p1b_136.001 Wenn Rückert dichtet im Kranz der Zeit S. 179:
p1b_136.002
Im Jahre, da man setztep1b_136.003 In Insurrektionp1b_136.004 Tyrol, das Schwerter wetzte
p1b_136.005
u. s. w.
p1b_136.006 oder ebenda S. 218:
p1b_136.007
Franzosen muß man fassenp1b_136.008 Bei der Ambition,
p1b_136.009 so sind seine Fremdwörter in diesen beiden Zeitgedichten für eine bestimmte p1b_136.010 Wirkung beabsichtigt, wie sie ja auch ihrem Sinne nach als verständlich betrachtet p1b_136.011 werden können. Den Eindruck des ästhetisch Schönen machen sie jedoch p1b_136.012 nicht.
p1b_136.013 b. technische oder wissenschaftlich gelehrte Wörter.
p1b_136.014 Jn Rückerts Weish. d. B. (Ges. Ausg. VIII. 559) sollen die philosophischen p1b_136.015 Ausdrücke und Terminologien:
p1b_136.018 verhöhnt werden, und ist ihre Anwendung in diesem Fall gestattet. Für das p1b_136.019 große Lesepublikum ist der Sinn dieser Wörter unverständlich.
p1b_136.020 c. Provinzialismen. Diese sind nur in Dialekt-Dichtungen, wie in p1b_136.021 Witzblättern am Platze. Jedenfalls müssen sie verständlich sein. Unverständliche, p1b_136.022 wie wir sie bei Rückert finden (z. B. buhurten VI. 177, gelfen V. 126, p1b_136.023 gruneln II. 455, beiten XI. 519, stummen, strollen, follern &c.) konnten nur p1b_136.024 in der Absicht der Sprachmehrung von Rückerts unbestrittener Autorität angewandt p1b_136.025 werden.
p1b_136.026 d. Alle jene Wörter, die den in der Poesie nur herauszufühlenden p1b_136.027 logischen (verständnismäßigen) Zusammenhang prosaisch=pedantisch entwickeln oder p1b_136.028 darlegen; z. B. mithin, folglich, demnach, also, insofern, überhaupt, sondern; p1b_136.029 ferner alles, was nach Logik formell aussieht.
p1b_136.030 e. Einschränkende Ausdrücke, alle Wörter, die das Teilende, Halbe, p1b_136.031 Vorbehaltende angeben, z. B. gewissermaßen, beziehungsweise, in gewisser Beziehung, p1b_136.032 vorausgesetzt, ziemlich, mittelmäßig, dessenungeachtet, natürlicherweise.
p1b_136.033 3. Jn Bezug auf Wortstellung verlangt der Wohllaut auch, daß diejenigen p1b_136.034 Wörter, welche den Reiz des Gedankens, den Nachdruck und Sinn p1b_136.035 bergen, an die Hauptstellen im Vers zu bringen sind. Alle unbedeutenden p1b_136.036 Wörter sind voraus zu bringen oder geschickt einzufügen, so daß der rhythmische p1b_136.037 Tonfall mehr gehoben als beeinträchtigt wird.
p1b_136.038 Dichterisch unschön ist es in dieser Beziehung, immer nur des Reimes p1b_136.039 wegen das Zeitwort in die Reimstelle zu bringen, wodurch die kräftigsten, originellsten p1b_136.040 Reime meist unmöglich gemacht werden. (Vgl. weiter unten den § über p1b_136.041 Anforderungen an den Reim.)
p1b_136.001 Wenn Rückert dichtet im Kranz der Zeit S. 179:
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Im Jahre, da man setztep1b_136.003 In Insurrektionp1b_136.004 Tyrol, das Schwerter wetzte
p1b_136.005
u. s. w.
p1b_136.006 oder ebenda S. 218:
p1b_136.007
Franzosen muß man fassenp1b_136.008 Bei der Ambition,
p1b_136.009 so sind seine Fremdwörter in diesen beiden Zeitgedichten für eine bestimmte p1b_136.010 Wirkung beabsichtigt, wie sie ja auch ihrem Sinne nach als verständlich betrachtet p1b_136.011 werden können. Den Eindruck des ästhetisch Schönen machen sie jedoch p1b_136.012 nicht.
p1b_136.013 b. technische oder wissenschaftlich gelehrte Wörter.
p1b_136.014 Jn Rückerts Weish. d. B. (Ges. Ausg. VIII. 559) sollen die philosophischen p1b_136.015 Ausdrücke und Terminologien:
p1b_136.018 verhöhnt werden, und ist ihre Anwendung in diesem Fall gestattet. Für das p1b_136.019 große Lesepublikum ist der Sinn dieser Wörter unverständlich.
p1b_136.020 c. Provinzialismen. Diese sind nur in Dialekt-Dichtungen, wie in p1b_136.021 Witzblättern am Platze. Jedenfalls müssen sie verständlich sein. Unverständliche, p1b_136.022 wie wir sie bei Rückert finden (z. B. buhurten VI. 177, gelfen V. 126, p1b_136.023 gruneln II. 455, beiten XI. 519, stummen, strollen, follern &c.) konnten nur p1b_136.024 in der Absicht der Sprachmehrung von Rückerts unbestrittener Autorität angewandt p1b_136.025 werden.
p1b_136.026 d. Alle jene Wörter, die den in der Poesie nur herauszufühlenden p1b_136.027 logischen (verständnismäßigen) Zusammenhang prosaisch=pedantisch entwickeln oder p1b_136.028 darlegen; z. B. mithin, folglich, demnach, also, insofern, überhaupt, sondern; p1b_136.029 ferner alles, was nach Logik formell aussieht.
p1b_136.030 e. Einschränkende Ausdrücke, alle Wörter, die das Teilende, Halbe, p1b_136.031 Vorbehaltende angeben, z. B. gewissermaßen, beziehungsweise, in gewisser Beziehung, p1b_136.032 vorausgesetzt, ziemlich, mittelmäßig, dessenungeachtet, natürlicherweise.
p1b_136.033 3. Jn Bezug auf Wortstellung verlangt der Wohllaut auch, daß diejenigen p1b_136.034 Wörter, welche den Reiz des Gedankens, den Nachdruck und Sinn p1b_136.035 bergen, an die Hauptstellen im Vers zu bringen sind. Alle unbedeutenden p1b_136.036 Wörter sind voraus zu bringen oder geschickt einzufügen, so daß der rhythmische p1b_136.037 Tonfall mehr gehoben als beeinträchtigt wird.
p1b_136.038 Dichterisch unschön ist es in dieser Beziehung, immer nur des Reimes p1b_136.039 wegen das Zeitwort in die Reimstelle zu bringen, wodurch die kräftigsten, originellsten p1b_136.040 Reime meist unmöglich gemacht werden. (Vgl. weiter unten den § über p1b_136.041 Anforderungen an den Reim.)
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oder ebenda S. 218:
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Franzosen muß man fassen p1b_136.008
Bei der Ambition,
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so sind seine Fremdwörter in diesen beiden Zeitgedichten für eine bestimmte p1b_136.010
Wirkung beabsichtigt, wie sie ja auch ihrem Sinne nach als verständlich betrachtet p1b_136.011
werden können. Den Eindruck des ästhetisch Schönen machen sie jedoch p1b_136.012
nicht.
p1b_136.013
b. technische oder wissenschaftlich gelehrte Wörter.
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Jn Rückerts Weish. d. B. (Ges. Ausg. VIII. 559) sollen die philosophischen p1b_136.015
Ausdrücke und Terminologien:
p1b_136.016
Unendliche Substanz, bestimmte Harmonie, p1b_136.017
Realitäten-Jnbegriff &c.
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verhöhnt werden, und ist ihre Anwendung in diesem Fall gestattet. Für das p1b_136.019
große Lesepublikum ist der Sinn dieser Wörter unverständlich.
p1b_136.020
c. Provinzialismen. Diese sind nur in Dialekt-Dichtungen, wie in p1b_136.021
Witzblättern am Platze. Jedenfalls müssen sie verständlich sein. Unverständliche, p1b_136.022
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gruneln II. 455, beiten XI. 519, stummen, strollen, follern &c.) konnten nur p1b_136.024
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p1b_136.026
d. Alle jene Wörter, die den in der Poesie nur herauszufühlenden p1b_136.027
logischen (verständnismäßigen) Zusammenhang prosaisch=pedantisch entwickeln oder p1b_136.028
darlegen; z. B. mithin, folglich, demnach, also, insofern, überhaupt, sondern; p1b_136.029
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p1b_136.030
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Vorbehaltende angeben, z. B. gewissermaßen, beziehungsweise, in gewisser Beziehung, p1b_136.032
vorausgesetzt, ziemlich, mittelmäßig, dessenungeachtet, natürlicherweise.
p1b_136.033
3. Jn Bezug auf Wortstellung verlangt der Wohllaut auch, daß diejenigen p1b_136.034
Wörter, welche den Reiz des Gedankens, den Nachdruck und Sinn p1b_136.035
bergen, an die Hauptstellen im Vers zu bringen sind. Alle unbedeutenden p1b_136.036
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Tonfall mehr gehoben als beeinträchtigt wird.
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Dichterisch unschön ist es in dieser Beziehung, immer nur des Reimes p1b_136.039
wegen das Zeitwort in die Reimstelle zu bringen, wodurch die kräftigsten, originellsten p1b_136.040
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/170>, abgerufen am 24.11.2024.
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