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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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kürzen sich die Fremdwörter ab, indem sie z. B. sprechen: "Papa geht in's p1b_115.002
Ministerium und Mama in die Bilderie" (für Bildergallerie). Das Kindliche p1b_115.003
ist ein Gut der Sprache, denn es beruht auf Einfalt und Natur. - Die p1b_115.004
skandinavischen Zweige unseres Sprachstammes und ebenso unsere niederländische p1b_115.005
Sprachschwester haben diese Eigenschaft getreulich bewahrt. Obwohl seit der p1b_115.006
burgundischen Herrschaft das Französische stark in die Niederlande eingedrungen p1b_115.007
war, machte sich doch im Freiheitskampfe gegen die Spanier alsbald die volle p1b_115.008
Kraft der nationalen Sprache wieder geltend. Wir können gerade dieser unserer p1b_115.009
Schwestersprache manchen nützlichen Wink für neologistische Ersetzung fremder p1b_115.010
Wörter durch solche germanischen Stammes entnehmen. Sie hat z. B. für p1b_115.011
Cirkularschreiben den Ausdruck Rundbrief, für Paragraph == Lid (Glied), p1b_115.012
für Sekretär Ambtener (Amtner), für Stipulation Bepaling, Bepfählung - p1b_115.013
gewiß ein kräftiges Bild. Für Subskribent hat sie die Benennung Jnteknaar, p1b_115.014
für Aktionär Andelhebber, für Jdee das schöne Wort Denkbeeld, für Jdentität p1b_115.015
Eenselvigheed u. s. f. - Botanik und Zoologie haben wir durch Pflanzen= und p1b_115.016
Tierkunde gut ersetzt, mit der Mineralogie war es schwieriger, weil Mineral p1b_115.017
beides: Gestein und Erz bezeichnet. Die holländische Sprache hat dafür den p1b_115.018
Ausdruck Bergstoff. Das Wort Platzregen, welches den Etymologen lange p1b_115.019
Zeit Kopfzerbrechen verursachte, das man bald von plötzlich, bald von platschen p1b_115.020
ableitete, und für das man sogar die Schreibart Platschregen vorschlug, wird p1b_115.021
sehr einfach durch das holländische plas die Pfütze erklärt. (Weigand leitet es p1b_115.022
vom mhd. plaz == schallender Schlag her.) Mynheer, der sich gewiß auf alle p1b_115.023
Sorten von Regen versteht, schreibt Plasregen. Alte niederdeutsche Ausdrücke, p1b_115.024
die bei uns nur noch im Volksmunde und in einzelnen Bezirken umlaufen, hat p1b_115.025
das Holländische getreulich bewahrt. (Beispielshalber heißt kamen schimmeln, p1b_115.026
davon kamiger Wein. Bei uns wird das Wort Kahm == Schimmel zuweilen p1b_115.027
auch als Kan (Kohn) gesprochen. Belemmert sein ist der holländische Ausdruck p1b_115.028
für behindert, gehemmt sein u. s. w.)

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Unsere Germanisten und Paläologen möchten alle als Neologismen eingeführten p1b_115.030
Fremdwörter mit Stumpf und Stiel ausrotten. Aber sie vergessen, p1b_115.031
daß eine Menge Fremdwörter unsere Sprache bereichern und uns wegen ihres p1b_115.032
Klanges oder ihrer durchaus nicht ersetzbaren Kürze der Bezeichnung lieb p1b_115.033
geworden sind. Wörter wie Fibel, Stil, Apotheke, Sekretär &c. zu verbannen, p1b_115.034
würde den Übergeist oder Ungeist wieder heraufbeschwören heißen, in welchem p1b_115.035
die christlichen Eiferer die antiken Tempel und Bildsäulen vernichteten. Unsere p1b_115.036
Puristen übersehen, daß ihr verwerflicher, den Barbarismus im Ausrotten aller p1b_115.037
Fremdwörter bekämpfender Purismus nicht selten zur unschönen, meist geschmacklosesten p1b_115.038
Neologie führt. Felix von Zesen war der Anführer jener einseitigen p1b_115.039
Pedanten, deren überspannte Verkehrtheit z. B. Diana mit Waidinne, Juno p1b_115.040
mit Himmelinne, Pomona mit Obstinne übersetzten, und woraus die Lächerlichkeit p1b_115.041
sich entwickelte, daß man z. B. Lieutenant bei der Gardekavallerie mit "Statthalter p1b_115.042
bei der Leibwachgaulerei", Dilettant auf dem Fortepiano mit "Vergnügling p1b_115.043
auf dem Starkschwachkastenrührbrett", Apotheker mit "Arzneimittelbereitungsmischungsverhältniskundiger" p1b_115.044
in drastischer Weise vertauschte. Auch der Purismus

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kürzen sich die Fremdwörter ab, indem sie z. B. sprechen: „Papa geht in's p1b_115.002
Ministerium und Mama in die Bilderie“ (für Bildergallerie). Das Kindliche p1b_115.003
ist ein Gut der Sprache, denn es beruht auf Einfalt und Natur. ─ Die p1b_115.004
skandinavischen Zweige unseres Sprachstammes und ebenso unsere niederländische p1b_115.005
Sprachschwester haben diese Eigenschaft getreulich bewahrt. Obwohl seit der p1b_115.006
burgundischen Herrschaft das Französische stark in die Niederlande eingedrungen p1b_115.007
war, machte sich doch im Freiheitskampfe gegen die Spanier alsbald die volle p1b_115.008
Kraft der nationalen Sprache wieder geltend. Wir können gerade dieser unserer p1b_115.009
Schwestersprache manchen nützlichen Wink für neologistische Ersetzung fremder p1b_115.010
Wörter durch solche germanischen Stammes entnehmen. Sie hat z. B. für p1b_115.011
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gewiß ein kräftiges Bild. Für Subskribent hat sie die Benennung Jnteknaar, p1b_115.014
für Aktionär Andelhebber, für Jdee das schöne Wort Denkbeeld, für Jdentität p1b_115.015
Eenselvigheed u. s. f. ─ Botanik und Zoologie haben wir durch Pflanzen= und p1b_115.016
Tierkunde gut ersetzt, mit der Mineralogie war es schwieriger, weil Mineral p1b_115.017
beides: Gestein und Erz bezeichnet. Die holländische Sprache hat dafür den p1b_115.018
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für behindert, gehemmt sein u. s. w.)

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Unsere Germanisten und Paläologen möchten alle als Neologismen eingeführten p1b_115.030
Fremdwörter mit Stumpf und Stiel ausrotten. Aber sie vergessen, p1b_115.031
daß eine Menge Fremdwörter unsere Sprache bereichern und uns wegen ihres p1b_115.032
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würde den Übergeist oder Ungeist wieder heraufbeschwören heißen, in welchem p1b_115.035
die christlichen Eiferer die antiken Tempel und Bildsäulen vernichteten. Unsere p1b_115.036
Puristen übersehen, daß ihr verwerflicher, den Barbarismus im Ausrotten aller p1b_115.037
Fremdwörter bekämpfender Purismus nicht selten zur unschönen, meist geschmacklosesten p1b_115.038
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sich entwickelte, daß man z. B. Lieutenant bei der Gardekavallerie mit „Statthalter p1b_115.042
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/149>, abgerufen am 24.11.2024.