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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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§ 97. Über Metrum und Metren.

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1. Man nennt den Verstakt - wie bereits § 84 erwähnt wurde p1b_290.003
- ein Metrum (Maß), insofern man ihn als Schema oder Muster p1b_290.004
für den Aufbau eines ganzen Gedichtes betrachtet: als das dem Gedichte p1b_290.005
zu Grunde liegende Formelement.

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2. So verschiedenartig die Verstakte sind, so verschiedenartig sind p1b_290.007
auch die Metren (== Maße).

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1. Das schematische Metrum für den Aufbau des nachfolgenden Gedichts p1b_290.009
ist: Breve -.

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Beispiel:

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Es war | ein Tag | im jun | gen Mai, | am wei | ßen Stran | de saß | en wir, | p1b_290.012
Und träumerisch mit stummem Blick die Abendfernen maßen wir; p1b_290.013
Die Sterne zogen langsam auf, die Augen irrten mählich ab p1b_290.014
Und fanden sich und hielten sich, und Welt und Stern vergaßen wir.
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(Wilh. Jensen.)

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2. Wollen wir die im § 95 Ziffer 2 gegebenen Beispiele hinsichtlich der p1b_290.017
Verschiedenartigkeit der Metren in's Auge fassen, so müssen wir sagen: Jm p1b_290.018
1. und 2. Beispiel beginnt das Metrum mit der Thesis, im 3. und 4. mit p1b_290.019
der Arsis. Ferner: Jm 1. und 3. Beispiel (a und g) ist die Thesis einsilbig, p1b_290.020
im 2. und 4. (b und d) ist sie zweisilbig.

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Die Verschiedenartigkeit der Metren äußert sich in ihrer steigenden oder p1b_290.022
fallenden Bewegung. Steigend nennt man die Metren, wenn sie mit der p1b_290.023
Thesis beginnen (Breve - und Breve Breve -); fallend sind sie, wenn sie mit der Arsis p1b_290.024
anheben (- Breve und - Breve Breve). Das Metrum im § 95 Ziffer 2, a und b ist p1b_290.025
steigend, g und d ist fallend.

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§ 98. Eintaktige (monopodische) und zweitaktige (dipodische) p1b_290.027
Messung.

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1. Unsere deutschen Maße (Metren) umfassen durchweg nur je p1b_290.029
einen Verstakt (Monopodie). Will man die Ausdehnung der Verse p1b_290.030
feststellen, so hat man nur die einzelnen Verstakte zu zählen. Wir p1b_290.031
können in unserer Poesie nur von einer eintaktigen (monopodischen) p1b_290.032
Messung sprechen.

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2. Bei den Griechen war die dipodische Messung vorherrschend.

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1. Die eintaktige Messung ist für unsere Poesie schon deshalb angezeigt, p1b_290.035
weil wir viele eintaktige Verse haben. (Vgl. § 116.) Außerdem empfiehlt p1b_290.036
sie sich durch ihre Einfachheit.

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2. Bei den Griechen bildeten je 2 Füße ein Metrum, also eine p1b_290.038
Dipodie; somit mußten sie sich im Hinblick auf ihre Metren der dipodischen p1b_290.039
Messung bedienen. Die verdoppelte Setzung des Jambus (Breve -) oder des Trochäus

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§ 97. Über Metrum und Metren.

p1b_290.002
1. Man nennt den Verstakt ─ wie bereits § 84 erwähnt wurde p1b_290.003
─ ein Metrum (Maß), insofern man ihn als Schema oder Muster p1b_290.004
für den Aufbau eines ganzen Gedichtes betrachtet: als das dem Gedichte p1b_290.005
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2. So verschiedenartig die Verstakte sind, so verschiedenartig sind p1b_290.007
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p1b_290.008
1. Das schematische Metrum für den Aufbau des nachfolgenden Gedichts p1b_290.009
ist: ⏑ –.

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Beispiel:

p1b_290.011
Ĕs wār │ ĕin Tāg │ ĭm jūn │ gĕn Māi, │ ăm wēi │ ßĕn Strān │ dĕ sāß │ ĕn wīr, │ p1b_290.012
Und träumerisch mit stummem Blick die Abendfernen maßen wir; p1b_290.013
Die Sterne zogen langsam auf, die Augen irrten mählich ab p1b_290.014
Und fanden sich und hielten sich, und Welt und Stern vergaßen wir.
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(Wilh. Jensen.)

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2. Wollen wir die im § 95 Ziffer 2 gegebenen Beispiele hinsichtlich der p1b_290.017
Verschiedenartigkeit der Metren in's Auge fassen, so müssen wir sagen: Jm p1b_290.018
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Die Verschiedenartigkeit der Metren äußert sich in ihrer steigenden oder p1b_290.022
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steigend, γ und δ ist fallend.

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§ 98. Eintaktige (monopodische) und zweitaktige (dipodische) p1b_290.027
Messung.

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1. Unsere deutschen Maße (Metren) umfassen durchweg nur je p1b_290.029
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Messung sprechen.

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2. Bei den Griechen war die dipodische Messung vorherrschend.

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[290/0324] p1b_290.001 § 97. Über Metrum und Metren. p1b_290.002 1. Man nennt den Verstakt ─ wie bereits § 84 erwähnt wurde p1b_290.003 ─ ein Metrum (Maß), insofern man ihn als Schema oder Muster p1b_290.004 für den Aufbau eines ganzen Gedichtes betrachtet: als das dem Gedichte p1b_290.005 zu Grunde liegende Formelement. p1b_290.006 2. So verschiedenartig die Verstakte sind, so verschiedenartig sind p1b_290.007 auch die Metren (== Maße). p1b_290.008 1. Das schematische Metrum für den Aufbau des nachfolgenden Gedichts p1b_290.009 ist: ⏑ –. p1b_290.010 Beispiel: p1b_290.011 Ĕs wār │ ĕin Tāg │ ĭm jūn │ gĕn Māi, │ ăm wēi │ ßĕn Strān │ dĕ sāß │ ĕn wīr, │ p1b_290.012 Und träumerisch mit stummem Blick die Abendfernen maßen wir; p1b_290.013 Die Sterne zogen langsam auf, die Augen irrten mählich ab p1b_290.014 Und fanden sich und hielten sich, und Welt und Stern vergaßen wir. p1b_290.015 (Wilh. Jensen.) p1b_290.016 2. Wollen wir die im § 95 Ziffer 2 gegebenen Beispiele hinsichtlich der p1b_290.017 Verschiedenartigkeit der Metren in's Auge fassen, so müssen wir sagen: Jm p1b_290.018 1. und 2. Beispiel beginnt das Metrum mit der Thesis, im 3. und 4. mit p1b_290.019 der Arsis. Ferner: Jm 1. und 3. Beispiel (α und γ) ist die Thesis einsilbig, p1b_290.020 im 2. und 4. (β und δ) ist sie zweisilbig. p1b_290.021 Die Verschiedenartigkeit der Metren äußert sich in ihrer steigenden oder p1b_290.022 fallenden Bewegung. Steigend nennt man die Metren, wenn sie mit der p1b_290.023 Thesis beginnen (⏑ – und ⏑ ⏑ –); fallend sind sie, wenn sie mit der Arsis p1b_290.024 anheben (– ⏑ und – ⏑ ⏑). Das Metrum im § 95 Ziffer 2, α und β ist p1b_290.025 steigend, γ und δ ist fallend. p1b_290.026 § 98. Eintaktige (monopodische) und zweitaktige (dipodische) p1b_290.027 Messung. p1b_290.028 1. Unsere deutschen Maße (Metren) umfassen durchweg nur je p1b_290.029 einen Verstakt (Monopodie). Will man die Ausdehnung der Verse p1b_290.030 feststellen, so hat man nur die einzelnen Verstakte zu zählen. Wir p1b_290.031 können in unserer Poesie nur von einer eintaktigen (monopodischen) p1b_290.032 Messung sprechen. p1b_290.033 2. Bei den Griechen war die dipodische Messung vorherrschend. p1b_290.034 1. Die eintaktige Messung ist für unsere Poesie schon deshalb angezeigt, p1b_290.035 weil wir viele eintaktige Verse haben. (Vgl. § 116.) Außerdem empfiehlt p1b_290.036 sie sich durch ihre Einfachheit. p1b_290.037 2. Bei den Griechen bildeten je 2 Füße ein Metrum, also eine p1b_290.038 Dipodie; somit mußten sie sich im Hinblick auf ihre Metren der dipodischen p1b_290.039 Messung bedienen. Die verdoppelte Setzung des Jambus (⏑ –) oder des Trochäus

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/324>, abgerufen am 22.11.2024.