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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Methode des Juristenrechts.
stischen Theorie, welche sie nun also mit der Rechtsanwendung
in die nächste Verbindung bringen konnten. Aus diesem Al-
len erklärt es sich, daß nach und nach die communis DD.
opinio
als Grund des Juristenrechts nicht mehr ganz so wie
früher aufgefaßt ward, und daß man neben den Ansichten an-
gesehener Schriftsteller besonders auch die in den Rechtssprü-
chen dargelegte Ueberzeugung berücksichtigte. Das ward denn
auch seit der Mitte des 17. Jahrhunderts in der juristischen
Terminologie bemerklich, indem man das Juristenrecht nicht
mehr als communis opinio, sondern als usus fori, Gerichts-
gebrauch, Praxis zu bezeichnen pflegte, und den Ausdruck "ge-
meine Meinung" hauptsächlich auf den Fall beschränkte, wenn
es sich nicht um die Begründung selbständiger Institute, son-
dern um die Entscheidung anhängiger Controversen handelte.
Auch stellte man wohl die Theorie der Praxis ausdrücklich ge-
genüber, aber bis auf die neueren Zeiten nicht, um damit ei-
nen inner Gegensatz auszudrücken, sondern nur, um die Ver-
schiedenheit der Form und des Zwecks bei der Thätigkeit der
Juristen anzudeuten. Denn die berühmtesten Practiker Deutsch-
lands galten auch für bedeutende Theoretiker, obgleich sie wohl
den Anforderungen einer sogenannten eleganten Jurisprudenz
nicht immer genügten. Diese hat aber überhaupt auf das
deutsche Rechtswesen stets nur einen sehr mittelbaren und be-
schränkten Einfluß ausgeübt.

Auf die angegebene Weise nun ist es geschehen, daß in
Deutschland schon seit Langem ein Juristenrecht, wenn auch
nicht dem Namen, so doch der Sache nach anerkannt worden
ist. Und wie hätte es auch anders seyn können, da es ja
außer allem Zweifel ist, daß ein großer Theil des positiven
Rechts nur durch den Einfluß des Juristenstandes gebildet,

Methode des Juriſtenrechts.
ſtiſchen Theorie, welche ſie nun alſo mit der Rechtsanwendung
in die naͤchſte Verbindung bringen konnten. Aus dieſem Al-
len erklaͤrt es ſich, daß nach und nach die communis DD.
opinio
als Grund des Juriſtenrechts nicht mehr ganz ſo wie
fruͤher aufgefaßt ward, und daß man neben den Anſichten an-
geſehener Schriftſteller beſonders auch die in den Rechtsſpruͤ-
chen dargelegte Ueberzeugung beruͤckſichtigte. Das ward denn
auch ſeit der Mitte des 17. Jahrhunderts in der juriſtiſchen
Terminologie bemerklich, indem man das Juriſtenrecht nicht
mehr als communis opinio, ſondern als usus fori, Gerichts-
gebrauch, Praxis zu bezeichnen pflegte, und den Ausdruck „ge-
meine Meinung“ hauptſaͤchlich auf den Fall beſchraͤnkte, wenn
es ſich nicht um die Begruͤndung ſelbſtaͤndiger Inſtitute, ſon-
dern um die Entſcheidung anhaͤngiger Controverſen handelte.
Auch ſtellte man wohl die Theorie der Praxis ausdruͤcklich ge-
genuͤber, aber bis auf die neueren Zeiten nicht, um damit ei-
nen inner Gegenſatz auszudruͤcken, ſondern nur, um die Ver-
ſchiedenheit der Form und des Zwecks bei der Thaͤtigkeit der
Juriſten anzudeuten. Denn die beruͤhmteſten Practiker Deutſch-
lands galten auch fuͤr bedeutende Theoretiker, obgleich ſie wohl
den Anforderungen einer ſogenannten eleganten Jurisprudenz
nicht immer genuͤgten. Dieſe hat aber uͤberhaupt auf das
deutſche Rechtsweſen ſtets nur einen ſehr mittelbaren und be-
ſchraͤnkten Einfluß ausgeuͤbt.

Auf die angegebene Weiſe nun iſt es geſchehen, daß in
Deutſchland ſchon ſeit Langem ein Juriſtenrecht, wenn auch
nicht dem Namen, ſo doch der Sache nach anerkannt worden
iſt. Und wie haͤtte es auch anders ſeyn koͤnnen, da es ja
außer allem Zweifel iſt, daß ein großer Theil des poſitiven
Rechts nur durch den Einfluß des Juriſtenſtandes gebildet,

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[301/0313] Methode des Juriſtenrechts. ſtiſchen Theorie, welche ſie nun alſo mit der Rechtsanwendung in die naͤchſte Verbindung bringen konnten. Aus dieſem Al- len erklaͤrt es ſich, daß nach und nach die communis DD. opinio als Grund des Juriſtenrechts nicht mehr ganz ſo wie fruͤher aufgefaßt ward, und daß man neben den Anſichten an- geſehener Schriftſteller beſonders auch die in den Rechtsſpruͤ- chen dargelegte Ueberzeugung beruͤckſichtigte. Das ward denn auch ſeit der Mitte des 17. Jahrhunderts in der juriſtiſchen Terminologie bemerklich, indem man das Juriſtenrecht nicht mehr als communis opinio, ſondern als usus fori, Gerichts- gebrauch, Praxis zu bezeichnen pflegte, und den Ausdruck „ge- meine Meinung“ hauptſaͤchlich auf den Fall beſchraͤnkte, wenn es ſich nicht um die Begruͤndung ſelbſtaͤndiger Inſtitute, ſon- dern um die Entſcheidung anhaͤngiger Controverſen handelte. Auch ſtellte man wohl die Theorie der Praxis ausdruͤcklich ge- genuͤber, aber bis auf die neueren Zeiten nicht, um damit ei- nen inner Gegenſatz auszudruͤcken, ſondern nur, um die Ver- ſchiedenheit der Form und des Zwecks bei der Thaͤtigkeit der Juriſten anzudeuten. Denn die beruͤhmteſten Practiker Deutſch- lands galten auch fuͤr bedeutende Theoretiker, obgleich ſie wohl den Anforderungen einer ſogenannten eleganten Jurisprudenz nicht immer genuͤgten. Dieſe hat aber uͤberhaupt auf das deutſche Rechtsweſen ſtets nur einen ſehr mittelbaren und be- ſchraͤnkten Einfluß ausgeuͤbt. Auf die angegebene Weiſe nun iſt es geſchehen, daß in Deutſchland ſchon ſeit Langem ein Juriſtenrecht, wenn auch nicht dem Namen, ſo doch der Sache nach anerkannt worden iſt. Und wie haͤtte es auch anders ſeyn koͤnnen, da es ja außer allem Zweifel iſt, daß ein großer Theil des poſitiven Rechts nur durch den Einfluß des Juriſtenſtandes gebildet,

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/313>, abgerufen am 27.11.2024.