gleichmäßig gewahrt sehen. Das fränkische Element überwog, wo es sich von allgemeinen Reichsangelegenheiten handelte, und das eigentliche Staatsprincip zur Frage stand; nament- lich die Reichsversammlung und die Stellung der königlichen Beamten war darauf basirt. Die Volksfreiheit dagegen blieb mit voller Wirksamkeit in den engeren Kreisen der Stämme, Provinzen und Gemeinden bestehen, nur daß ein königlicher Beamter die formelle Leitung hatte und namentlich den Bann (das imperium) handhabte; ja mit einer großartigen Conse- quenz hatte Karl das Kriegswesen auf die Volksbewaffnung (den Heerbann) zurückgeführt.
Bei dieser Verfassung war nun allerdings schon ein ener- gisches Eingreifen der höchsten Gewalt in der Monarchie mög- lich, und unter kräftigen Herrschern kommt es auch mit ent- schiedenem Erfolg vor. Es wurden allgemeine Reichsgesetze von großer Bedeutung erlassen; die Verwaltung, nach be- stimmten Regeln geordnet, war schon vielfach im Interesse des öffentlichen Wohles thätig; die öffentlichen Strafen mehrten sich; die Rechtspflege trat der Privatgewalt der Einzelnen be- stimmter gegenüber, und das Fehdewesen ward beschränkt. Doch führte dieß zu keiner Unterdrückung des alten Volks- rechts, weil sich dasselbe in den engeren Kreisen des öffentli- chen Lebens frei bewegen durfte. Kein Gesetz ist unter Karl dem Großen für einen einzelnen Volksstamm ohne dessen Zu- stimmung erlassen worden; auf den Provinziallandtagen, in den Versammlungen der Gaue, Hunderte und Gemarkungen wurden noch immer die Geschäfte von den freien Eingesessenen selbständig abgemacht. Auch die Rechtspflege lag in ihren Händen, denn die Quelle des Rechts war noch die Ueberzeu- gung der Gemeinde: gesetzliche Verfügungen kommen nament-
Hiſtoriſche Einleitung.
gleichmaͤßig gewahrt ſehen. Das fraͤnkiſche Element uͤberwog, wo es ſich von allgemeinen Reichsangelegenheiten handelte, und das eigentliche Staatsprincip zur Frage ſtand; nament- lich die Reichsverſammlung und die Stellung der koͤniglichen Beamten war darauf baſirt. Die Volksfreiheit dagegen blieb mit voller Wirkſamkeit in den engeren Kreiſen der Staͤmme, Provinzen und Gemeinden beſtehen, nur daß ein koͤniglicher Beamter die formelle Leitung hatte und namentlich den Bann (das imperium) handhabte; ja mit einer großartigen Conſe- quenz hatte Karl das Kriegsweſen auf die Volksbewaffnung (den Heerbann) zuruͤckgefuͤhrt.
Bei dieſer Verfaſſung war nun allerdings ſchon ein ener- giſches Eingreifen der hoͤchſten Gewalt in der Monarchie moͤg- lich, und unter kraͤftigen Herrſchern kommt es auch mit ent- ſchiedenem Erfolg vor. Es wurden allgemeine Reichsgeſetze von großer Bedeutung erlaſſen; die Verwaltung, nach be- ſtimmten Regeln geordnet, war ſchon vielfach im Intereſſe des oͤffentlichen Wohles thaͤtig; die oͤffentlichen Strafen mehrten ſich; die Rechtspflege trat der Privatgewalt der Einzelnen be- ſtimmter gegenuͤber, und das Fehdeweſen ward beſchraͤnkt. Doch fuͤhrte dieß zu keiner Unterdruͤckung des alten Volks- rechts, weil ſich daſſelbe in den engeren Kreiſen des oͤffentli- chen Lebens frei bewegen durfte. Kein Geſetz iſt unter Karl dem Großen fuͤr einen einzelnen Volksſtamm ohne deſſen Zu- ſtimmung erlaſſen worden; auf den Provinziallandtagen, in den Verſammlungen der Gaue, Hunderte und Gemarkungen wurden noch immer die Geſchaͤfte von den freien Eingeſeſſenen ſelbſtaͤndig abgemacht. Auch die Rechtspflege lag in ihren Haͤnden, denn die Quelle des Rechts war noch die Ueberzeu- gung der Gemeinde: geſetzliche Verfuͤgungen kommen nament-
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Hiſtoriſche Einleitung.
gleichmaͤßig gewahrt ſehen. Das fraͤnkiſche Element uͤberwog,
wo es ſich von allgemeinen Reichsangelegenheiten handelte,
und das eigentliche Staatsprincip zur Frage ſtand; nament-
lich die Reichsverſammlung und die Stellung der koͤniglichen
Beamten war darauf baſirt. Die Volksfreiheit dagegen blieb
mit voller Wirkſamkeit in den engeren Kreiſen der Staͤmme,
Provinzen und Gemeinden beſtehen, nur daß ein koͤniglicher
Beamter die formelle Leitung hatte und namentlich den Bann
(das imperium) handhabte; ja mit einer großartigen Conſe-
quenz hatte Karl das Kriegsweſen auf die Volksbewaffnung
(den Heerbann) zuruͤckgefuͤhrt.
Bei dieſer Verfaſſung war nun allerdings ſchon ein ener-
giſches Eingreifen der hoͤchſten Gewalt in der Monarchie moͤg-
lich, und unter kraͤftigen Herrſchern kommt es auch mit ent-
ſchiedenem Erfolg vor. Es wurden allgemeine Reichsgeſetze
von großer Bedeutung erlaſſen; die Verwaltung, nach be-
ſtimmten Regeln geordnet, war ſchon vielfach im Intereſſe des
oͤffentlichen Wohles thaͤtig; die oͤffentlichen Strafen mehrten
ſich; die Rechtspflege trat der Privatgewalt der Einzelnen be-
ſtimmter gegenuͤber, und das Fehdeweſen ward beſchraͤnkt.
Doch fuͤhrte dieß zu keiner Unterdruͤckung des alten Volks-
rechts, weil ſich daſſelbe in den engeren Kreiſen des oͤffentli-
chen Lebens frei bewegen durfte. Kein Geſetz iſt unter Karl
dem Großen fuͤr einen einzelnen Volksſtamm ohne deſſen Zu-
ſtimmung erlaſſen worden; auf den Provinziallandtagen, in
den Verſammlungen der Gaue, Hunderte und Gemarkungen
wurden noch immer die Geſchaͤfte von den freien Eingeſeſſenen
ſelbſtaͤndig abgemacht. Auch die Rechtspflege lag in ihren
Haͤnden, denn die Quelle des Rechts war noch die Ueberzeu-
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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/21>, abgerufen am 27.07.2024.
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