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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Muß ich denn scheiden p1b_416.002
und scheu dich meiden, p1b_416.003
mußt du spalten, p1b_416.004
was einst sich umspannt, p1b_416.005
die eigene Hälfte p1b_416.006
fern von dir halten - p1b_416.007
daß sonst sie ganz dir gehörte, p1b_416.008
du Gott vergiß das nicht!

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Jn die Fußstapfen Jordans und Wagners ist Gustav Wacht getreten, p1b_416.010
der in seinem Trauerspiel "Hermann der Cherusker" Allitterationen verständnisvoll p1b_416.011
gebraucht, z. B.:

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Schaurige Schatten klagen in den Klüften, p1b_416.013
Die Rachegöttin ruft aus grausigen Grüften. p1b_416.014
Die Wolken weinen, Donner dröhnen wider, p1b_416.015
Die Nacht entweicht, - es träufeln Thränen nieder. p1b_416.016
Es löst sich Licht und bricht als Brücke vor, p1b_416.017
Walhalla winkt, der Götter Wunderwelt; p1b_416.018
Unsterblich steigt als stolzer Aar empor p1b_416.019
Deutschlands Befreier: Hermann der Held.

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Jm Gegensatz zur süßlich leichten Manier, lediglich die abgetretenen Bahnen p1b_416.021
des Endreims in der Erzählung sorglos zu wandeln, wirkt es erfrischend, p1b_416.022
durch die markig wuchtige Allitteration einen strafferen, männlicheren Stil angebahnt p1b_416.023
zu sehen. Ein allitterierendes, auf die Gesetze der accentuierenden p1b_416.024
Metrik gebautes Gedicht im Sinne Jordans und Wagners entspricht so ganz p1b_416.025
der Beschreibung Goethes im Faust (II, 3):

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Helena: Vielfache Wunder seh' ich, hör' ich an, p1b_416.027
Erstaunen trifft mich, fragen möcht' ich viel. p1b_416.028
Doch wünscht' ich Unterricht, warum die Rede p1b_416.029
Des Mann's mir seltsam klang, seltsam und freundlich: p1b_416.030
Ein Ton scheint sich dem andern zu bequemen, p1b_416.031
Und hat ein Wort zum Ohre sich gesellt, p1b_416.032
Ein andres kommt, dem ersten liebzukosen. p1b_416.033
Faust: Gefällt dir schon die Sprechart unsrer Völker, p1b_416.034
O so gewiß entzückt auch der Gesang, p1b_416.035
Befriedigt Ohr und Sinn im tiefsten Grunde. p1b_416.036
Doch ist am sichersten, wir üben's gleich; p1b_416.037
Die Wechselrede lockt es, ruft's hervor. p1b_416.038
Helena: So sage denn, wie sprech ich auch so schön? p1b_416.039
Faust: Das ist gar leicht, es muß vom Herzen gehn. p1b_416.040
Und wenn die Brust von Sehnsucht überfließt, p1b_416.041
Man sieht sich um und fragt - p1b_416.042
Helena:   Wer mitgenießt. p1b_416.043
Faust: Nun schaut der Geist nicht vorwärts, nicht zurück, p1b_416.044
Die Gegenwart allein - p1b_416.045
Helena:   Jst unser Glück.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/450>, abgerufen am 22.11.2024.