Wenn wegen Ehrverletzung und leichter Mißhandlung in den Fällen der §§. 102., 103., 152. bis 156. und 189. die Staatsanwaltschaft einschreitet, so erfolgt die Entscheidung in Untersuchungsverfahren.
Schreitet die Staatsanwaltschaft nicht ein, so bleibt in den Landestheilen, in welchen die Verordnung über die Einführung des mündlichen und öffent- lichen Verfahrens vom 3. Januar 1849. Gesetzeskraft hat, dem Verletzten die Verfolgung im Wege des Civilprozesses nach den bestehenden Vorschriften un- benommen. Die einfache Beleidigung (§. 343.) kann nur im Wege des Civil- prozesses verfolgt werden.
Im Bezirke des Rheinischen Appellationsgerichtshofes wird an der Befugniß des Verletzten, als Civilpartei aufzutreten, nichts geändert.
Artikel XVII.
Ist auf eine von der Staatsanwaltschaft wegen Ehrverletzung oder leichter Mißhandlung erhobene Anklage eine gerichtliche Untersuchung eröffnet, so wird deren Fortgang, sowie die Erlassung und Vollstreckung des Urtheils weder durch die Zurücknahme der Ermächtigung oder des Antrages, noch durch die Verzichtleistung auf Bestrafung gehemmt.
Artikel XVIII.
In den Landestheilen, in welchen das Institut der Schiedsmänner besteht, soll eine Klage über Ehrverletzungen und leichte Mißhandlungen, sofern sie nur im Wege des Civilprozesses verfolgt werden, von den ordentlichen Ge- richten nicht eher zugelassen werden, als bis durch ein von dem Schiedsmann des Verklagten ausgestelltes Attest nachgewiesen wird, daß der Kläger die Vermittelung des Schiedsmannes ohne Erfolg nachgesucht hat. Diese Be- stimmung findet keine Anwendung, wenn der Kläger in einem anderen Gerichts- bezirke seinen Wohnsitz hat, als der Verklagte.
Die Anbringung des Gesuches bei dem Schiedsmann unterbricht die Ver- jährung.
Diese Artikel enthalten Bestimmungen über das Verfahren wegen Ehrverletzungen und leichter Mißhandlungen.
I. Im Allgemeinen wird auch hier (Art. XVI.) unterschieden zwi- schen dem Gebiete der Verordnung vom 3. Januar 1849. und dem des Rheinischen Rechts, für beide jedoch die Fortdauer des bestehenden Rech- tes ausgesprochen. In den Landestheilen, wo jene Verordnung gilt, ist dasselbe in dem Gesetze vom 11. März 1850. §. 5. (G.-S. 174.) ent- halten; und nur für dieses die Aenderung beliebt worden, daß die Ver- folgung der einfachen Beleidigung (§. 343.) ausschließlich auf den Weg des Civilprozesses verwiesen ist. Daß auch in den Fällen des §§. 152. bis 156. der Staatsanwaltschaft das Recht auf die Verfolgung von Amtswegen eingeräumt ist, läßt sich übrigens mit der Bestimmung des §. 160. des Strafgesetzbuchs schwer vereinigen; s. oben S. 333.
Das Einführungsgeſetz. Abſchnitt II.
Artikel XVI.
Wenn wegen Ehrverletzung und leichter Mißhandlung in den Fällen der §§. 102., 103., 152. bis 156. und 189. die Staatsanwaltſchaft einſchreitet, ſo erfolgt die Entſcheidung in Unterſuchungsverfahren.
Schreitet die Staatsanwaltſchaft nicht ein, ſo bleibt in den Landestheilen, in welchen die Verordnung über die Einführung des mündlichen und öffent- lichen Verfahrens vom 3. Januar 1849. Geſetzeskraft hat, dem Verletzten die Verfolgung im Wege des Civilprozeſſes nach den beſtehenden Vorſchriften un- benommen. Die einfache Beleidigung (§. 343.) kann nur im Wege des Civil- prozeſſes verfolgt werden.
Im Bezirke des Rheiniſchen Appellationsgerichtshofes wird an der Befugniß des Verletzten, als Civilpartei aufzutreten, nichts geändert.
Artikel XVII.
Iſt auf eine von der Staatsanwaltſchaft wegen Ehrverletzung oder leichter Mißhandlung erhobene Anklage eine gerichtliche Unterſuchung eröffnet, ſo wird deren Fortgang, ſowie die Erlaſſung und Vollſtreckung des Urtheils weder durch die Zurücknahme der Ermächtigung oder des Antrages, noch durch die Verzichtleiſtung auf Beſtrafung gehemmt.
Artikel XVIII.
In den Landestheilen, in welchen das Inſtitut der Schiedsmänner beſteht, ſoll eine Klage über Ehrverletzungen und leichte Mißhandlungen, ſofern ſie nur im Wege des Civilprozeſſes verfolgt werden, von den ordentlichen Ge- richten nicht eher zugelaſſen werden, als bis durch ein von dem Schiedsmann des Verklagten ausgeſtelltes Atteſt nachgewieſen wird, daß der Kläger die Vermittelung des Schiedsmannes ohne Erfolg nachgeſucht hat. Dieſe Be- ſtimmung findet keine Anwendung, wenn der Kläger in einem anderen Gerichts- bezirke ſeinen Wohnſitz hat, als der Verklagte.
Die Anbringung des Geſuches bei dem Schiedsmann unterbricht die Ver- jährung.
Dieſe Artikel enthalten Beſtimmungen über das Verfahren wegen Ehrverletzungen und leichter Mißhandlungen.
I. Im Allgemeinen wird auch hier (Art. XVI.) unterſchieden zwi- ſchen dem Gebiete der Verordnung vom 3. Januar 1849. und dem des Rheiniſchen Rechts, für beide jedoch die Fortdauer des beſtehenden Rech- tes ausgeſprochen. In den Landestheilen, wo jene Verordnung gilt, iſt daſſelbe in dem Geſetze vom 11. März 1850. §. 5. (G.-S. 174.) ent- halten; und nur für dieſes die Aenderung beliebt worden, daß die Ver- folgung der einfachen Beleidigung (§. 343.) ausſchließlich auf den Weg des Civilprozeſſes verwieſen iſt. Daß auch in den Fällen des §§. 152. bis 156. der Staatsanwaltſchaft das Recht auf die Verfolgung von Amtswegen eingeräumt iſt, läßt ſich übrigens mit der Beſtimmung des §. 160. des Strafgeſetzbuchs ſchwer vereinigen; ſ. oben S. 333.
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Das Einführungsgeſetz. Abſchnitt II.
Artikel XVI.
Wenn wegen Ehrverletzung und leichter Mißhandlung in den Fällen der
§§. 102., 103., 152. bis 156. und 189. die Staatsanwaltſchaft einſchreitet,
ſo erfolgt die Entſcheidung in Unterſuchungsverfahren.
Schreitet die Staatsanwaltſchaft nicht ein, ſo bleibt in den Landestheilen,
in welchen die Verordnung über die Einführung des mündlichen und öffent-
lichen Verfahrens vom 3. Januar 1849. Geſetzeskraft hat, dem Verletzten die
Verfolgung im Wege des Civilprozeſſes nach den beſtehenden Vorſchriften un-
benommen. Die einfache Beleidigung (§. 343.) kann nur im Wege des Civil-
prozeſſes verfolgt werden.
Im Bezirke des Rheiniſchen Appellationsgerichtshofes wird an der Befugniß
des Verletzten, als Civilpartei aufzutreten, nichts geändert.
Artikel XVII.
Iſt auf eine von der Staatsanwaltſchaft wegen Ehrverletzung oder leichter
Mißhandlung erhobene Anklage eine gerichtliche Unterſuchung eröffnet, ſo wird
deren Fortgang, ſowie die Erlaſſung und Vollſtreckung des Urtheils weder
durch die Zurücknahme der Ermächtigung oder des Antrages, noch durch die
Verzichtleiſtung auf Beſtrafung gehemmt.
Artikel XVIII.
In den Landestheilen, in welchen das Inſtitut der Schiedsmänner beſteht,
ſoll eine Klage über Ehrverletzungen und leichte Mißhandlungen, ſofern ſie
nur im Wege des Civilprozeſſes verfolgt werden, von den ordentlichen Ge-
richten nicht eher zugelaſſen werden, als bis durch ein von dem Schiedsmann
des Verklagten ausgeſtelltes Atteſt nachgewieſen wird, daß der Kläger die
Vermittelung des Schiedsmannes ohne Erfolg nachgeſucht hat. Dieſe Be-
ſtimmung findet keine Anwendung, wenn der Kläger in einem anderen Gerichts-
bezirke ſeinen Wohnſitz hat, als der Verklagte.
Die Anbringung des Geſuches bei dem Schiedsmann unterbricht die Ver-
jährung.
Dieſe Artikel enthalten Beſtimmungen über das Verfahren wegen
Ehrverletzungen und leichter Mißhandlungen.
I. Im Allgemeinen wird auch hier (Art. XVI.) unterſchieden zwi-
ſchen dem Gebiete der Verordnung vom 3. Januar 1849. und dem des
Rheiniſchen Rechts, für beide jedoch die Fortdauer des beſtehenden Rech-
tes ausgeſprochen. In den Landestheilen, wo jene Verordnung gilt, iſt
daſſelbe in dem Geſetze vom 11. März 1850. §. 5. (G.-S. 174.) ent-
halten; und nur für dieſes die Aenderung beliebt worden, daß die Ver-
folgung der einfachen Beleidigung (§. 343.) ausſchließlich auf den Weg
des Civilprozeſſes verwieſen iſt. Daß auch in den Fällen des §§. 152.
bis 156. der Staatsanwaltſchaft das Recht auf die Verfolgung von
Amtswegen eingeräumt iſt, läßt ſich übrigens mit der Beſtimmung des
§. 160. des Strafgeſetzbuchs ſchwer vereinigen; ſ. oben S. 333.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/630>, abgerufen am 28.11.2024.
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