Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Erstes Kapitel. Herrschaft von Gesetzen gestellt, die ihnen nach Form und In-halt fremd waren, und deren practische Durchführung alles Bestehende zu erschüttern schien. Daher erhob sich von allen Seiten eine heftige Opposition gegen die Romanisten, welche man als die Quelle dieser Neuerung erkannte. Am Kräftig- sten sprach sich die baierische Ritterschaft 1499 in einer Be- schwerde aus: In judicibus intolerabilis error. Non enim eli- guntur judices more antiquo, sed multi juris Ro- mani professores, pauci magistratus, nobiles at- que provinciales. -- Cum jus municipale servan- dum sit, et antiquae consuetudines pro legibus habendae sint, fit, ut multa his contraria fiant, unde deceptiones, errores et turbae oriuntur. Illi enim juris professores nostrum morem ignorant, nec etiam si sciant, illis nostris consuetudinibus quicquam tribuere volunt. Aehnliche Klagen wurden, wenn auch gleich erfolglos, Erſtes Kapitel. Herrſchaft von Geſetzen geſtellt, die ihnen nach Form und In-halt fremd waren, und deren practiſche Durchfuͤhrung alles Beſtehende zu erſchuͤttern ſchien. Daher erhob ſich von allen Seiten eine heftige Oppoſition gegen die Romaniſten, welche man als die Quelle dieſer Neuerung erkannte. Am Kraͤftig- ſten ſprach ſich die baieriſche Ritterſchaft 1499 in einer Be- ſchwerde aus: In judicibus intolerabilis error. Non enim eli- guntur judices more antiquo, sed multi juris Ro- mani professores, pauci magistratus, nobiles at- que provinciales. — Cum jus municipale servan- dum sit, et antiquae consuetudines pro legibus habendae sint, fit, ut multa his contraria fiant, unde deceptiones, errores et turbae oriuntur. Illi enim juris professores nostrum morem ignorant, nec etiam si sciant, illis nostris consuetudinibus quicquam tribuere volunt. Aehnliche Klagen wurden, wenn auch gleich erfolglos, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Kapitel</hi>.</fw><lb/> Herrſchaft von Geſetzen geſtellt, die ihnen nach Form und In-<lb/> halt fremd waren, und deren practiſche Durchfuͤhrung alles<lb/> Beſtehende zu erſchuͤttern ſchien. Daher erhob ſich von allen<lb/> Seiten eine heftige Oppoſition gegen die Romaniſten, welche<lb/> man als die Quelle dieſer Neuerung erkannte. Am Kraͤftig-<lb/> ſten ſprach ſich die baieriſche Ritterſchaft 1499 in einer Be-<lb/> ſchwerde aus:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">In judicibus intolerabilis error. Non enim eli-<lb/> guntur judices more antiquo, sed multi juris Ro-<lb/> mani professores, pauci magistratus, nobiles at-<lb/> que provinciales. — Cum jus municipale servan-<lb/> dum sit, et antiquae consuetudines pro legibus<lb/> habendae sint, fit, ut multa his contraria fiant,<lb/> unde deceptiones, errores et turbae oriuntur. Illi<lb/> enim juris professores nostrum morem ignorant,<lb/> nec etiam si sciant, illis nostris consuetudinibus<lb/> quicquam tribuere volunt.</hi></hi></p><lb/> <p>Aehnliche Klagen wurden, wenn auch gleich erfolglos,<lb/> von den Wuͤrtembergiſchen Landſtaͤnden, der unmittelbaren<lb/> Reichsritterſchaft in Franken, der Stadt Luͤbeck und von andern<lb/> Seiten erhoben; und Ulrich von Hutten, der die Sache von<lb/> einem hoͤheren nationalen Standpuncte auffaßte, kaͤmpfte kaum<lb/> erbitterter gegen die roͤmiſchen Curtiſanen und Papiſten, als<lb/> gegen die Bartoliſten und Rabuliſten, welche dem Volke ſein<lb/> gutes Recht und ſeine freie Gerichtsverfaſſung entzoͤgen. Auch<lb/> war in der That die Verletzung des materiellen Rechtes nicht<lb/> die ſchlimmſte Folge von der Herrſchaft der Romaniſten und<lb/> ihrer Lehre; noch hoͤher muß der Nachtheil angeſchlagen wer-<lb/> den, daß das Recht, bis dahin im Bewußtſeyn des Volkes<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0052]
Erſtes Kapitel.
Herrſchaft von Geſetzen geſtellt, die ihnen nach Form und In-
halt fremd waren, und deren practiſche Durchfuͤhrung alles
Beſtehende zu erſchuͤttern ſchien. Daher erhob ſich von allen
Seiten eine heftige Oppoſition gegen die Romaniſten, welche
man als die Quelle dieſer Neuerung erkannte. Am Kraͤftig-
ſten ſprach ſich die baieriſche Ritterſchaft 1499 in einer Be-
ſchwerde aus:
In judicibus intolerabilis error. Non enim eli-
guntur judices more antiquo, sed multi juris Ro-
mani professores, pauci magistratus, nobiles at-
que provinciales. — Cum jus municipale servan-
dum sit, et antiquae consuetudines pro legibus
habendae sint, fit, ut multa his contraria fiant,
unde deceptiones, errores et turbae oriuntur. Illi
enim juris professores nostrum morem ignorant,
nec etiam si sciant, illis nostris consuetudinibus
quicquam tribuere volunt.
Aehnliche Klagen wurden, wenn auch gleich erfolglos,
von den Wuͤrtembergiſchen Landſtaͤnden, der unmittelbaren
Reichsritterſchaft in Franken, der Stadt Luͤbeck und von andern
Seiten erhoben; und Ulrich von Hutten, der die Sache von
einem hoͤheren nationalen Standpuncte auffaßte, kaͤmpfte kaum
erbitterter gegen die roͤmiſchen Curtiſanen und Papiſten, als
gegen die Bartoliſten und Rabuliſten, welche dem Volke ſein
gutes Recht und ſeine freie Gerichtsverfaſſung entzoͤgen. Auch
war in der That die Verletzung des materiellen Rechtes nicht
die ſchlimmſte Folge von der Herrſchaft der Romaniſten und
ihrer Lehre; noch hoͤher muß der Nachtheil angeſchlagen wer-
den, daß das Recht, bis dahin im Bewußtſeyn des Volkes
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