Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. III. Uebertr. in Bezieh. a. d. pers. etc.
des bei derselben vorkommenden Dolus, werden aber durch diese, nur
durch das Strafmaaß bedingte Stellung im Systeme nicht berührt; sie
finden hier so gut wie bei der öffentlichen Beleidigung ihre Anwen-
dung, so daß auf die früher hierüber angestellte Erörterung (S. 321-25.)
verwiesen werden kann. Im Einzelnen ist Folgendes zu bemerken. t)

I. Der einfachen Beleidigung steht die Majestätsbeleidigung (§§.
74-77.), so wie die gegen politische Körperschaften, öffentliche Behör-
den u. s. w. (§. 102.) und die öffentlich oder schriftlich begangene Be-
leidigung gegenüber.

II. Die Berücksichtigung mildernder Umstände ist hier nicht beson-
ders erwähnt, da die gesetzliche Strafe in Geldbuße bis zum niedrigsten
Maaße (§. 335.) bestehen kann. Dagegen kommen die Bestimmungen
über die Aufhebung gegenseitiger Beleidigungen (§. 153.) auch hier zur
Anwendung.

III. Die einfache Beleidigung wird nur auf Antrag bestraft. Es
sollen in dieser Beziehung die Vorschriften der §§. 160-162. maaß-
gebend sein; aber auch die allgemeinen Regeln der §§. 50. und 51.,
welche als gesetzliche Folgerungen aus dem für gewisse Fälle angenom-
menen Princip des Strafantrags zu betrachten sind, müssen hier ihre
Anwendung finden. Anders verhält es sich mit der §. 52. vorgeschrie-
benen Untheilbarkeit des Strafantrags gegen mehrere Theilnehmer; dieß
ist eine aus Gründen der Zweckmäßigkeit aufgestellte positive Bestim-
mung, deren analoge Ausdehnung nicht zulässig erscheint, obgleich es
andererseits nicht verkannt werden kann, daß die verschiedene Behand-
lung der qualifizirten und der einfachen Beleidigung in dieser Hinsicht
ihre Bedenken hat.

IV. Daß noch außer der Versäumung des Strafantrags, wodurch
die Beleidigung straflos wird, eine besondere Verjährung der Uebertre-
tung in sechs Monaten vorgeschrieben ist, bezieht sich auf die Fälle,
wo der zum Strafantrag Berechtigte erst nach dem Ablauf dieser Zeit
Kenntniß von der Beleidigung und der Person des Beleidigers erhalten
hat, oder wo trotz des angebrachten Strafantrags eine neue Verjährung
zu laufen beginnt (§. 339.).

V. Ueber das bei Injurienprozessen einzuhaltende Verfahren
verfügt das Einführungsgesetz vom 14. April 1851. Art. XVI.
und XVIII.


t) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 315. (343.)

Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. III. Uebertr. in Bezieh. a. d. perſ. ꝛc.
des bei derſelben vorkommenden Dolus, werden aber durch dieſe, nur
durch das Strafmaaß bedingte Stellung im Syſteme nicht berührt; ſie
finden hier ſo gut wie bei der öffentlichen Beleidigung ihre Anwen-
dung, ſo daß auf die früher hierüber angeſtellte Erörterung (S. 321-25.)
verwieſen werden kann. Im Einzelnen iſt Folgendes zu bemerken. t)

I. Der einfachen Beleidigung ſteht die Majeſtätsbeleidigung (§§.
74-77.), ſo wie die gegen politiſche Körperſchaften, öffentliche Behör-
den u. ſ. w. (§. 102.) und die öffentlich oder ſchriftlich begangene Be-
leidigung gegenüber.

II. Die Berückſichtigung mildernder Umſtände iſt hier nicht beſon-
ders erwähnt, da die geſetzliche Strafe in Geldbuße bis zum niedrigſten
Maaße (§. 335.) beſtehen kann. Dagegen kommen die Beſtimmungen
über die Aufhebung gegenſeitiger Beleidigungen (§. 153.) auch hier zur
Anwendung.

III. Die einfache Beleidigung wird nur auf Antrag beſtraft. Es
ſollen in dieſer Beziehung die Vorſchriften der §§. 160-162. maaß-
gebend ſein; aber auch die allgemeinen Regeln der §§. 50. und 51.,
welche als geſetzliche Folgerungen aus dem für gewiſſe Fälle angenom-
menen Princip des Strafantrags zu betrachten ſind, müſſen hier ihre
Anwendung finden. Anders verhält es ſich mit der §. 52. vorgeſchrie-
benen Untheilbarkeit des Strafantrags gegen mehrere Theilnehmer; dieß
iſt eine aus Gründen der Zweckmäßigkeit aufgeſtellte poſitive Beſtim-
mung, deren analoge Ausdehnung nicht zuläſſig erſcheint, obgleich es
andererſeits nicht verkannt werden kann, daß die verſchiedene Behand-
lung der qualifizirten und der einfachen Beleidigung in dieſer Hinſicht
ihre Bedenken hat.

IV. Daß noch außer der Verſäumung des Strafantrags, wodurch
die Beleidigung ſtraflos wird, eine beſondere Verjährung der Uebertre-
tung in ſechs Monaten vorgeſchrieben iſt, bezieht ſich auf die Fälle,
wo der zum Strafantrag Berechtigte erſt nach dem Ablauf dieſer Zeit
Kenntniß von der Beleidigung und der Perſon des Beleidigers erhalten
hat, oder wo trotz des angebrachten Strafantrags eine neue Verjährung
zu laufen beginnt (§. 339.).

V. Ueber das bei Injurienprozeſſen einzuhaltende Verfahren
verfügt das Einführungsgeſetz vom 14. April 1851. Art. XVI.
und XVIII.


t) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 315. (343.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0592" n="582"/><fw place="top" type="header">Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. III. Uebertr. in Bezieh.           a. d. per&#x017F;. &#xA75B;c.</fw><lb/>
des bei der&#x017F;elben vorkommenden          Dolus, werden aber durch die&#x017F;e, nur<lb/>
durch das Strafmaaß bedingte Stellung im          Sy&#x017F;teme nicht berührt; &#x017F;ie<lb/>
finden hier &#x017F;o gut wie bei          der öffentlichen Beleidigung ihre Anwen-<lb/>
dung, &#x017F;o daß auf die früher          hierüber ange&#x017F;tellte Erörterung (S. 321-25.)<lb/>
verwie&#x017F;en werden          kann. Im Einzelnen i&#x017F;t Folgendes zu bemerken. <note place="foot" n="t)"><hi rendition="#g">Bericht der Kommi&#x017F;&#x017F;ion der zweiten Kammer</hi> zu §.           315. (343.)</note>         </p><lb/>
                <p>I. Der einfachen Beleidigung &#x017F;teht die Maje&#x017F;tätsbeleidigung          (§§.<lb/>
74-77.), &#x017F;o wie die gegen politi&#x017F;che          Körper&#x017F;chaften, öffentliche Behör-<lb/>
den u. &#x017F;. w. (§. 102.) und die          öffentlich oder &#x017F;chriftlich begangene Be-<lb/>
leidigung gegenüber.</p><lb/>
                <p>II. Die Berück&#x017F;ichtigung mildernder Um&#x017F;tände i&#x017F;t hier          nicht be&#x017F;on-<lb/>
ders erwähnt, da die ge&#x017F;etzliche Strafe in Geldbuße          bis zum niedrig&#x017F;ten<lb/>
Maaße (§. 335.) be&#x017F;tehen kann. Dagegen kommen          die Be&#x017F;timmungen<lb/>
über die Aufhebung gegen&#x017F;eitiger Beleidigungen          (§. 153.) auch hier zur<lb/>
Anwendung.</p><lb/>
                <p>III. Die einfache Beleidigung wird nur auf Antrag be&#x017F;traft.          Es<lb/>
&#x017F;ollen in die&#x017F;er Beziehung die Vor&#x017F;chriften der §§.          160-162. maaß-<lb/>
gebend &#x017F;ein; aber auch die allgemeinen Regeln der §§. 50. und          51.,<lb/>
welche als ge&#x017F;etzliche Folgerungen aus dem für          gewi&#x017F;&#x017F;e Fälle angenom-<lb/>
menen Princip des Strafantrags zu          betrachten &#x017F;ind, mü&#x017F;&#x017F;en hier ihre<lb/>
Anwendung finden.          Anders verhält es &#x017F;ich mit der §. 52. vorge&#x017F;chrie-<lb/>
benen          Untheilbarkeit des Strafantrags gegen mehrere Theilnehmer; dieß<lb/>
i&#x017F;t eine aus          Gründen der Zweckmäßigkeit aufge&#x017F;tellte po&#x017F;itive          Be&#x017F;tim-<lb/>
mung, deren analoge Ausdehnung nicht zulä&#x017F;&#x017F;ig          er&#x017F;cheint, obgleich es<lb/>
anderer&#x017F;eits nicht verkannt werden kann,          daß die ver&#x017F;chiedene Behand-<lb/>
lung der qualifizirten und der einfachen          Beleidigung in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht<lb/>
ihre Bedenken hat.</p><lb/>
                <p>IV. Daß noch außer der Ver&#x017F;äumung des Strafantrags, wodurch<lb/>
die          Beleidigung &#x017F;traflos wird, eine be&#x017F;ondere Verjährung der          Uebertre-<lb/>
tung in &#x017F;echs Monaten vorge&#x017F;chrieben i&#x017F;t,          bezieht &#x017F;ich auf die Fälle,<lb/>
wo der zum Strafantrag Berechtigte          er&#x017F;t nach dem Ablauf die&#x017F;er Zeit<lb/>
Kenntniß von der Beleidigung und          der Per&#x017F;on des Beleidigers erhalten<lb/>
hat, oder wo trotz des angebrachten          Strafantrags eine neue Verjährung<lb/>
zu laufen beginnt (§. 339.).</p><lb/>
                <p>V. Ueber das bei Injurienproze&#x017F;&#x017F;en einzuhaltende          Verfahren<lb/>
verfügt das Einführungsge&#x017F;etz vom 14. April 1851. Art.          XVI.<lb/>
und XVIII.</p>
              </div>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[582/0592] Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. III. Uebertr. in Bezieh. a. d. perſ. ꝛc. des bei derſelben vorkommenden Dolus, werden aber durch dieſe, nur durch das Strafmaaß bedingte Stellung im Syſteme nicht berührt; ſie finden hier ſo gut wie bei der öffentlichen Beleidigung ihre Anwen- dung, ſo daß auf die früher hierüber angeſtellte Erörterung (S. 321-25.) verwieſen werden kann. Im Einzelnen iſt Folgendes zu bemerken. t) I. Der einfachen Beleidigung ſteht die Majeſtätsbeleidigung (§§. 74-77.), ſo wie die gegen politiſche Körperſchaften, öffentliche Behör- den u. ſ. w. (§. 102.) und die öffentlich oder ſchriftlich begangene Be- leidigung gegenüber. II. Die Berückſichtigung mildernder Umſtände iſt hier nicht beſon- ders erwähnt, da die geſetzliche Strafe in Geldbuße bis zum niedrigſten Maaße (§. 335.) beſtehen kann. Dagegen kommen die Beſtimmungen über die Aufhebung gegenſeitiger Beleidigungen (§. 153.) auch hier zur Anwendung. III. Die einfache Beleidigung wird nur auf Antrag beſtraft. Es ſollen in dieſer Beziehung die Vorſchriften der §§. 160-162. maaß- gebend ſein; aber auch die allgemeinen Regeln der §§. 50. und 51., welche als geſetzliche Folgerungen aus dem für gewiſſe Fälle angenom- menen Princip des Strafantrags zu betrachten ſind, müſſen hier ihre Anwendung finden. Anders verhält es ſich mit der §. 52. vorgeſchrie- benen Untheilbarkeit des Strafantrags gegen mehrere Theilnehmer; dieß iſt eine aus Gründen der Zweckmäßigkeit aufgeſtellte poſitive Beſtim- mung, deren analoge Ausdehnung nicht zuläſſig erſcheint, obgleich es andererſeits nicht verkannt werden kann, daß die verſchiedene Behand- lung der qualifizirten und der einfachen Beleidigung in dieſer Hinſicht ihre Bedenken hat. IV. Daß noch außer der Verſäumung des Strafantrags, wodurch die Beleidigung ſtraflos wird, eine beſondere Verjährung der Uebertre- tung in ſechs Monaten vorgeſchrieben iſt, bezieht ſich auf die Fälle, wo der zum Strafantrag Berechtigte erſt nach dem Ablauf dieſer Zeit Kenntniß von der Beleidigung und der Perſon des Beleidigers erhalten hat, oder wo trotz des angebrachten Strafantrags eine neue Verjährung zu laufen beginnt (§. 339.). V. Ueber das bei Injurienprozeſſen einzuhaltende Verfahren verfügt das Einführungsgeſetz vom 14. April 1851. Art. XVI. und XVIII. t) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 315. (343.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/592
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/592>, abgerufen am 25.11.2024.