1) wer im Interesse eines Handelsmannes, Schiffsrheders oder Fabrikbesitzers, welcher seine Zahlungen eingestellt hat, dessen Vermögen ganz oder theil- weise verheimlicht oder bei Seite geschafft hat;
2) wer im Interesse eines solchen Gemeinschuldners, oder um sich oder Ande- ren Vortheil zu verschaffen, erdichtete Forderungen im eigenen Namen oder durch zwischengeschobene Personen geltend gemacht hat.
Wird festgestellt, daß mildernde Umstände vorhanden sind, so ist die Strafe Gefängniß nicht unter drei Monaten; zugleich kann auf zeitige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Hat der Thäter im Einverständnisse mit dem Gemeinschuldner gehandelt, so kommen die allgemeinen Vorschriften über die Theilnahme an Verbrechen zur Anwendung.
Der Entwurf von 1836. enthielt folgende Bestimmung:
§. 651. "Wer im Einverständnisse mit dem betrüglichen Bankeru- tirer demselben behülflich ist, sein Vermögen zu verheimlichen oder ganz oder theilweise den Gläubigern zu entziehen, wird mit Arbeitshaus von ein bis vier Jahren oder Zuchthaus von zwei bis acht Jahren bestraft."
In der Staatsraths-Kommission wurde diese Vorschrift aus dem Grunde angenommen, weil von mehreren Gerichtshöfen die Anwendbar- keit der allgemeinen Bestimmungen über die Bestrafung der Gehülfen auf das Verbrechen des Bankerutts nicht für unzweifelhaft gehalten war, indem sie der Meinung gewesen, daß nur der Bankeruttirer allein we- gen seines persönlichen Verhältnisses zu den Gläubigern sich des Ver- brechens schuldig mache. z) Der Staatsrath war jedoch der Ansicht, daß die Anwendung der allgemeinen Grundsätze über die Theilnahme bei dem Bankerutt keinem gegründeten Bedenken unterliegen könne, und be- schloß daher den Wegfall jener Bestimmung. a) Später wurde jedoch in der Staatsraths-Kommission auf den Vorschlag der zugezogenen Rheinischen Juristen ein ähnlicher Zusatz beliebt, b) welcher in den Ent- wurf von 1847. überging und also lautete:
§. 325. "Mit der Strafe des betrüglichen Bankeruts wird belegt, wer im Interesse eines Fabrikbesitzers oder sonstigen Handeltreibenden, welcher seine Zahlung einstellt, dessen Vermögen ganz oder theilweise verheimlicht, oder den Gläubigern entzieht."
"Diese Bestimmung schließt die Anwendung der allgemeinen Vor-
z)Berathungs-Protokolle. III. S. 425.
a)Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 11. Mai 1842.
b)Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1847. S. 62.
32*
§. 260. Theilnahme am betrüglichen Bankerutt.
§. 260.
Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird beſtraft:
1) wer im Intereſſe eines Handelsmannes, Schiffsrheders oder Fabrikbeſitzers, welcher ſeine Zahlungen eingeſtellt hat, deſſen Vermögen ganz oder theil- weiſe verheimlicht oder bei Seite geſchafft hat;
2) wer im Intereſſe eines ſolchen Gemeinſchuldners, oder um ſich oder Ande- ren Vortheil zu verſchaffen, erdichtete Forderungen im eigenen Namen oder durch zwiſchengeſchobene Perſonen geltend gemacht hat.
Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo iſt die Strafe Gefängniß nicht unter drei Monaten; zugleich kann auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Hat der Thäter im Einverſtändniſſe mit dem Gemeinſchuldner gehandelt, ſo kommen die allgemeinen Vorſchriften über die Theilnahme an Verbrechen zur Anwendung.
Der Entwurf von 1836. enthielt folgende Beſtimmung:
§. 651. „Wer im Einverſtändniſſe mit dem betrüglichen Bankeru- tirer demſelben behülflich iſt, ſein Vermögen zu verheimlichen oder ganz oder theilweiſe den Gläubigern zu entziehen, wird mit Arbeitshaus von ein bis vier Jahren oder Zuchthaus von zwei bis acht Jahren beſtraft.“
In der Staatsraths-Kommiſſion wurde dieſe Vorſchrift aus dem Grunde angenommen, weil von mehreren Gerichtshöfen die Anwendbar- keit der allgemeinen Beſtimmungen über die Beſtrafung der Gehülfen auf das Verbrechen des Bankerutts nicht für unzweifelhaft gehalten war, indem ſie der Meinung geweſen, daß nur der Bankeruttirer allein we- gen ſeines perſönlichen Verhältniſſes zu den Gläubigern ſich des Ver- brechens ſchuldig mache. z) Der Staatsrath war jedoch der Anſicht, daß die Anwendung der allgemeinen Grundſätze über die Theilnahme bei dem Bankerutt keinem gegründeten Bedenken unterliegen könne, und be- ſchloß daher den Wegfall jener Beſtimmung. a) Später wurde jedoch in der Staatsraths-Kommiſſion auf den Vorſchlag der zugezogenen Rheiniſchen Juriſten ein ähnlicher Zuſatz beliebt, b) welcher in den Ent- wurf von 1847. überging und alſo lautete:
§. 325. „Mit der Strafe des betrüglichen Bankeruts wird belegt, wer im Intereſſe eines Fabrikbeſitzers oder ſonſtigen Handeltreibenden, welcher ſeine Zahlung einſtellt, deſſen Vermögen ganz oder theilweiſe verheimlicht, oder den Gläubigern entzieht.“
„Dieſe Beſtimmung ſchließt die Anwendung der allgemeinen Vor-
z)Berathungs-Protokolle. III. S. 425.
a)Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 11. Mai 1842.
b)Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1847. S. 62.
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§. 260. Theilnahme am betrüglichen Bankerutt.
§. 260.
Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird beſtraft:
1) wer im Intereſſe eines Handelsmannes, Schiffsrheders oder
Fabrikbeſitzers,
welcher ſeine Zahlungen eingeſtellt hat, deſſen Vermögen ganz oder theil-
weiſe verheimlicht oder bei Seite geſchafft hat;
2) wer im Intereſſe eines ſolchen Gemeinſchuldners, oder um ſich oder Ande-
ren Vortheil zu verſchaffen, erdichtete Forderungen im eigenen Namen oder
durch zwiſchengeſchobene Perſonen geltend gemacht hat.
Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo iſt die Strafe
Gefängniß nicht unter drei Monaten; zugleich kann auf zeitige Unterſagung
der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Hat der Thäter im Einverſtändniſſe mit dem Gemeinſchuldner gehandelt, ſo
kommen die allgemeinen Vorſchriften über die Theilnahme an Verbrechen zur
Anwendung.
Der Entwurf von 1836. enthielt folgende Beſtimmung:
§. 651. „Wer im Einverſtändniſſe mit dem betrüglichen Bankeru-
tirer demſelben behülflich iſt, ſein Vermögen zu verheimlichen oder ganz
oder theilweiſe den Gläubigern zu entziehen, wird mit Arbeitshaus von
ein bis vier Jahren oder Zuchthaus von zwei bis acht Jahren
beſtraft.“
In der Staatsraths-Kommiſſion wurde dieſe Vorſchrift aus dem
Grunde angenommen, weil von mehreren Gerichtshöfen die Anwendbar-
keit der allgemeinen Beſtimmungen über die Beſtrafung der Gehülfen
auf das Verbrechen des Bankerutts nicht für unzweifelhaft gehalten war,
indem ſie der Meinung geweſen, daß nur der Bankeruttirer allein we-
gen ſeines perſönlichen Verhältniſſes zu den Gläubigern ſich des Ver-
brechens ſchuldig mache. z) Der Staatsrath war jedoch der Anſicht, daß
die Anwendung der allgemeinen Grundſätze über die Theilnahme bei
dem Bankerutt keinem gegründeten Bedenken unterliegen könne, und be-
ſchloß daher den Wegfall jener Beſtimmung. a) Später wurde jedoch
in der Staatsraths-Kommiſſion auf den Vorſchlag der zugezogenen
Rheiniſchen Juriſten ein ähnlicher Zuſatz beliebt, b) welcher in den Ent-
wurf von 1847. überging und alſo lautete:
§. 325. „Mit der Strafe des betrüglichen Bankeruts wird belegt,
wer im Intereſſe eines Fabrikbeſitzers oder ſonſtigen Handeltreibenden,
welcher ſeine Zahlung einſtellt, deſſen Vermögen ganz oder theilweiſe
verheimlicht, oder den Gläubigern entzieht.“
„Dieſe Beſtimmung ſchließt die Anwendung der allgemeinen Vor-
z) Berathungs-Protokolle. III. S. 425.
a) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 11. Mai 1842.
b) Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von
1847. S. 62.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/501>, abgerufen am 16.07.2024.
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