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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXVIII. Verbr. u. Verg. im Amte.
Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer strafbaren Handlung
unterläßt, eine Handlung oder Unterlassung begeht, welche geeignet ist, eine
Freisprechung oder eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung zu bewirken,
oder die Vollstreckung der ausgesprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine ge-
lindere als die erkannte Strafe zur Vollstreckung bringt.

Wird festgestellt, daß mildernde Umstände vorhanden sind, so tritt Gefäng-
niß bis zu zwei Jahren ein; auch kann auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen
Aemtern erkannt werden.

§. 322.

Ein Beamter, welchem die Aufbewahrung, Begleitung oder Bewachung eines
Gefangenen anvertraut ist, wird im Falle der Entweichung oder Befreiung
des Gefangenen mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er dieselbe
vorsätzlich bewirkt oder befördert hat.

Ist die Entweichung nur durch Fahrlässigkeit befördert oder erleichtert wor-
den, so tritt Gefängniß bis zu sechs Monaten ein; auch kann auf zeitige Un-
fähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.



Die allerdings hohen Strafsätze dieser Paragraphen rechtfertigen
sich durch die Wichtigkeit des Gegenstandes; die Integrität der Straf-
rechtspflege steht so hoch, daß, wenn irgendwo, die Gewähr des höch-
sten gesetzlichen Schutzes auf diesem Gebiete gegeben werden muß.

I. Die Fassung des §. 320. Abs. 1. "Ein Beamter, welcher
vorsätzlich zum Nachtheile einer Person, deren Unschuld ihm bekannt
ist," kann mangelhaft erscheinen, indem es namentlich oft schwierig ist,
zu bestimmen, in wie weit die nichtamtliche Kenntniß von Thatsachen
auf die Handlungsweise eines Beamten einwirken soll. Doch ist hier
nur von einer vorsätzlichen Ungerechtigkeit die Rede, und der Zusatz
"zum Nachtheile einer Person" drückt es deutlich aus, daß nur der
dolose Amtsmißbrauch unter Strafe gestellt ist.

II. Im Fall des §. 320. Abs. 3. und §. 322. Abs. 2. wird auch
die Fahrlässigkeit des Beamten kriminell bestraft. Der letztere Para-
graph schließt sich an die Bestimmungen der §§. 94. und 95. an, nur
daß auch hier die persönliche Stellung des Beamten eine Strafschärfung
hervorgerufen hat.

§. 323.

Ein Beamter, welcher, um sich oder Anderen Gewinn zu verschaffen, oder
um Anderen zu schaden, Urkunden, deren Aufnahme oder Ausstellung ihm
vermöge seines Amtes obliegt, unrichtig aufnimmt oder ausstellt, oder ächte
Urkunden, welche ihm vermöge seines Amtes anvertraut worden oder zugänglich
sind, verfälscht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit
Geldbuße von Einhundert bis zu zweitausend Thalern bestraft.


Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVIII. Verbr. u. Verg. im Amte.
Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer ſtrafbaren Handlung
unterläßt, eine Handlung oder Unterlaſſung begeht, welche geeignet iſt, eine
Freiſprechung oder eine dem Geſetze nicht entſprechende Beſtrafung zu bewirken,
oder die Vollſtreckung der ausgeſprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine ge-
lindere als die erkannte Strafe zur Vollſtreckung bringt.

Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo tritt Gefäng-
niß bis zu zwei Jahren ein; auch kann auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen
Aemtern erkannt werden.

§. 322.

Ein Beamter, welchem die Aufbewahrung, Begleitung oder Bewachung eines
Gefangenen anvertraut iſt, wird im Falle der Entweichung oder Befreiung
des Gefangenen mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft, wenn er dieſelbe
vorſätzlich bewirkt oder befördert hat.

Iſt die Entweichung nur durch Fahrläſſigkeit befördert oder erleichtert wor-
den, ſo tritt Gefängniß bis zu ſechs Monaten ein; auch kann auf zeitige Un-
fähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.



Die allerdings hohen Strafſätze dieſer Paragraphen rechtfertigen
ſich durch die Wichtigkeit des Gegenſtandes; die Integrität der Straf-
rechtspflege ſteht ſo hoch, daß, wenn irgendwo, die Gewähr des höch-
ſten geſetzlichen Schutzes auf dieſem Gebiete gegeben werden muß.

I. Die Faſſung des §. 320. Abſ. 1. „Ein Beamter, welcher
vorſätzlich zum Nachtheile einer Perſon, deren Unſchuld ihm bekannt
iſt,“ kann mangelhaft erſcheinen, indem es namentlich oft ſchwierig iſt,
zu beſtimmen, in wie weit die nichtamtliche Kenntniß von Thatſachen
auf die Handlungsweiſe eines Beamten einwirken ſoll. Doch iſt hier
nur von einer vorſätzlichen Ungerechtigkeit die Rede, und der Zuſatz
„zum Nachtheile einer Perſon“ drückt es deutlich aus, daß nur der
doloſe Amtsmißbrauch unter Strafe geſtellt iſt.

II. Im Fall des §. 320. Abſ. 3. und §. 322. Abſ. 2. wird auch
die Fahrläſſigkeit des Beamten kriminell beſtraft. Der letztere Para-
graph ſchließt ſich an die Beſtimmungen der §§. 94. und 95. an, nur
daß auch hier die perſönliche Stellung des Beamten eine Strafſchärfung
hervorgerufen hat.

§. 323.

Ein Beamter, welcher, um ſich oder Anderen Gewinn zu verſchaffen, oder
um Anderen zu ſchaden, Urkunden, deren Aufnahme oder Ausſtellung ihm
vermöge ſeines Amtes obliegt, unrichtig aufnimmt oder ausſtellt, oder ächte
Urkunden, welche ihm vermöge ſeines Amtes anvertraut worden oder zugänglich
ſind, verfälſcht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit
Geldbuße von Einhundert bis zu zweitauſend Thalern beſtraft.


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[558/0568] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVIII. Verbr. u. Verg. im Amte. Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer ſtrafbaren Handlung unterläßt, eine Handlung oder Unterlaſſung begeht, welche geeignet iſt, eine Freiſprechung oder eine dem Geſetze nicht entſprechende Beſtrafung zu bewirken, oder die Vollſtreckung der ausgeſprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine ge- lindere als die erkannte Strafe zur Vollſtreckung bringt. Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo tritt Gefäng- niß bis zu zwei Jahren ein; auch kann auf zeitige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden. §. 322. Ein Beamter, welchem die Aufbewahrung, Begleitung oder Bewachung eines Gefangenen anvertraut iſt, wird im Falle der Entweichung oder Befreiung des Gefangenen mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft, wenn er dieſelbe vorſätzlich bewirkt oder befördert hat. Iſt die Entweichung nur durch Fahrläſſigkeit befördert oder erleichtert wor- den, ſo tritt Gefängniß bis zu ſechs Monaten ein; auch kann auf zeitige Un- fähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden. Die allerdings hohen Strafſätze dieſer Paragraphen rechtfertigen ſich durch die Wichtigkeit des Gegenſtandes; die Integrität der Straf- rechtspflege ſteht ſo hoch, daß, wenn irgendwo, die Gewähr des höch- ſten geſetzlichen Schutzes auf dieſem Gebiete gegeben werden muß. I. Die Faſſung des §. 320. Abſ. 1. „Ein Beamter, welcher vorſätzlich zum Nachtheile einer Perſon, deren Unſchuld ihm bekannt iſt,“ kann mangelhaft erſcheinen, indem es namentlich oft ſchwierig iſt, zu beſtimmen, in wie weit die nichtamtliche Kenntniß von Thatſachen auf die Handlungsweiſe eines Beamten einwirken ſoll. Doch iſt hier nur von einer vorſätzlichen Ungerechtigkeit die Rede, und der Zuſatz „zum Nachtheile einer Perſon“ drückt es deutlich aus, daß nur der doloſe Amtsmißbrauch unter Strafe geſtellt iſt. II. Im Fall des §. 320. Abſ. 3. und §. 322. Abſ. 2. wird auch die Fahrläſſigkeit des Beamten kriminell beſtraft. Der letztere Para- graph ſchließt ſich an die Beſtimmungen der §§. 94. und 95. an, nur daß auch hier die perſönliche Stellung des Beamten eine Strafſchärfung hervorgerufen hat. §. 323. Ein Beamter, welcher, um ſich oder Anderen Gewinn zu verſchaffen, oder um Anderen zu ſchaden, Urkunden, deren Aufnahme oder Ausſtellung ihm vermöge ſeines Amtes obliegt, unrichtig aufnimmt oder ausſtellt, oder ächte Urkunden, welche ihm vermöge ſeines Amtes anvertraut worden oder zugänglich ſind, verfälſcht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldbuße von Einhundert bis zu zweitauſend Thalern beſtraft.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/568>, abgerufen am 27.11.2024.