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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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angeblichen, die man vermeiden will. Einen eigentlichen Hiatus mache sein ungeschriebener, p1b_132.002
unsichtbarer Vorschlagskonsonant ganz unmöglich. Doch erkennt p1b_132.003
Jordan den verpönten Übelklang dann an, wenn die Vokale zugleich auf derselben p1b_132.004
Stufe stehen und gleiche Tonhöhe haben, z. B. Sie Jgel; See eher; p1b_132.005
du Uhu; während er behauptet, daß Fälle wie: sie irren; See Ecke; du Unhold p1b_132.006
ohne Übelklang ausgesprochen werden können.

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scheint der Theorie des Jordanschen Vorhauchs zuzustimmen, denn er allitteriert p1b_132.009
Öde Höh; (nämlich: Selige Öde auf sonniger Höh). Bestreitet man die Absichtlichkeit p1b_132.010
dieser Allitteration, so liegt ein Hiatus offenkundig vor.

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Da wir kein Verständnis für Jordans Vorhauch haben, so müssen wir p1b_132.012
bei unserer Ansicht von der Verwerflichkeit des Hiatus verharren.

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Schon Zesen (1640) sagt: Welcher Vernünftige, dem Ohren zur Beurteilung p1b_132.014
des Klanges der Worte gegeben seien, würde wohl bejahen, daß dieses p1b_132.015
wohl lautete, wenn man setzen wollte: "Jch liebe alle Armen", da das e und p1b_132.016
a zweimal zusammenstößt. Georg Neumark (1667) will das e auch am Ende p1b_132.017
eines Verses wegwerfen, wenn der folgende mit einem Vokal beginne. Magister p1b_132.018
Pfefferkorn (1669) schließt sich dieser Forderung an. Roth (1688) p1b_132.019
gestattet eine Ausnahme, wo in der Rede ein wenig inne gehalten wird. p1b_132.020
Z. B. "Ach Schöne! Euer Thun gefällt mir wohl."

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Gleim vermeidet den Hiatus in den Kriegsliedern; Uz und Georg Jakobi p1b_132.022
vermeiden ihn ebenfalls, desgleichen Gellert in der letzten Fassung seiner Gedichte. p1b_132.023
Lessing gestattet den Hiatus in der Cäsur des Alexandriners. Wielands p1b_132.024
Verse sind nicht ganz rein vom Hiatus (in 584 Versen des Oberon p1b_132.025
finden sich 5 Fälle). Klopstock und Voß sind sehr streng in Vermeidung des p1b_132.026
Hiatus, desgleichen Bürger. Hölty findet den Hiatus zulässig; ebenso Goethe, p1b_132.027
der sich sogar den Gleichklang aus= und anlautender Worte gestattet. p1b_132.028
Z. B. Je eher du zu uns zurücke kehrst (im Tasso).

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Die Romantiker (vor allem Tieck, sowie auch Schiller und Rückert) waren p1b_132.030
sehr unachtsam gegen den Hiatus. Trotzdem wird ihn niemand für nachahmenswert p1b_132.031
erklären; da jeder metrische Vers durch den Hiatus mindestens an p1b_132.032
Wohllaut wie an Kraft des Rhythmus einbüßt.

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Scherer sagt: "Niemand soll nachahmen, was wir Schiller gern verzeihen; p1b_132.034
es ist gut, daß er keine seiner kärglich zugezählten Minuten auf die p1b_132.035
Wegschaffung von Hiaten gewendet hat. Unsere großen Dichter wußten, wie p1b_132.036
viel der ernste Wille und strenge Arbeit in der Kunst bedeutet; die allerjüngsten p1b_132.037
Knirpse denken, der Herr müsse es ihnen im Schlafe schenken.
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- Jch fürchte nicht, daß nach der Epoche der Bummelpoesie, in der wir jetzt p1b_132.039
stehen, schon das Nichts kommt, daß der jammervolle Verfall unserer Lyrik .... p1b_132.040
schon das vorläufige Ende bedeute. Jch glaube noch an die Möglichkeit eines p1b_132.041
Aufschwungs und möchte deshalb diejenigen, welche berufen sind, dafür zu p1b_132.042
wirken, auf die Formenstrenge des vorigen Jahrhunderts verweisen, die zum p1b_132.043
Sieg führte."

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angeblichen, die man vermeiden will. Einen eigentlichen Hiatus mache sein ungeschriebener, p1b_132.002
unsichtbarer Vorschlagskonsonant ganz unmöglich. Doch erkennt p1b_132.003
Jordan den verpönten Übelklang dann an, wenn die Vokale zugleich auf derselben p1b_132.004
Stufe stehen und gleiche Tonhöhe haben, z. B. Sie ̑Jgel; See ̑eher; p1b_132.005
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ohne Übelklang ausgesprochen werden können.

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scheint der Theorie des Jordanschen Vorhauchs zuzustimmen, denn er allitteriert p1b_132.009
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dieser Allitteration, so liegt ein Hiatus offenkundig vor.

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Da wir kein Verständnis für Jordans Vorhauch haben, so müssen wir p1b_132.012
bei unserer Ansicht von der Verwerflichkeit des Hiatus verharren.

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Schon Zesen (1640) sagt: Welcher Vernünftige, dem Ohren zur Beurteilung p1b_132.014
des Klanges der Worte gegeben seien, würde wohl bejahen, daß dieses p1b_132.015
wohl lautete, wenn man setzen wollte: „Jch liebe ̑alle ̑Armen“, da das e und p1b_132.016
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Z. B. „Ach Schöne! ̑Euer Thun gefällt mir wohl.“

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Gleim vermeidet den Hiatus in den Kriegsliedern; Uz und Georg Jakobi p1b_132.022
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Z. B. Je ̑eher du zu ̑uns zurücke kehrst (im Tasso).

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Die Romantiker (vor allem Tieck, sowie auch Schiller und Rückert) waren p1b_132.030
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Scherer sagt: „Niemand soll nachahmen, was wir Schiller gern verzeihen; p1b_132.034
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Knirpse denken, der Herr müsse es ihnen im Schlafe schenken.
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─ Jch fürchte nicht, daß nach der Epoche der Bummelpoesie, in der wir jetzt p1b_132.039
stehen, schon das Nichts kommt, daß der jammervolle Verfall unserer Lyrik .... p1b_132.040
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/166>, abgerufen am 24.11.2024.