den §. 41. fortfallen zu lassen, m) und so bestand in dem Entwurf von 1847. der Tit. III. Th. I. von dem Vorsatze und der Fahrlässigkeit, nur aus folgender Bestimmung.
§. 39. "Ob eine Handlung vorsätzlich verübt worden, imgleichen ob eine nicht vorsätzlich verübte Handlung als eine fahrlässige dem Handelnden zugerechnet werden könne, ist nach freiem Ermessen aus den Umständen zu beurtheilen."
Diese Vorschrift war zunächst gegen die Präsumtion der Kriminal- Ordnung gerichtet worden, und ward in dem vereinigten ständischen Ausschuß auch nur von diesem Standpunkte aus vertheidigt; n) mit dem veränderten Strafrechtsverfahren und dem Aufgeben der früheren Be- weistheorie verlor sie daher auch ihre Bedeutung, und der ganze Titel war mit dem §. 39. aus dem Entwurf von 1850. verschwunden. Auch die Kommission der zweiten sowohl wie der ersten Kammer erklärten sich damit einverstanden, daß über den Vorsatz und die Fahrlässigkeit keine allgemeinen Bestimmungen in das Strafgesetzbuch aufgenommen würden, o) was demnach auch nicht geschehen ist.
In der Kommission der zweiten Kammer kam es über die Grund- sätze, welche nach dem Strafgesetzbuch über die Zurechnung der rechts- widrigen Willensbestimmung gelten sollen, zu wiederholten Erörterungen. In den Fällen z. B., wo die Verbreitung unzüchtiger und beleidigender Schriften unter Strafe gestellt ist (§. 151 und 152), war man darüber einverstanden, daß abgesehen von besonderen, die bloß formale Verant- wortlichkeit betreffenden Bestimmungen der Preßgesetzgebung -- nach den allgemeinen Grundsätzen des Strafrechts, die auch hier ihre An- wendung fänden, die Strafbarkeit von der Kenntniß des Inhalts der Schrift abhängig sei und daß diese aus den Umständen entnommen werden müsse. Es wurde daher nicht für nöthig gehalten, deshalb eine besondere Vorschrift hinzuzufügen. p Ebenso war man der Ansicht, daß die härtere Strafe, welche auf die Hehlerei gesetzt ist, wenn die Sachen
m)Verhandlungen der Kommission des Staatsraths über den rev. Entwurf des Strafgesetzbuchs (Berlin 1846). S. 31, 32.
n)Verhandlungen des vereinigten ständischen Ausschusses. II. S. 346, 347.
o)Bericht der Kommission der II. Kammer am Schluß des ersten Ti- tels. -- Bericht der Kommission der I. Kammer an demselben Orte; s. Ver- handlungen der I. und II. Kammer über die Entwürfe des Strafgesetzbuchs u. s. w. (Berlin 1851). S. 74, 75, 450.
pKommissionsbericht der II. Kammer a. a. O. S. 129. 130.
Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
den §. 41. fortfallen zu laſſen, m) und ſo beſtand in dem Entwurf von 1847. der Tit. III. Th. I. von dem Vorſatze und der Fahrläſſigkeit, nur aus folgender Beſtimmung.
§. 39. „Ob eine Handlung vorſätzlich verübt worden, imgleichen ob eine nicht vorſätzlich verübte Handlung als eine fahrläſſige dem Handelnden zugerechnet werden könne, iſt nach freiem Ermeſſen aus den Umſtänden zu beurtheilen.“
Dieſe Vorſchrift war zunächſt gegen die Präſumtion der Kriminal- Ordnung gerichtet worden, und ward in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß auch nur von dieſem Standpunkte aus vertheidigt; n) mit dem veränderten Strafrechtsverfahren und dem Aufgeben der früheren Be- weistheorie verlor ſie daher auch ihre Bedeutung, und der ganze Titel war mit dem §. 39. aus dem Entwurf von 1850. verſchwunden. Auch die Kommiſſion der zweiten ſowohl wie der erſten Kammer erklärten ſich damit einverſtanden, daß über den Vorſatz und die Fahrläſſigkeit keine allgemeinen Beſtimmungen in das Strafgeſetzbuch aufgenommen würden, o) was demnach auch nicht geſchehen iſt.
In der Kommiſſion der zweiten Kammer kam es über die Grund- ſätze, welche nach dem Strafgeſetzbuch über die Zurechnung der rechts- widrigen Willensbeſtimmung gelten ſollen, zu wiederholten Erörterungen. In den Fällen z. B., wo die Verbreitung unzüchtiger und beleidigender Schriften unter Strafe geſtellt iſt (§. 151 und 152), war man darüber einverſtanden, daß abgeſehen von beſonderen, die bloß formale Verant- wortlichkeit betreffenden Beſtimmungen der Preßgeſetzgebung — nach den allgemeinen Grundſätzen des Strafrechts, die auch hier ihre An- wendung fänden, die Strafbarkeit von der Kenntniß des Inhalts der Schrift abhängig ſei und daß dieſe aus den Umſtänden entnommen werden müſſe. Es wurde daher nicht für nöthig gehalten, deshalb eine beſondere Vorſchrift hinzuzufügen. p Ebenſo war man der Anſicht, daß die härtere Strafe, welche auf die Hehlerei geſetzt iſt, wenn die Sachen
m)Verhandlungen der Kommiſſion des Staatsraths über den rev. Entwurf des Strafgeſetzbuchs (Berlin 1846). S. 31, 32.
n)Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes. II. S. 346, 347.
o)Bericht der Kommiſſion der II. Kammer am Schluß des erſten Ti- tels. — Bericht der Kommiſſion der I. Kammer an demſelben Orte; ſ. Ver- handlungen der I. und II. Kammer über die Entwürfe des Strafgeſetzbuchs u. ſ. w. (Berlin 1851). S. 74, 75, 450.
pKommiſſionsbericht der II. Kammer a. a. O. S. 129. 130.
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[42/0052]
Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
den §. 41. fortfallen zu laſſen, m) und ſo beſtand in dem Entwurf von
1847. der Tit. III. Th. I. von dem Vorſatze und der Fahrläſſigkeit, nur
aus folgender Beſtimmung.
§. 39. „Ob eine Handlung vorſätzlich verübt worden, imgleichen
ob eine nicht vorſätzlich verübte Handlung als eine fahrläſſige dem
Handelnden zugerechnet werden könne, iſt nach freiem Ermeſſen aus den
Umſtänden zu beurtheilen.“
Dieſe Vorſchrift war zunächſt gegen die Präſumtion der Kriminal-
Ordnung gerichtet worden, und ward in dem vereinigten ſtändiſchen
Ausſchuß auch nur von dieſem Standpunkte aus vertheidigt; n) mit dem
veränderten Strafrechtsverfahren und dem Aufgeben der früheren Be-
weistheorie verlor ſie daher auch ihre Bedeutung, und der ganze Titel
war mit dem §. 39. aus dem Entwurf von 1850. verſchwunden. Auch
die Kommiſſion der zweiten ſowohl wie der erſten Kammer erklärten
ſich damit einverſtanden, daß über den Vorſatz und die Fahrläſſigkeit
keine allgemeinen Beſtimmungen in das Strafgeſetzbuch aufgenommen
würden, o) was demnach auch nicht geſchehen iſt.
In der Kommiſſion der zweiten Kammer kam es über die Grund-
ſätze, welche nach dem Strafgeſetzbuch über die Zurechnung der rechts-
widrigen Willensbeſtimmung gelten ſollen, zu wiederholten Erörterungen.
In den Fällen z. B., wo die Verbreitung unzüchtiger und beleidigender
Schriften unter Strafe geſtellt iſt (§. 151 und 152), war man darüber
einverſtanden, daß abgeſehen von beſonderen, die bloß formale Verant-
wortlichkeit betreffenden Beſtimmungen der Preßgeſetzgebung — nach
den allgemeinen Grundſätzen des Strafrechts, die auch hier ihre An-
wendung fänden, die Strafbarkeit von der Kenntniß des Inhalts der
Schrift abhängig ſei und daß dieſe aus den Umſtänden entnommen
werden müſſe. Es wurde daher nicht für nöthig gehalten, deshalb eine
beſondere Vorſchrift hinzuzufügen. p Ebenſo war man der Anſicht, daß
die härtere Strafe, welche auf die Hehlerei geſetzt iſt, wenn die Sachen
m) Verhandlungen der Kommiſſion des Staatsraths über den rev.
Entwurf des Strafgeſetzbuchs (Berlin 1846). S. 31, 32.
n) Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes. II.
S. 346, 347.
o) Bericht der Kommiſſion der II. Kammer am Schluß des erſten Ti-
tels. — Bericht der Kommiſſion der I. Kammer an demſelben Orte; ſ. Ver-
handlungen der I. und II. Kammer über die Entwürfe des Strafgeſetzbuchs u. ſ. w.
(Berlin 1851). S. 74, 75, 450.
p Kommiſſionsbericht der II. Kammer a. a. O. S. 129. 130.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/52>, abgerufen am 16.02.2025.
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