Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_428.001 p1b_428.005 p1b_428.006 p1b_428.011 p1b_428.015 p1b_428.017 A. Spondeische Doppelreime (schwebende Reime). p1b_428.019 a. Ja, beim Ordnen der Jagdzeit, p1b_428.021 p1b_428.022Beim hellsehenden Wächter der Nachtzeit &c. (Rückerts Makamen S. 55.) p1b_428.023b. Wenn der Weidmann mit dem Jagdhund an dem Leitseil in den Forst p1b_428.024 p1b_428.035ziehnt. p1b_428.025 Wo der Damhirsch vor dem Tritt schrickt und wie Blitzstrahl in den Horst p1b_428.026 flieht; p1b_428.027 Wenn der Landmann mit der Pflugschar zu dem Tagwerk auf das Feld p1b_428.028 wallt p1b_428.029 Und mit Andacht nun das Haupt neigt, weil die Betglock in die Welt p1b_428.030 hallt; p1b_428.031 Da erfaßt, ach, mich das Heimweh und zur Schwermut sich das Herz p1b_428.032 neigt, p1b_428.033 Doch es löst dann sich das Leid wohl in das Lied auf - und der Schmerz p1b_428.034 schweigt. (Aus einem in steigenden Jonikern (Breve Breve - -) geschriebenen p1b_428.036 g. Hier gilt nicht Jammern noch Griesgram, p1b_428.038 p1b_428.042Zwischen Geruch von Amber und Bisam, p1b_428.039 Denn der Tod ist unentfliehsam. p1b_428.040 Geh, das Gasthaus ist ein Lusthaus, nicht ein Lasthaus, p1b_428.041 Und der Schenkort ist ein Tränkort, nicht ein Kränkort. (Rückerts Makamen S. 98.) p1b_428.001 p1b_428.005 p1b_428.006 p1b_428.011 p1b_428.015 p1b_428.017 A. Spondeische Doppelreime (schwebende Reime). p1b_428.019 α. Ja, beim Ordnen der Jā́gdzēit, p1b_428.021 p1b_428.022Beim hellsehenden Wächter der Nachtzeit &c. (Rückerts Makamen S. 55.) p1b_428.023β. Wenn der Weidmann mit dem Jagdhund an dem Leitseil in den Fṓrst p1b_428.024 p1b_428.035zieh̄t. p1b_428.025 Wo der Damhirsch vor dem Tritt schrickt und wie Blitzstrahl in den Horst p1b_428.026 flieht; p1b_428.027 Wenn der Landmann mit der Pflugschar zu dem Tagwerk auf das Feld p1b_428.028 wallt p1b_428.029 Und mit Andacht nun das Haupt neigt, weil die Betglock in die Welt p1b_428.030 hallt; p1b_428.031 Da erfaßt, ach, mich das Heimweh und zur Schwermut sich das Herz p1b_428.032 neigt, p1b_428.033 Doch es löst dann sich das Leid wohl in das Lied auf ─ und der Schmerz p1b_428.034 schweigt. (Aus einem in steigenden Jonikern (⏑ ⏑ ─́ –) geschriebenen p1b_428.036 γ. Hier gilt nicht Jammern noch Grī́esgrām, p1b_428.038 p1b_428.042Zwischen Geruch von Amber und Bisam, p1b_428.039 Denn der Tod ist unentfliehsam. p1b_428.040 Geh, das Gasthaus ist ein Lusthaus, nicht ein Lasthaus, p1b_428.041 Und der Schenkort ist ein Tränkort, nicht ein Kränkort. (Rückerts Makamen S. 98.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0462" n="428"/><lb n="p1b_428.001"/> erglühende ─ blühende, sowie im Vorwort versammelten ─ stammelten; <lb n="p1b_428.002"/> Platen im 105. Ghasel (Werke <hi rendition="#aq">II</hi>. 53): rastete ─ belastete, gastete ─ <lb n="p1b_428.003"/> hastete, fastete ─ betastete; <hi rendition="#g">Heine</hi> (<hi rendition="#aq">IX</hi>. 59): Wellenschaumgeborene ─ <lb n="p1b_428.004"/> auserkorene u. s. w.</p> </div> <div n="4"> <p><lb n="p1b_428.005"/> 4. Schwebender (spondeischer) Reim, und 5. Doppelreim.</p> <p><lb n="p1b_428.006"/> Ein schwebender Reim entsteht, wenn ein Spondeus mit einem <lb n="p1b_428.007"/> andern Spondeus reimt. Er kann sinkende und steigende Tendenz <lb n="p1b_428.008"/> haben (sinkende z. B.: Hā́ftkrāft ─ Krā́fthāft, Nā́chtmāgd ─ Prā́chtjāgd, <lb n="p1b_428.009"/> Hā́ndbānd ─ Sā́ndlānd, Nṓtbōot ─ Tṓdnōt; steigende z. B. <lb n="p1b_428.010"/> spǟt sǟ́t ─ sǟt spǟ́t, blēib nā́h ─ schrēib dā́).</p> <p><lb n="p1b_428.011"/> Jeder schwebende Reim kann auch als Doppelreim aufgefaßt <lb n="p1b_428.012"/> werden, aber es giebt viele Doppelreime, welche keine schwebenden Reime <lb n="p1b_428.013"/> sind; sie entstehen, wenn an eine der beiden Silben des Spondeus oder <lb n="p1b_428.014"/> an beide zugleich tonlose Silben angefügt werden. (Beispiele <hi rendition="#aq">B</hi>. S. 429.)</p> <p><lb n="p1b_428.015"/> Rückert hat den schwebenden Reim, sowie den Doppelreim der letzten Art <lb n="p1b_428.016"/> häufig in seinen Makamen verwendet.</p> <p> <lb n="p1b_428.017"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_428.018"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">A</hi>. 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Platen im 105. Ghasel (Werke II. 53): rastete ─ belastete, gastete ─ p1b_428.003
hastete, fastete ─ betastete; Heine (IX. 59): Wellenschaumgeborene ─ p1b_428.004
auserkorene u. s. w.
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4. Schwebender (spondeischer) Reim, und 5. Doppelreim.
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Ein schwebender Reim entsteht, wenn ein Spondeus mit einem p1b_428.007
andern Spondeus reimt. Er kann sinkende und steigende Tendenz p1b_428.008
haben (sinkende z. B.: Hā́ftkrāft ─ Krā́fthāft, Nā́chtmāgd ─ Prā́chtjāgd, p1b_428.009
Hā́ndbānd ─ Sā́ndlānd, Nṓtbōot ─ Tṓdnōt; steigende z. B. p1b_428.010
spǟt sǟ́t ─ sǟt spǟ́t, blēib nā́h ─ schrēib dā́).
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Jeder schwebende Reim kann auch als Doppelreim aufgefaßt p1b_428.012
werden, aber es giebt viele Doppelreime, welche keine schwebenden Reime p1b_428.013
sind; sie entstehen, wenn an eine der beiden Silben des Spondeus oder p1b_428.014
an beide zugleich tonlose Silben angefügt werden. (Beispiele B. S. 429.)
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Rückert hat den schwebenden Reim, sowie den Doppelreim der letzten Art p1b_428.016
häufig in seinen Makamen verwendet.
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Beispiele:
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A. Spondeische Doppelreime (schwebende Reime).
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a. Sinkend spondeische:
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α.
Ja, beim Ordnen der Jā́gdzēit, p1b_428.021
Beim hellsehenden Wächter der Nachtzeit &c.
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(Rückerts Makamen S. 55.)
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β.
Wenn der Weidmann mit dem Jagdhund an dem Leitseil in den Fṓrst p1b_428.024
zieh̄t. p1b_428.025
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schweigt.
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(Aus einem in steigenden Jonikern (⏑ ⏑ ─́ –) geschriebenen p1b_428.036
Gedicht Albr. von Hochwalds.)
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γ.
Hier gilt nicht Jammern noch Grī́esgrām, p1b_428.038
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Und der Schenkort ist ein Tränkort, nicht ein Kränkort.
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