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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Einleitende Bestimmungen.
schweren und den minder schweren Verbrechen sicher und genau unter-
schieden würde, so daß jene vor die Schwurgerichte, diese vor die ein-
fachen Kriminalgerichte verwiesen werden könnten. In diesem Gegensatze
lag das eigentliche Gewicht der Sache, während die Ausscheidung der
Polizei-Uebertretungen nach der Kompetenz der zuständigen Behörden
von keiner Seite bedenklich gefunden wurde.

In Frankreich scheint man die innere, rechtsphilosophische Begrün-
dung der Dreitheilung kaum versucht zu haben; wenigstens waren es
äußere Gründe der Zweckmäßigkeit, die zu ihrer Aufstellung führten.
Schon Treilhard führte die Dreitheilung auf das Bedürfniß der Kom-
petenzbestimmung zurück, und spätere Juristen sprachen es unbefangen
aus, daß es sich dabei nicht von einem Princip der Strafgesetzgebung,
sondern von einer Regel für die Feststellung der Kompetenz handle. a)
Es ist freilich einmal der Versucht gemacht worden, die Vergehen von
den Verbrechen auch im System zu unterscheiden, und ihnen wie den
Uebertretungen einen besonderen Abschnitt anzuweisen. Aber diese im
Code penal von 1791. durchgeführte Anordnung ließ sich nicht aufrecht
halten, da es bei der Feststellung des Strafmaaßes nicht allein auf die
Natur der strafbaren Handlungen, sondern noch auf manche andere,
durch Persönlichkeit und Gegenstand bestimmte Momente ankommt, und
wenn diese im System nicht beachtet werden, es sich nicht vermeiden
läßt, daß die zusammengehörenden Lehren auseinandergerissen, die ein-
fachen Vergehen z. B. und die zum Verbrechen qualificirten Handlungen
derselben Art an verschiedenen Orten abgehandelt werden.

Der einzige allgemein begründete innere Unterschied zwischen den
verschiedenen strafbaren Handlungen ist darin zu suchen, ob die Strafe
eintritt, um den Anforderungen der Gerechtigkeit zu genügen, und die
Schuld des bösen Willens, der sich der staatlichen Rechtsordnung ent-
gegenstellt, zu ahnden, oder ob sie bloß verhängt wird, um die Aufgabe
der Polizei in ihrer Durchführung mit den Mitteln des Staats zu
sichern. Aber für die systematische Anordnung eines Strafgesetzbuchs

a) Ad.Chauvean et Helie Faustin, Theorie du Code penal. I.
chap. I. Il n'est pas besoin d'une etude bien approfondie du Code penal
pour se convaincre que la division dont il s'agit est d'ordre plutot que de
principe. En effet, les definitions qu'il pose, il ne tarde pas a les mettre
lui-meme bientot de cote. C'est ainsi que nous pourrions citer un grand
nombre de faits, tels que les associations non autorisees, les infractions
aux regles sur les inhumations, les maisons de jeu qui n'ont evidemment
que le caractere des contraventions, quoiqu'ils soient classes parmi les de-
lits.Assurement le legislateur n'a point pretendu imprimer a ces infractions
le caractere moral du delit, rien ne peut meme faire supposer qu'il en ait
eu la pensee; ce qu'il a voulu c'est poser, ainsi qu'on l'a deja dit une regle
d'ordre, un principe generateur de la competence.

Einleitende Beſtimmungen.
ſchweren und den minder ſchweren Verbrechen ſicher und genau unter-
ſchieden würde, ſo daß jene vor die Schwurgerichte, dieſe vor die ein-
fachen Kriminalgerichte verwieſen werden könnten. In dieſem Gegenſatze
lag das eigentliche Gewicht der Sache, während die Ausſcheidung der
Polizei-Uebertretungen nach der Kompetenz der zuſtändigen Behörden
von keiner Seite bedenklich gefunden wurde.

In Frankreich ſcheint man die innere, rechtsphiloſophiſche Begrün-
dung der Dreitheilung kaum verſucht zu haben; wenigſtens waren es
äußere Gründe der Zweckmäßigkeit, die zu ihrer Aufſtellung führten.
Schon Treilhard führte die Dreitheilung auf das Bedürfniß der Kom-
petenzbeſtimmung zurück, und ſpätere Juriſten ſprachen es unbefangen
aus, daß es ſich dabei nicht von einem Princip der Strafgeſetzgebung,
ſondern von einer Regel für die Feſtſtellung der Kompetenz handle. a)
Es iſt freilich einmal der Verſucht gemacht worden, die Vergehen von
den Verbrechen auch im Syſtem zu unterſcheiden, und ihnen wie den
Uebertretungen einen beſonderen Abſchnitt anzuweiſen. Aber dieſe im
Code pénal von 1791. durchgeführte Anordnung ließ ſich nicht aufrecht
halten, da es bei der Feſtſtellung des Strafmaaßes nicht allein auf die
Natur der ſtrafbaren Handlungen, ſondern noch auf manche andere,
durch Perſönlichkeit und Gegenſtand beſtimmte Momente ankommt, und
wenn dieſe im Syſtem nicht beachtet werden, es ſich nicht vermeiden
läßt, daß die zuſammengehörenden Lehren auseinandergeriſſen, die ein-
fachen Vergehen z. B. und die zum Verbrechen qualificirten Handlungen
derſelben Art an verſchiedenen Orten abgehandelt werden.

Der einzige allgemein begründete innere Unterſchied zwiſchen den
verſchiedenen ſtrafbaren Handlungen iſt darin zu ſuchen, ob die Strafe
eintritt, um den Anforderungen der Gerechtigkeit zu genügen, und die
Schuld des böſen Willens, der ſich der ſtaatlichen Rechtsordnung ent-
gegenſtellt, zu ahnden, oder ob ſie bloß verhängt wird, um die Aufgabe
der Polizei in ihrer Durchführung mit den Mitteln des Staats zu
ſichern. Aber für die ſyſtematiſche Anordnung eines Strafgeſetzbuchs

a) Ad.Chauvean et Hélie Faustin, Théorie du Code pénal. I.
chap. I. Il n'est pas besoin d'une étude bien approfondie du Code pénal
pour se convaincre que la division dont il s'agit est d'ordre plutôt que de
principe. En effet, les définitions qu'il pose, il ne tarde pas à les mettre
lui-même bientôt de coté. C'est ainsi que nous pourrions citer un grand
nombre de faits, tels que les associations non autorisées, les infractions
aux règles sur les inhumations, les maisons de jeu qui n'ont évidemment
que le caractère des contraventions, quoiqu'ils soient classés parmi les dé-
lits.Assurément le législateur n'a point prétendu imprimer à ces infractions
le caractère moral du délit, rien ne peut même faire supposer qu'il en ait
eu la pensée; ce qu'il a voulu c'est poser, ainsi qu'on l'a déjà dit une règle
d'ordre, un principe générateur de la compétence.
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[60/0070] Einleitende Beſtimmungen. ſchweren und den minder ſchweren Verbrechen ſicher und genau unter- ſchieden würde, ſo daß jene vor die Schwurgerichte, dieſe vor die ein- fachen Kriminalgerichte verwieſen werden könnten. In dieſem Gegenſatze lag das eigentliche Gewicht der Sache, während die Ausſcheidung der Polizei-Uebertretungen nach der Kompetenz der zuſtändigen Behörden von keiner Seite bedenklich gefunden wurde. In Frankreich ſcheint man die innere, rechtsphiloſophiſche Begrün- dung der Dreitheilung kaum verſucht zu haben; wenigſtens waren es äußere Gründe der Zweckmäßigkeit, die zu ihrer Aufſtellung führten. Schon Treilhard führte die Dreitheilung auf das Bedürfniß der Kom- petenzbeſtimmung zurück, und ſpätere Juriſten ſprachen es unbefangen aus, daß es ſich dabei nicht von einem Princip der Strafgeſetzgebung, ſondern von einer Regel für die Feſtſtellung der Kompetenz handle. a) Es iſt freilich einmal der Verſucht gemacht worden, die Vergehen von den Verbrechen auch im Syſtem zu unterſcheiden, und ihnen wie den Uebertretungen einen beſonderen Abſchnitt anzuweiſen. Aber dieſe im Code pénal von 1791. durchgeführte Anordnung ließ ſich nicht aufrecht halten, da es bei der Feſtſtellung des Strafmaaßes nicht allein auf die Natur der ſtrafbaren Handlungen, ſondern noch auf manche andere, durch Perſönlichkeit und Gegenſtand beſtimmte Momente ankommt, und wenn dieſe im Syſtem nicht beachtet werden, es ſich nicht vermeiden läßt, daß die zuſammengehörenden Lehren auseinandergeriſſen, die ein- fachen Vergehen z. B. und die zum Verbrechen qualificirten Handlungen derſelben Art an verſchiedenen Orten abgehandelt werden. Der einzige allgemein begründete innere Unterſchied zwiſchen den verſchiedenen ſtrafbaren Handlungen iſt darin zu ſuchen, ob die Strafe eintritt, um den Anforderungen der Gerechtigkeit zu genügen, und die Schuld des böſen Willens, der ſich der ſtaatlichen Rechtsordnung ent- gegenſtellt, zu ahnden, oder ob ſie bloß verhängt wird, um die Aufgabe der Polizei in ihrer Durchführung mit den Mitteln des Staats zu ſichern. Aber für die ſyſtematiſche Anordnung eines Strafgeſetzbuchs a) Ad.Chauvean et Hélie Faustin, Théorie du Code pénal. I. chap. I. Il n'est pas besoin d'une étude bien approfondie du Code pénal pour se convaincre que la division dont il s'agit est d'ordre plutôt que de principe. En effet, les définitions qu'il pose, il ne tarde pas à les mettre lui-même bientôt de coté. C'est ainsi que nous pourrions citer un grand nombre de faits, tels que les associations non autorisées, les infractions aux règles sur les inhumations, les maisons de jeu qui n'ont évidemment que le caractère des contraventions, quoiqu'ils soient classés parmi les dé- lits.Assurément le législateur n'a point prétendu imprimer à ces infractions le caractère moral du délit, rien ne peut même faire supposer qu'il en ait eu la pensée; ce qu'il a voulu c'est poser, ainsi qu'on l'a déjà dit une règle d'ordre, un principe générateur de la compétence.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/70>, abgerufen am 24.11.2024.