§. 345. Voreilige Beerdigung, Verkauf von Giften u. s. w.
bestimmung ist nach dem Verhältnisse der größeren Gefährlichkeit der verbotenen Handlungen angenommen worden. u)
I. An die Beerdigung, welche ohne Vorwissen der Behörde ge- schieht (§. 186.), ist hier die voreilig unternommene angereiht worden, indem die Uebertretung der darüber erlassenen polizeilichen Anordnungen unter Strafe gestellt ist (Nr. 1.). Die Anwendung der Strafbestim- mung setzt also das Bestehen einer besonderen polizeilichen Anordnung voraus, was in dem Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu diesem Paragraphen übersehen worden ist.
II. Die Bestimmung über die Aufbewahrung oder den Transport von Giftwaaren, Schießpulver u. s. w. (Nr. 4.) hatte in der Regie- rungsvorlage noch den Zusatz "unbeschadet der besonderen Strafbestim- mungen, welche in diesen Verordnungen enthalten sind." Die Kom- mission der zweiten Kammer hielt aber diesen Zusatz nicht für gerecht- fertigt. Handle es sich nämlich um Fälle, welche in dem Strafgesetz- buch nicht vorgesehen sind, z. B. um die Verletzung der Vorschriften der Gewerbeordnung über die Koncession zum Handel mit Gift oder Schießpulver, so erscheine die fortdauernde Geltung der besonderen Strafbestimmungen der einzelnen Verordnungen unzweifelhaft; im Uebri- gen aber lasse es sich nicht billigen, eine zwiefache Strafe auf dieselbe Uebertretung zu setzen. v)
III. Ein Antrag in der Kommission der zweiten Kammer wollte die allgemeine Vorschrift unter Nr. 5. auf das Feilhalten solcher Ge- tränke oder Eßwaaren, welche zum Schaden der Gesundheit ver- fälscht sind, beschränken, damit nicht jede unverfängliche Mischung mit Strafe getroffen werde. Der Antrag wurde aber abgelehnt, weil theils der gewünschte Zusatz zu sehr schwierigen Ermittlungen führen würde, theils überhaupt nicht zu dulden sei, daß solche verfälschte Waaren ohne Angabe der Beimischung verkauft würden. -- Diese Auslegung, daß das Feilhalten ohne Angabe der Beimischung statt gefunden habe, muß bei unschädlichen Mischungen als richtig angenommen werden, und liegt auch in der Bezeichnung "verfälschen," wodurch zugleich die geschehene Werthverminderung der ausgebotenen Waaren angedeutet wird. Der Entwurf von 1847. §. 347., welcher das Feilhalten von Waaren, die mit schädlichen Stoffen gemischt sind, unter einer weit höheren Strafe
u)Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 317. (345.).
v) a. a. O. -- Bericht der Kommission der ersten Kammer ebendas.
Beseler Kommentar. 38
§. 345. Voreilige Beerdigung, Verkauf von Giften u. ſ. w.
beſtimmung iſt nach dem Verhältniſſe der größeren Gefährlichkeit der verbotenen Handlungen angenommen worden. u)
I. An die Beerdigung, welche ohne Vorwiſſen der Behörde ge- ſchieht (§. 186.), iſt hier die voreilig unternommene angereiht worden, indem die Uebertretung der darüber erlaſſenen polizeilichen Anordnungen unter Strafe geſtellt iſt (Nr. 1.). Die Anwendung der Strafbeſtim- mung ſetzt alſo das Beſtehen einer beſonderen polizeilichen Anordnung voraus, was in dem Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu dieſem Paragraphen überſehen worden iſt.
II. Die Beſtimmung über die Aufbewahrung oder den Transport von Giftwaaren, Schießpulver u. ſ. w. (Nr. 4.) hatte in der Regie- rungsvorlage noch den Zuſatz „unbeſchadet der beſonderen Strafbeſtim- mungen, welche in dieſen Verordnungen enthalten ſind.“ Die Kom- miſſion der zweiten Kammer hielt aber dieſen Zuſatz nicht für gerecht- fertigt. Handle es ſich nämlich um Fälle, welche in dem Strafgeſetz- buch nicht vorgeſehen ſind, z. B. um die Verletzung der Vorſchriften der Gewerbeordnung über die Konceſſion zum Handel mit Gift oder Schießpulver, ſo erſcheine die fortdauernde Geltung der beſonderen Strafbeſtimmungen der einzelnen Verordnungen unzweifelhaft; im Uebri- gen aber laſſe es ſich nicht billigen, eine zwiefache Strafe auf dieſelbe Uebertretung zu ſetzen. v)
III. Ein Antrag in der Kommiſſion der zweiten Kammer wollte die allgemeine Vorſchrift unter Nr. 5. auf das Feilhalten ſolcher Ge- tränke oder Eßwaaren, welche zum Schaden der Geſundheit ver- fälſcht ſind, beſchränken, damit nicht jede unverfängliche Miſchung mit Strafe getroffen werde. Der Antrag wurde aber abgelehnt, weil theils der gewünſchte Zuſatz zu ſehr ſchwierigen Ermittlungen führen würde, theils überhaupt nicht zu dulden ſei, daß ſolche verfälſchte Waaren ohne Angabe der Beimiſchung verkauft würden. — Dieſe Auslegung, daß das Feilhalten ohne Angabe der Beimiſchung ſtatt gefunden habe, muß bei unſchädlichen Miſchungen als richtig angenommen werden, und liegt auch in der Bezeichnung „verfälſchen,“ wodurch zugleich die geſchehene Werthverminderung der ausgebotenen Waaren angedeutet wird. Der Entwurf von 1847. §. 347., welcher das Feilhalten von Waaren, die mit ſchädlichen Stoffen gemiſcht ſind, unter einer weit höheren Strafe
u)Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 317. (345.).
v) a. a. O. — Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer ebendaſ.
Beſeler Kommentar. 38
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§. 345. Voreilige Beerdigung, Verkauf von Giften u. ſ. w.
beſtimmung iſt nach dem Verhältniſſe der größeren Gefährlichkeit der
verbotenen Handlungen angenommen worden. u)
I. An die Beerdigung, welche ohne Vorwiſſen der Behörde ge-
ſchieht (§. 186.), iſt hier die voreilig unternommene angereiht worden,
indem die Uebertretung der darüber erlaſſenen polizeilichen Anordnungen
unter Strafe geſtellt iſt (Nr. 1.). Die Anwendung der Strafbeſtim-
mung ſetzt alſo das Beſtehen einer beſonderen polizeilichen Anordnung
voraus, was in dem Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu
dieſem Paragraphen überſehen worden iſt.
II. Die Beſtimmung über die Aufbewahrung oder den Transport
von Giftwaaren, Schießpulver u. ſ. w. (Nr. 4.) hatte in der Regie-
rungsvorlage noch den Zuſatz „unbeſchadet der beſonderen Strafbeſtim-
mungen, welche in dieſen Verordnungen enthalten ſind.“ Die Kom-
miſſion der zweiten Kammer hielt aber dieſen Zuſatz nicht für gerecht-
fertigt. Handle es ſich nämlich um Fälle, welche in dem Strafgeſetz-
buch nicht vorgeſehen ſind, z. B. um die Verletzung der Vorſchriften
der Gewerbeordnung über die Konceſſion zum Handel mit Gift oder
Schießpulver, ſo erſcheine die fortdauernde Geltung der beſonderen
Strafbeſtimmungen der einzelnen Verordnungen unzweifelhaft; im Uebri-
gen aber laſſe es ſich nicht billigen, eine zwiefache Strafe auf dieſelbe
Uebertretung zu ſetzen. v)
III. Ein Antrag in der Kommiſſion der zweiten Kammer wollte
die allgemeine Vorſchrift unter Nr. 5. auf das Feilhalten ſolcher Ge-
tränke oder Eßwaaren, welche zum Schaden der Geſundheit ver-
fälſcht ſind, beſchränken, damit nicht jede unverfängliche Miſchung mit
Strafe getroffen werde. Der Antrag wurde aber abgelehnt, weil theils
der gewünſchte Zuſatz zu ſehr ſchwierigen Ermittlungen führen würde,
theils überhaupt nicht zu dulden ſei, daß ſolche verfälſchte Waaren ohne
Angabe der Beimiſchung verkauft würden. — Dieſe Auslegung, daß
das Feilhalten ohne Angabe der Beimiſchung ſtatt gefunden habe, muß
bei unſchädlichen Miſchungen als richtig angenommen werden, und liegt
auch in der Bezeichnung „verfälſchen,“ wodurch zugleich die geſchehene
Werthverminderung der ausgebotenen Waaren angedeutet wird. Der
Entwurf von 1847. §. 347., welcher das Feilhalten von Waaren, die
mit ſchädlichen Stoffen gemiſcht ſind, unter einer weit höheren Strafe
u) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 317. (345.).
v) a. a. O. — Bericht der Kommiſſion der erſten Kammer
ebendaſ.
Beſeler Kommentar. 38
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/595>, abgerufen am 25.11.2024.
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