der Bestimmungen dieses Titels gemacht worden, und bilden das Ver- brechen der Brandstiftung im eigentlichen Sinne. Der Fall unter c. ist im §. 244. vorgesehen, insofern die Handlung in betrügerischer Ab- sicht vorgenommen worden ist, während andere Verbrechen, für welche das Brennen als Mittel dienen soll, z. B. der Mord, nach den allge- meinen für dieselben geltenden Regeln zu beurtheilen sind. Auf die un- ter d. genannten Fälle endlich, welche unter keine der drei ersten Kate- gorien fallen, kommen die im Titel XXVI. enthaltenen Vorschriften über die Vermögensbeschädigung zur Anwendung.
Der Charakter des Gemeingefährlichen, welcher die Brandstiftung und die übrigen ihr angereihten Verbrechen auszeichnet, erweist sich also nach zwei Seiten hin wirksam: es ist die Gefahr für Menschen- leben oder für fremde Sachen, welche die Strafbarkeit der Handlungen bestimmt, und zwar die gemeine Gefahr, d. h. eine solche, welche sich nicht, wie Tödtung und Diebstahl, gegen einen bestimmten Menschen, eine einzelne Sache richtet, sondern in einem größeren Umfange das Gemeinwesen bedroht. Dieser Begriff des Gemeingefährlichen ist aber nicht bestimmt genug, um den gesetzlichen Thatbestand einzelner Verbre- chen darnach abzumessen, indem z. B. bei dem Anzünden eines Hauses unterschieden würde, ob eine gemeine Gefahr damit verbunden gewesen sei oder nicht. Das Gesetzbuch muß seine Strafvorschriften nach be- stimmten, sicher erkennbaren Merkmalen der strafbaren Handlungen er- lassen, und in diesem Sinne ist der Thatbestand der Brandstiftung und der ihr verwandten Verbrechen festgestellt worden. r Nur dann, wenn es ausdrücklich zum Thatbestande eines Verbrechens erfordert wird, daß dasselbe mit Gefahr für das Leben oder das Eigenthum Anderer verübt worden, ist in jedem einzelnen Fall zur Begründung der gesetzlichen Strafe festzustellen, ob eine solche Gefahr vorgelegen habe oder nicht. Es hängt also z. B. von diesem Umstande ab, ob wegen vorsätzlicher Veranlassung einer Strandung die Strafe des §. 303. oder eine andere Strafe, namentlich im Fall des Betrugs die des §. 244. zur Anwen- dung kommt; ob die vorsätzliche Beschädigung einer Brücke nach den Bestimmungen des §. 283. oder 301. zu beurtheilen ist.
Anders verhält es sich bei der Brandstiftung; hier besteht das ge- setzliche Merkmal der Gemeingefährlichkeit der Handlung in der Anwen- dung des Feuers, ohne daß die gemeine Gefahr im einzelnen Falle zur Herstellung des Thatbestandes besonders nachgewiesen zu werden braucht,
rRevision von 1845. III. S. 80. -- Verhandlungen der Staats- raths-Kommission von 1846. S. 178. -- Motive zum Entwurf von 1850 §§. 259-63.
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§§. 285-289. Brandſtiftung.
der Beſtimmungen dieſes Titels gemacht worden, und bilden das Ver- brechen der Brandſtiftung im eigentlichen Sinne. Der Fall unter c. iſt im §. 244. vorgeſehen, inſofern die Handlung in betrügeriſcher Ab- ſicht vorgenommen worden iſt, während andere Verbrechen, für welche das Brennen als Mittel dienen ſoll, z. B. der Mord, nach den allge- meinen für dieſelben geltenden Regeln zu beurtheilen ſind. Auf die un- ter d. genannten Fälle endlich, welche unter keine der drei erſten Kate- gorien fallen, kommen die im Titel XXVI. enthaltenen Vorſchriften über die Vermögensbeſchädigung zur Anwendung.
Der Charakter des Gemeingefährlichen, welcher die Brandſtiftung und die übrigen ihr angereihten Verbrechen auszeichnet, erweiſt ſich alſo nach zwei Seiten hin wirkſam: es iſt die Gefahr für Menſchen- leben oder für fremde Sachen, welche die Strafbarkeit der Handlungen beſtimmt, und zwar die gemeine Gefahr, d. h. eine ſolche, welche ſich nicht, wie Tödtung und Diebſtahl, gegen einen beſtimmten Menſchen, eine einzelne Sache richtet, ſondern in einem größeren Umfange das Gemeinweſen bedroht. Dieſer Begriff des Gemeingefährlichen iſt aber nicht beſtimmt genug, um den geſetzlichen Thatbeſtand einzelner Verbre- chen darnach abzumeſſen, indem z. B. bei dem Anzünden eines Hauſes unterſchieden würde, ob eine gemeine Gefahr damit verbunden geweſen ſei oder nicht. Das Geſetzbuch muß ſeine Strafvorſchriften nach be- ſtimmten, ſicher erkennbaren Merkmalen der ſtrafbaren Handlungen er- laſſen, und in dieſem Sinne iſt der Thatbeſtand der Brandſtiftung und der ihr verwandten Verbrechen feſtgeſtellt worden. r Nur dann, wenn es ausdrücklich zum Thatbeſtande eines Verbrechens erfordert wird, daß daſſelbe mit Gefahr für das Leben oder das Eigenthum Anderer verübt worden, iſt in jedem einzelnen Fall zur Begründung der geſetzlichen Strafe feſtzuſtellen, ob eine ſolche Gefahr vorgelegen habe oder nicht. Es hängt alſo z. B. von dieſem Umſtande ab, ob wegen vorſätzlicher Veranlaſſung einer Strandung die Strafe des §. 303. oder eine andere Strafe, namentlich im Fall des Betrugs die des §. 244. zur Anwen- dung kommt; ob die vorſätzliche Beſchädigung einer Brücke nach den Beſtimmungen des §. 283. oder 301. zu beurtheilen iſt.
Anders verhält es ſich bei der Brandſtiftung; hier beſteht das ge- ſetzliche Merkmal der Gemeingefährlichkeit der Handlung in der Anwen- dung des Feuers, ohne daß die gemeine Gefahr im einzelnen Falle zur Herſtellung des Thatbeſtandes beſonders nachgewieſen zu werden braucht,
rReviſion von 1845. III. S. 80. — Verhandlungen der Staats- raths-Kommiſſion von 1846. S. 178. — Motive zum Entwurf von 1850 §§. 259-63.
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§§. 285-289. Brandſtiftung.
der Beſtimmungen dieſes Titels gemacht worden, und bilden das Ver-
brechen der Brandſtiftung im eigentlichen Sinne. Der Fall unter c.
iſt im §. 244. vorgeſehen, inſofern die Handlung in betrügeriſcher Ab-
ſicht vorgenommen worden iſt, während andere Verbrechen, für welche
das Brennen als Mittel dienen ſoll, z. B. der Mord, nach den allge-
meinen für dieſelben geltenden Regeln zu beurtheilen ſind. Auf die un-
ter d. genannten Fälle endlich, welche unter keine der drei erſten Kate-
gorien fallen, kommen die im Titel XXVI. enthaltenen Vorſchriften über
die Vermögensbeſchädigung zur Anwendung.
Der Charakter des Gemeingefährlichen, welcher die Brandſtiftung
und die übrigen ihr angereihten Verbrechen auszeichnet, erweiſt ſich
alſo nach zwei Seiten hin wirkſam: es iſt die Gefahr für Menſchen-
leben oder für fremde Sachen, welche die Strafbarkeit der Handlungen
beſtimmt, und zwar die gemeine Gefahr, d. h. eine ſolche, welche ſich
nicht, wie Tödtung und Diebſtahl, gegen einen beſtimmten Menſchen,
eine einzelne Sache richtet, ſondern in einem größeren Umfange das
Gemeinweſen bedroht. Dieſer Begriff des Gemeingefährlichen iſt aber
nicht beſtimmt genug, um den geſetzlichen Thatbeſtand einzelner Verbre-
chen darnach abzumeſſen, indem z. B. bei dem Anzünden eines Hauſes
unterſchieden würde, ob eine gemeine Gefahr damit verbunden geweſen
ſei oder nicht. Das Geſetzbuch muß ſeine Strafvorſchriften nach be-
ſtimmten, ſicher erkennbaren Merkmalen der ſtrafbaren Handlungen er-
laſſen, und in dieſem Sinne iſt der Thatbeſtand der Brandſtiftung und
der ihr verwandten Verbrechen feſtgeſtellt worden. r Nur dann, wenn
es ausdrücklich zum Thatbeſtande eines Verbrechens erfordert wird, daß
daſſelbe mit Gefahr für das Leben oder das Eigenthum Anderer verübt
worden, iſt in jedem einzelnen Fall zur Begründung der geſetzlichen
Strafe feſtzuſtellen, ob eine ſolche Gefahr vorgelegen habe oder nicht.
Es hängt alſo z. B. von dieſem Umſtande ab, ob wegen vorſätzlicher
Veranlaſſung einer Strandung die Strafe des §. 303. oder eine andere
Strafe, namentlich im Fall des Betrugs die des §. 244. zur Anwen-
dung kommt; ob die vorſätzliche Beſchädigung einer Brücke nach den
Beſtimmungen des §. 283. oder 301. zu beurtheilen iſt.
Anders verhält es ſich bei der Brandſtiftung; hier beſteht das ge-
ſetzliche Merkmal der Gemeingefährlichkeit der Handlung in der Anwen-
dung des Feuers, ohne daß die gemeine Gefahr im einzelnen Falle zur
Herſtellung des Thatbeſtandes beſonders nachgewieſen zu werden braucht,
r Reviſion von 1845. III. S. 80. — Verhandlungen der Staats-
raths-Kommiſſion von 1846. S. 178. — Motive zum Entwurf von 1850
§§. 259-63.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/533>, abgerufen am 23.07.2024.
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