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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Viertes Kapitel.
indem sie dessen Princip adoptirte, und demselben nur eine an-
dere, zeitgemäße Form gab. Durch das Steuerwesen war
man schon darauf hingewiesen, den Grundbesitz zu individua-
lisiren, und die einzelnen Grundstücke in öffentlichen Büchern
genau zu verzeichnen. Der leitende Gedanke der neueren Hy-
pothekenordnungen besteht nun darin, solche öffentliche Bücher
als Grundlage des Realcredits zu benutzen, und die Erwerbung
eines dinglichen Rechts von der Eintragung in das Hypothe-
kenbuch abhängig zu machen. Diese erscheint also als eine Auf-
lassung in foro rei sitae, nur daß die Schrift an die Stelle
des feierlichen, symbolischen Actes getreten ist, und nicht mehr
die Parteien selbst unmittelbar dabei thätig sind, sondern, durch
sie veranlaßt, die öffentliche Behörde die entscheidende Hand-
lung vornimmt, indem man den Mangel des alten Echtedings
durch Edictalcitationen zu ersetzen sucht. Oft mag man sich frei-
lich gar nicht darüber klar geworden seyn, daß man sich mit
dem sogenannten Princip der Publicität und Specialität wie-
der auf dem Wege der altgermanischen Rechtsbildung befinde;
manche Gesetzgebung der angeführten Art läßt auch bald die
Consequenz und Strenge, bald die Elasticität des älteren
Rechts, welches die Auflassung nicht nothwendig auf einzelne
Grundstücke beschränkte, gar sehr vermissen; man hat oft die
verschiedene Vertheilung des Grundbesitzes und namentlich die
Möglichkeit der freien Zerstückelung im Gegensatz zu den ge-
schlossenen Stellen nicht gehörig erwogen, und sich so eine un-
geheure Last der Katastrirung und Buchführung aufgeladen,
bei der Mittel und Zweck in keinem Verhältnisse stehen; die
Feststellung des Legitimationspunctes ist zum Theil mit einer
wahrhaft pedantischen Aengstlichkeit geordnet. Solchen und
ähnlichen Ausstellungen sind diese neueren Gesetzgebungen viel-

Viertes Kapitel.
indem ſie deſſen Princip adoptirte, und demſelben nur eine an-
dere, zeitgemaͤße Form gab. Durch das Steuerweſen war
man ſchon darauf hingewieſen, den Grundbeſitz zu individua-
liſiren, und die einzelnen Grundſtuͤcke in oͤffentlichen Buͤchern
genau zu verzeichnen. Der leitende Gedanke der neueren Hy-
pothekenordnungen beſteht nun darin, ſolche oͤffentliche Buͤcher
als Grundlage des Realcredits zu benutzen, und die Erwerbung
eines dinglichen Rechts von der Eintragung in das Hypothe-
kenbuch abhaͤngig zu machen. Dieſe erſcheint alſo als eine Auf-
laſſung in foro rei sitae, nur daß die Schrift an die Stelle
des feierlichen, ſymboliſchen Actes getreten iſt, und nicht mehr
die Parteien ſelbſt unmittelbar dabei thaͤtig ſind, ſondern, durch
ſie veranlaßt, die oͤffentliche Behoͤrde die entſcheidende Hand-
lung vornimmt, indem man den Mangel des alten Echtedings
durch Edictalcitationen zu erſetzen ſucht. Oft mag man ſich frei-
lich gar nicht daruͤber klar geworden ſeyn, daß man ſich mit
dem ſogenannten Princip der Publicitaͤt und Specialitaͤt wie-
der auf dem Wege der altgermaniſchen Rechtsbildung befinde;
manche Geſetzgebung der angefuͤhrten Art laͤßt auch bald die
Conſequenz und Strenge, bald die Elaſticitaͤt des aͤlteren
Rechts, welches die Auflaſſung nicht nothwendig auf einzelne
Grundſtuͤcke beſchraͤnkte, gar ſehr vermiſſen; man hat oft die
verſchiedene Vertheilung des Grundbeſitzes und namentlich die
Moͤglichkeit der freien Zerſtuͤckelung im Gegenſatz zu den ge-
ſchloſſenen Stellen nicht gehoͤrig erwogen, und ſich ſo eine un-
geheure Laſt der Kataſtrirung und Buchfuͤhrung aufgeladen,
bei der Mittel und Zweck in keinem Verhaͤltniſſe ſtehen; die
Feſtſtellung des Legitimationspunctes iſt zum Theil mit einer
wahrhaft pedantiſchen Aengſtlichkeit geordnet. Solchen und
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[134/0146] Viertes Kapitel. indem ſie deſſen Princip adoptirte, und demſelben nur eine an- dere, zeitgemaͤße Form gab. Durch das Steuerweſen war man ſchon darauf hingewieſen, den Grundbeſitz zu individua- liſiren, und die einzelnen Grundſtuͤcke in oͤffentlichen Buͤchern genau zu verzeichnen. Der leitende Gedanke der neueren Hy- pothekenordnungen beſteht nun darin, ſolche oͤffentliche Buͤcher als Grundlage des Realcredits zu benutzen, und die Erwerbung eines dinglichen Rechts von der Eintragung in das Hypothe- kenbuch abhaͤngig zu machen. Dieſe erſcheint alſo als eine Auf- laſſung in foro rei sitae, nur daß die Schrift an die Stelle des feierlichen, ſymboliſchen Actes getreten iſt, und nicht mehr die Parteien ſelbſt unmittelbar dabei thaͤtig ſind, ſondern, durch ſie veranlaßt, die oͤffentliche Behoͤrde die entſcheidende Hand- lung vornimmt, indem man den Mangel des alten Echtedings durch Edictalcitationen zu erſetzen ſucht. Oft mag man ſich frei- lich gar nicht daruͤber klar geworden ſeyn, daß man ſich mit dem ſogenannten Princip der Publicitaͤt und Specialitaͤt wie- der auf dem Wege der altgermaniſchen Rechtsbildung befinde; manche Geſetzgebung der angefuͤhrten Art laͤßt auch bald die Conſequenz und Strenge, bald die Elaſticitaͤt des aͤlteren Rechts, welches die Auflaſſung nicht nothwendig auf einzelne Grundſtuͤcke beſchraͤnkte, gar ſehr vermiſſen; man hat oft die verſchiedene Vertheilung des Grundbeſitzes und namentlich die Moͤglichkeit der freien Zerſtuͤckelung im Gegenſatz zu den ge- ſchloſſenen Stellen nicht gehoͤrig erwogen, und ſich ſo eine un- geheure Laſt der Kataſtrirung und Buchfuͤhrung aufgeladen, bei der Mittel und Zweck in keinem Verhaͤltniſſe ſtehen; die Feſtſtellung des Legitimationspunctes iſt zum Theil mit einer wahrhaft pedantiſchen Aengſtlichkeit geordnet. Solchen und aͤhnlichen Ausſtellungen ſind dieſe neueren Geſetzgebungen viel-

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/146>, abgerufen am 09.11.2024.