038
Strophe gestattet, weshalb wir es bei verschiedenen deutschen Nachbildungen p1b_498.039
finden. So schleppt z. B. Stolberg im nachfolgenden trikolischen Tetrastichon p1b_498.040
(Vierzeiler) den Jnhalt der einen Strophe in die andere hinüber:
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/532>, abgerufen am 25.11.2024.
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